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Leute, mein Herz glueht

Titel: Leute, mein Herz glueht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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sie über alles, doch ich schaffe es nicht, großmütig darüber hinwegzusehen, dass sie sich noch anderen Männern an den Hals wirft. Ich sage dir, mein Sohn: Es bricht mir das Herz. Verstehst du, darum bin ich gerade etwas empfindlich, wenn es um das große Thema ›Treue‹ geht.«
    Johannes schluckt verspannt und späht aus den Augenwinkeln zu mir rüber. Ich zucke heimlich mit den Schultern. Ich weiß ja auch nicht, was wir machen sollen. Plötzlich hebt Helmuth seine Arme und schließt seine verquollenen Lider, als wolle er uns segnen. An den Handgelenken hat er noch immer seine weißen Schweißbänder, mit denen er sich offenbar im Laufe des Tages so oft die Stirn abgewischt hat, dass sie inzwischen ganz grau sind.
    Er seufzt tief, dann ruft er voller Inbrunst: »Verdammt! Ich liebe sie! Sie ist meine Sonne, mein Mond, meine Sterne! Ich kann nicht ohne sie und auch nicht mit ihr. Wir sind wie Romeo und Julia. Wie die beiden Königskinder. Es wird schlimm mit uns enden!«
    Ich sage zu Helmuth: »Helmuth, beruhige dich.«
    Komplett mutlos - so als sei er allein auf der Welt - lässt er seine Arme wieder sinken und sucht mit den rot geränderten Augen das Wohnzimmer nach seiner Schnapsflasche ab. Als er sie auf dem Beistelltisch entdeckt hat, grapscht er schnell danach und setzt sie sich mit Schwung an den Hals. Mit Helmuth geht es offenbar echt zu Ende. Der legt doch sonst so viel Wert auf Stil und Etikette. So geht das nicht weiter. Ich muss ihm ein paar Tipps geben, wie mit meiner Schwester erfolgreich zu verfahren ist.
    Ich räuspere mich. »Helmuth, es ist doch nun mal so, dass meine Schwester nicht treu sein kann, solange sie sich nicht unterdrückt fühlt.«
    Der Exverlobte meiner Schwester wirbelt herum. »Was? Was? Was redest du da?«
    Ich räuspere mich schon wieder. »Sobald sie den Eindruck hat, dass sie die Macht hat, verletzt sie die Männer und bricht ihnen das Herz. Der Einzige, bei dem sie es nicht gemacht hat, war Antoine, du weißt schon, der Sohn von Gérard-Michel. Und soll ich dir sagen, warum?«
    Helmuth lässt seine Schnapsflasche sinken und guckt mich an wie ein neu geborenes Kalb. »Nein? Sag es mir!«
    »Weil er sich nie wieder bei ihr gemeldet hat. Okay?«
    »Aha.«
    »Das heißt, du musst hart bleiben. Melde dich nicht bei ihr, dann kommt sie garantiert angekrochen und fleht dich an, sie zurückzunehmen. Meine Schwester will ignoriert und gedemütigt werden. Sonst langweilt sie sich, weil sie ja sowieso jeden Typen haben kann. Verstehst du?«
    Helmuth nickt langsam, so als würde er endlich eins und eins zusammenzählen. Schließlich meint er gedehnt: »Du gibst mir also den Rat, mich wie ein Patriarch aufzuführen und deine Schwester zu demütigen?«
    »Jep.«
    »Aber Constanze ist die größte Emanze, die auf unserem riesigen Erdball herumläuft. Das, was du da sagst, ergibt keinen Sinn, meine Lütte.«
    Ich zucke lässig mit den Schultern, weil ich mir plötzlich ziemlich genial vorkomme. »Tja, ich weiß. Das ist echt ambivalent.«
    Helmuth zeigt mit der Flasche auf Johannes und rülpst. Als er damit fertig ist, sagt er: »Bürschchen, was denkst du über die Theorie von Elisabeth?«
    Johannes schiebt seine Unterlippe hervor und zieht dazu die Stirn kraus.
    »Tja. Es klingt verwirrend, aber sie könnte recht haben. Elsbeth kennt sich im psychologischen Bereich wirklich gut aus. Das muss ich sagen.«
    »Aha. Ja.«
    Leute, ich gebe zu, auch ich steige nicht wirklich durch meine Theorie durch. Aber manche Dinge kann man in ihrem Kern eben nur noch intuitiv erfassen. Die sind mit dem Verstand einfach nicht zu erklären. So viel ist mal klar.
    Ich sage also: »Helmuth, denk wenigstens drüber nach.«
    »Mach ich, meine Lütte. Mach ich.«
    Gleich setzt er wieder die Flasche an und schüttet sich den restlichen Schnaps rein. Ich klaube meine Siebensachen vom Küchenboden, knülle sie zu einem feuchten Kloß zusammen und klemme sie mir unter den Arm. Als ich zurück ins Wohnzimmer komme, hocken die beiden Männer einträchtig auf dem monströsen Sofa rum und prosten sich mit gefüllten Schnapsgläsern zu. Anschließend kippen sie sich das Zeug mit Schwung hinter die Binde und knallen die Gläser auf den Beistelltisch.
    Helmuth meint: »Ja, meine Lütte. Dann mache ich das mal so. Aber verratet Constanze bloß nichts von unserem Plan, in Ordnung?«
    Ich sage: »Niemals!«
    Und auch Johannes, jetzt schon beinahe der Adoptivsohn von Helmuth, klopft ihm kumpelmäßig auf die Schulter und

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