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Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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hast heute Geburtstag. Aber wir können es nicht vor dir verheimlichen: Papa ist zu einer anderen Frau abgehauen.«

    »Hä? Wann? Was?«
    »Wie wir inzwischen wissen, hat er wohl schon seit ein paar Monaten eine Affäre mit einer Mandantin laufen und ist heute ohne große Erklärungen zu ihr gezogen. Es handelt sich dabei um eine Chirurgin für plastische Maßnahmen.«
    »Für was?«
    »Für plastische Maßnahmen, meine Lütte.« Helmuth macht einen Schritt auf mich zu und zieht die Augenbrauen hoch. Dabei nickt er weiter nervös herum. »So nennt man das wohl.«
    »Und was soll das sein?«
    Er hebt hilflos die Arme. »Bernhard ist zu einer Schönheitschirurgin.«
    »Die Rothaarige?« Das kam von mir. Ich schlage mir auf den Mund und Cotsch sieht mich fassungslos an. Dabei wippt sie Mimi zur Beruhigung auf ihrem Arm rauf und runter, als gälte es, vor allen Dingen Mimi zu besänftigen. »Wusstest du etwa von der?«
    »Nee, also, nicht direkt. Ich hab die beiden nur mal in der Nähe von meiner Therapeutin getroffen.«
    »Wie? Wann? Wo, getroffen?« Mama kaut, wie üblich, wenn sie angespannt ist, hektisch an ihrem Daumennagel herum. Manchmal wundere ich mich, dass sie überhaupt noch einen hat. Bei dem ganzen Ehestress, dem sie seit Jahrzehnten ausgeliefert ist.
    Ich mache ein harmloses Gesicht und so eine unverfängliche Geste: »Na ja, da auf der Straße. Die haben wohl gemeinsam einen kleinen Spaziergang oder so was unternommen.«
    »Und da hat es bei dir nicht Klick gemacht?« Cotsch reicht Mimi mit fassungslosem Gesichtsausdruck an Helmuth
weiter und knöpft sich endlich die Bluse zu. Unter uns: Ich würde alles dafür geben, wenn ich ihre Oberweite hätte. Wie auch immer.
    Ich zucke mit den Schultern. »Sicher, ich hab mich kurz gewundert. Aber ich hätte nicht gedacht, dass so eine Frau was von Papa will.«
    »Was soll das denn heißen?« Mamas Lippen fangen gefährlich an zu beben und sie spuckt ein Stückchen abgebissenen Fingernagel auf den Teppich. Sie sollte das echt lassen. Genau so, wie ich das jetzt mit dieser Frau besser nicht hätte sagen sollen. Das war total ungeschickt. Damit wollte ich ja nicht zum Ausdruck bringen, dass Mama blöder als die restlichen Frauen ist. Die meisten Frauen sind blöd, wenn es um Männergeschichten geht. Die lassen sich, meiner Erfahrung nach, viel zu viel gefallen, nur, damit die Männer bleiben. Was soll ich machen? Ich bin verwirrt, überfordert und schnalle sowieso gerade gar nicht, was hier schon wieder abläuft. Also flüstere ich mit fiepsiger Stimme: »Tut mir leid, ich meine ja nur, dass Papa irgendwie manchmal ziemlich langweilig sein kann, mit dem, was er so von sich gibt.«
    »Stimmt. Genau das ist der Grund, warum ich Gott danke, dass er weg ist.« Mama schlägt sich mit den Händen zur Bestätigung auf ihre ziemlich durchtrainierten Oberschenkel und guckt wieder glücklich. Jetzt lächelt sie sogar, wischt sich mit dem Handballen die Tränen weg und steht mit einem tiefen Seufzer vom Sessel auf. »Lelle hat es genau auf den Punkt gebracht. Euer Vater ist langweilig. Richtig langweilig. Und darum braucht er überhaupt nicht wieder zu kommen. Er ist ein frustrierter, alter Mann, der die ganze Zeit irgendwas zu meckern hat. Und um mich gekümmert hat er sich auch nie. Soll er
doch bei dieser Schönheits-Tante glücklich werden und der erklären, wie die Schuhe geputzt und die Stühle geschont werden. Ab heute sitze ich nur noch auf der Sofalehne!«
    Voller Tatendrang schreitet Mama an Alina vorbei, raus in den Garten. Da lehnt sie sich lässig in die offene Terrassentür. »Mäuschen, hast du eine Zigarette für mich?«
    »Für wen?«
    »Für mich! Für wen denn sonst?«
    Mama schnippst cool mit ihren Fingern rum und Alina zieht irritiert die zerquetschte Packung aus ihrem Jeansmini hervor. Die hält sie meiner Mutter hin. Mit zittrigen Fingern fizzelt die sich eine Zigarette hervor und lässt sich von Alina Feuer geben. Mama inhaliert tief und pustet dann genüsslich den Rauch aus. »Ja, so fühlt sich Freiheit an. Gut, dass du heute Abend eine Party schmeißt, Lelle. Ich bin so richtig in Partylaune! Was euer Vater kann, kann ich schon lange. Der wird noch Augen machen. Wenn er denkt, er kann sich alles erlauben, hat er sich geschnitten. Dem werde ich heimleuchten.«
    Leute, ich sage es ungern, aber gerade läuten bei mir sämtliche Alarmglocken. Wie bereits mehrfach erwähnt: Ich selbst habe noch nicht mal ansatzweise verarbeitet, was hier gerade los ist.

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