Level 26 - Zuiker, A: Level 26 - Level 26 - Dark Prophecy
wiedergutmachen. Vielleicht würde er ihr einen Überraschungsbesuch abstatten, gleich morgen. Einfach nach Santa Barbara fahren und ein paar Stunden mit ihr verbringen, mit ihr spielen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal dort gewesen war.
Im Augenblick aber musste er Auto fahren. Ungestört sein.
Er stieg in seinen Mustang und jagte die Wilshire hinunter, vorbei an den zwei- und dreistöckigen Häusern mit den Ladengeschäften und Restaurants und Bars von Santa Monica bis ganz zum Ende der Straße, wo sich Eugene Morahans weiße Art-Deco-Statue der heiligen Namenspatronin der Stadt auf einem herzförmigen Stück Rasen erhob, umgeben von knorrigen Bäumen.
Einem willkürlichen Impuls folgend bog er an der Ocean nach links ab und jagte am Santa Monica Pier vorbei. Keine gute Idee. Zu viele Erinnerungen an diesen Pier. Er warf einen Blick auf die Landungsbrücke, halb in der Erwartung, Riggins dort zu sehen, der ihn mit gekränkter Miene anstarrte. Dark überlegte, ob er auf die 405 South wechseln und den ganzen Weg über die Grenze bis hinunter nach Ensenada fahren sollte. Eine Flasche billigen Fusel kaufen, der ihm half, den Verstand abzuschalten, am Strand zu sitzen und sich in der Nacht zu verlieren …
Dann sah er sie. Auf dem Bürgersteig vor dem Nelson Way.
Unmöglich …
Die Art und Weise, wie sie die Hüften bewegte.
Die Haare, geschnitten wie immer.
Die Rundung ihres Rückens.
Dark machte eine Vollbremsung. Der Mustang schlingerte ein wenig. Er sprang aus dem Wagen und verlor sie vorübergehend aus den Augen. Wohin war sie gegangen? Die Straße hinauf? Er joggte in die Richtung, während er nach den langen, schwarzen Haaren seiner toten Frau Ausschau hielt.
Nein. Es war nicht Sibby. Der vernünftige Teil von Steve wusste, dass es nicht Sibby sein konnte. Sie war seit fünf Jahren tot. Obwohl die Erinnerung an sie noch immer lebendig war in ihm, lag sie doch auf dem Hollywood Cemetery begraben. Dark hatte ihre gemeinsame Tochter in den Armen gehalten und zugesehen, wie der Sarg mit seiner Frau in die Erde gesenkt worden war. Es war ihm so vorgekommen, als hätte eine Gruppe fremder Menschen sein eigenes Herz beerdigt.
Doch diese Frau auf der Straße hatte Sibby unglaublich ähnlich gesehen. Er konnte nicht anders, er musste sie sehen, musste sich davon überzeugen, dass es nicht Sibby war, um den irrationalen Teil seines Selbst zu beruhigen.
Dark rannte wie besessen über das Pflaster. Frische Luft, die vom Meer herüberkam, wehte ihm in den Nacken und kühlte den Schweiß, der sich dort gebildet hatte. Diese Frau – diese Nicht-Sibby – konnte unmöglich so schnell verschwunden sein. Sie konnte sich nirgendwo verstecken. Kein Geschäft war in der Nähe, keine Passage. Und warum sollte sie auch? Nach wenigen Augenblicken fand Dark sich vor der St. Clement’s Church wieder – einem zurückhaltenden Gebäude ein wenig abseits der Straße. Die Türen waren noch offen; die letzte Sonntagsmesse war erst vor kurzem zu Ende gegangen.
Vielleicht war Nicht-Sibby dort hineingegangen.
Ein junger Priester war noch dort. Er sammelte die verstreut auf den Bänken liegenden Gesangbücher und die eselsohrigen Gebetszettel ein. Dark blickte sich um, vom Altar zu den Beichtstühlen und in die Nischen. Niemand zu sehen außer dem Priester.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte der Priester.
Dark wollte ihn schon fragen, ob eine junge Frau hereingekommen sei, als ihm klar wurde, wie verrückt das klang. Der Priester würde wahrscheinlich wissen wollen, ob sie seine Frau sei oder eine Verwandte.
Nein, Father, eine vollkommen Fremde. Aber sie hat mich sehr an meine tote Frau erinnert, und da dachte ich, ich laufe ihr durch die Straßen von Santa Monica hinterher, um ganz sicher zu sein, dass sie nicht vielleicht doch meine tote Frau ist.
»Verzeihung«, sagte Dark. »Ich hatte nur einen Moment der Besinnung gesucht. Ist das in Ordnung? Oder wollten Sie schließen?«
Der Priester lächelte herzlich. »Wir haben noch eine Zeit lang offen. Gehen Sie in sich.«
Dark schlurfte zur ersten Bank, klappte das Kniebrett mit der Schuhspitze nach vorn und kniete sich hin. Das Innere von Kirchen erinnerte ihn immer an seine Adoptiveltern. Solange du zu Gott betest, kommt alles wieder in Ordnung , hatte sein Adoptivvater immer zu ihm gesagt – bevor Dark vor den Leichen seiner gesamten Familie gestanden hatte. Dark war überzeugt, dass sein Vater selbst in den letzten Augenblicken seines Lebens
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