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Leute, mein Herz glueht

Titel: Leute, mein Herz glueht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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höheren IQ als Einstein - jedenfalls behauptet sie das. Darum ist Cotsch total bemüht, ihren IQ ebenfalls in die Höhe zu pitchen, in dem sie, wenn sie nicht gerade rumsext, im Internet recherchiert oder Referate anfertigt. Trotzdem: An Susanna reicht sie einfach nicht ran. Deswegen wollte sich Cotsch schon mal umbringen. »Ich werde eben nicht genug gefördert!« Und schon wird Mama von Rita in ein astreines Problemgespräch verwickelt, das sich vermutlich über die nächste Stunde hinziehen wird. In jedem Fall hat sie schon wieder ihre Seelsorger-Miene aufgesetzt. »Ach, du Arme. Du Arme!«
    Das sagt sie immer, wenn sie mit Rita spricht. Mama merkt einfach nicht, dass Rita sie regelrecht ausnutzt. Rita braucht Mama nur, um sich über ihren Exmann auszuheulen, und wenn sie damit fertig ist, rennt sie vergnügt durch die Gegend und lädt die Nachbarsfrauen zum feierlichen Kaffeekränzchen ein. Nur Mama darf nicht kommen, weil sie, wie Rita nicht müde wird zu betonen, »nicht so gut dazupasst«. Überflüssig zu erwähnen, dass Mama dieses Verhalten total verletzt. Doch anstatt Rita knallhart abzuservieren, wie normale Menschen das machen würden, schleimt sich Mama noch mehr ein. Cotsch hat schon so oft zu ihr gemeint: »Hast du überhaupt kein Selbstwertgefühl? Tritt der Trutschi in den Arsch, aber kriech ihr nicht auch noch rein!« Doch es hilft nichts. Mama ist nicht der Typ für Grobheiten. Die lässt sich gerne unterdrücken - um endlich geliebt zu werden.
    Ich gehe in mein Zimmer und rufe Johannes wieder auf dem Handy an. Nach dem zehnten Klingeln nimmt er schließlich ab. Eigentlich wäre ich jetzt so weit, ihn abzuservieren, doch ich bleibe freundlich und frage höflich: »Warum hast du nicht zurückgerufen?«
    »Weil ich gerade Samuel auf der Straße getroffen habe.«
    »Und warum hast du mich nicht vom Bahnhof abgeholt?«
    »Äh, Lelle, kann ich dich gleich zurückrufen?«
    »Nein.«
    Doch da hat er schon wieder aufgelegt, und mein Herz klopft so stark, dass ich denke, ich mach’s nicht mehr lang. Der Penner kann mich mal kreuzweise. Der braucht sich nicht noch mal zu melden. Den will ich nie wiedersehen. Ich schmeiße mich auf mein Bett und will gerade eine Runde losheulen, da klingelt mein Handy erneut und ich gehe ran.
    »Ja?«
    Leute, es ist Johannes. Wie durch einen Schleier höre ich sein dusseliges Lachen und wie er sich von jemandem verabschiedet.
    Ich brülle: »HALLO?«
    Warum zur Kacke ruft er mich an, wenn er sich noch mitten im Gespräch befindet? Ich gebe zu, langsam nervt die Sache. Tut mir wirklich leid, aber vielleicht erlebt ihr ja auch mal so eine aufreibende Situation. Dann werdet ihr an mich denken und euch in Erinnerung rufen, wie ich die Angelegenheit seinerzeit gemanagt habe. Ich kann euch nämlich sagen: Es ist nicht leicht, sich adäquat zu verhalten, ohne die eigene Würde zu verlieren. Darum frage ich so nüchtern wie nur irgend möglich: »Was ist?«
    »Äh …ich würde dich gerne später zurückrufen. Es ist nämlich eine ziemlich dumme Sache passiert. Ich steige gerade in einen Polizeiwagen ein …«
    »Was?«
    »Ich muss auf die Polizeistation und eine Aussage machen.«
    »Was für eine Aussage?«
    Plötzlich flüstert Johannes: »Samuel hat so was von nicht mehr alle Tassen im Schrank. Er hat gerade etwas echt ziemlich Bescheuertes gemacht. Um ehrlich zu sein: etwas richtig Beschissenes.«
    »Was denn? Hat er jemanden umgebracht?«
    Johannes’ Stimme wird noch leiser: »Fast. Er hat eine volle Pulle Bier auf die Windschutzscheibe eines fahrenden Autos geworfen.«
    »Was?«
    »Da saßen drei Chicks drin. Solche mit Perlenketten und Perlenohrringen. Du weißt schon. Solche Spieß-Tussis. Die haben natürlich sofort Alarm geschlagen. Samuel hat noch versucht abzuhauen, aber …«
    Was ist das denn für eine Scheißidee? Wer bitte ist denn so bescheuert und schmeißt Bierflaschen auf fahrende Autos? Man lernt doch schon als Baby, dass man das besser nicht machen sollte. Aber das ist typisch für Samuel: Er ist der Cousin von Johannes und die beiden sind so was wie die besten Kumpels. Ich halte ihn ja für gemeingefährlich, aber mich fragt ja niemand. Ich höre, wie er voll in Johannes’ Handy atmet und immer wieder wissen will: »Hast du es ihr gesagt oder was? Spinnst du? Die verpfeift mich. Hast du sie nicht mehr alle oder was?«
    Dann vernehme ich nur noch so ein kräftiges Rascheln und Johannes’ erstickte Stimme: »Lelle, ich melde mich später.«
    Dann kracht es,

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