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Leute, mein Herz glueht

Titel: Leute, mein Herz glueht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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fragen, wie es mir so geht, jetzt, wo ich wieder aus der Klinik entlassen wurde.
    Doch sie sagt nur: »Übrigens: Deine Mutter ist bei uns.«
    »Aha.«
    Tolle Information, Alice. Ich kann es nicht fassen, dass wir mal miteinander befreundet waren. Sogar richtig doll. Jeden Tag haben wir zusammen »Vater, Mutter, Kind« gespielt oder bunte Bilder gemalt.
    Um sie ein bisschen neidisch zu machen, sage ich: »Und das hier ist Johannes, mein Freund.«
    Sowieso wäre es total unhöflich, ihn nicht vorzustellen.
    Johannes streckt sofort seine Hand in Richtung Alice aus und sagt standesgemäß: »Freut mich sehr, ich bin Johannes.«
    Und dann reicht unser Wunderkind ihre virtuose Pianistenhand über den Lenker und lächelt mit einem Mal total neckisch. Alice kann sich nie wie ein normaler Mensch benehmen. Immer muss sie eine Rolle spielen, weil sie befürchtet, dass die Leute sie sonst nicht mögen.
    Mit honigsüßer Stimme meint sie: »Angenehm. Ich bin Alice Weidemann. Seit ich fünf Jahre alt bin, arbeite ich am Klavier.«
    Johannes macht so eine anerkennende Grimasse. »Oh! Sehr angenehm.«
    Die beiden schütteln sich ihre Hände, als hätten sie gerade ein lukratives Millionengeschäft miteinander abgeschlossen. Alice kann ihre Augen gar nicht mehr von Johannes lösen. Offenbar hat sie sich direkt in ihn verguckt. Na servus!
    Und um ihrer Unverfrorenheit noch die Krone aufzusetzen, zettelt sie gleich ein Gespräch mit ihm an. Leute, das geht mir eindeutig zu weit. Sie knipst ihre funky Glitzer-Haarspange neu am Kopf fest und sagt total scheinheilig: »Tolles gelbes Outfit. Spielst du auch ein Musikinstrument?«
    Johannes nimmt seinen Arm von meinen Schultern und steckt seine Hände in die Hosentaschen, vermutlich um cooler zu wirken. Aber tatsächlich holt er ein grünes Plektrum raus - ich frage mich, wie er das so schnell in Papas Hose reingeschmuggelt hat - und hält es Alice grinsend hin. Dazu erklärt er mit einer gewissen Entspanntheit in der Stimme: »Logisch! Ich spiele in einer Band.«
    Alice hält es kaum noch aus bei so viel Zuspruch. Offenbar ist das eine ganz neue Erfahrung für sie - zumindest auf der persönlichen Ebene -, dass ein Junge mit ihr ein paar Worte wechselt. Sie schluckt und meint mit voller Begeisterung in der Stimme: »Echt? Spielst du E-Gitarre?«
    »Nein.«
    Johannes grinst und schüttelt langsam den Kopf, dass ihm seine hellblonden Haare vor die Augen rutschen. »Nein, nein. Du musst weiterraten.«
    Alice kichert, als hätte sie Drogen genommen. Sie guckt mich überhaupt nicht mehr an. Für sie scheine ich gar nicht mehr vorhanden zu sein. Höchstinteressant, vor allen Dingen vor dem Hintergrund der letzten Ereignisse, die sich Johannes mit Alina geleistet hat. Ich muss sagen, ich bin momentan etwas empfindlich, was das Thema »Johannes und die Frauen« anbelangt. Er allerdings scheint schon wieder voll in seinem Flirt-Element zu sein.
    Ich hole tief Luft und will gerade dazu anregen weiterzugehen, als Alice meint: »Dann spielst du vermutlich Schlagzeug?«
    Johannes grinst noch breiter und findet sich offensichtlich unheimlich komisch bei seinem Bandrätsel. »Nein, nein, nein. Du musst weiterraten.«
    Leute, ab diesem Punkt geht mir dieses Rätselraten definitiv auf den Zeiger. Alice wippt auf ihren Lackschuh-Hacken rauf und runter und wirft ihre Lockenstab-Schillerlocken über die Schulter, so witzig findet sie das alles. Unter uns: Sie sieht aus, als hätte sie gerade ihren fünften Geburtstag gefeiert. Dann steckt sie sich den Zeigefinger auch noch lasziv in den Mund und verdreht ihre Augen nach oben. So blinzelt sie nachdenklich in den Himmel. Zieht die sich nachts heimlich Porno-Web-Seiten rein oder woher hat sie diese verruchte Geste?
    Schließlich meint sie mit einer ganz neuen Dora-Explora-Stimme: »Okay, ich hab’s! Du spielst Keyboard.«
    »Hundert Punkte!«
    Johannes streckt seine Faust in den Himmel und macht einen Luftsprung. Das ist so mega-affen-peinlich! Leute, was soll ich machen? Was würdet ihr jetzt machen? Das Gleiche, was ich Helmuth geraten habe? Sich dezent zurückziehen und hart bleiben? Verdammt! Ich glaube, so weit bin ich noch nicht. Jetzt fangen die beiden auch noch mit so einer kundigen Musik-Fachsimpelei an. Über Klavier, Keyboard, Cembalo und Orgel. Ich fasse es nicht. Sie tippen und zupfen mit ihren Fingern in der Luft rum und üben Fingersätze und Akkordgriffe. Dabei stellt sich raus, dass Johannes eigentlich auch eher aus der klassischen Ecke kommt

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