Level 26 - Zuiker, A: Level 26 - Level 26 - Dark Prophecy
Wäre er imstande gewesen, einen Blick auf all die Schrecken zu werfen, die sie bald darauf heimgesucht hatten? Hätte er ihrer beider Schicksal eine Wende geben können für … wie viel? Fünf Dollar?
Nein. Das war lächerlich. Er sah besser zu, dass er zu seinem Wagen kam und zurück nach Hause. Schlimm genug, dass er den abendlichen Anruf seiner Tochter versäumt hatte. Er musste nach Hause, die Vorlesung des nächsten Tages vorbereiten und versuchen, sein Leben wieder in Ordnung zu bringen.
Dark wusste immer sehr genau, was er tun sollte .
Nur hielt er sich nicht immer daran.
Die Inhaberin des Ladens saß an einem runden Kartentisch. Sie war jünger, als er erwartet hatte. Keine Muttermale, keine Tätowierungen, keine runzlige Haut, keine dicken schwarzen Barthaare am Kinn. Sie war vielleicht Mitte vierzig und machte einen ernsthaften, beinahe würdevollen Eindruck. Ihre Haut war glatt und gebräunt, die Augen blickten ruhig und freundlich. Sie spielte mit vier Glaskugeln in der Hand, die sie ständig umeinanderwirbeln ließ, herum und herum und herum.
Dark wollte schon auf dem Absatz kehrtmachen und flüchten, als sie sagte:
»Steve Dark.«
»Woher wissen Sie meinen Namen, Lady?«, fragte er verblüfft.
Die Frau lächelte.
»Ich habe in der Zeitung über Sie gelesen. Haben Sie ihn schon geschnappt? Den Tarot-Killer?«
»Sie lesen die Zeitung?«
»Es ist mein Job, über alles und jeden etwas zu wissen. Ich heiße Hilda.« Sie deutete auf einen Sessel neben einem kleinen Tisch. »Nehmen Sie Platz, Steve Dark.«
Während Dark sich setzte, begann Hilda mit geschickten Fingern die Karten zu mischen. Darks Blick schweifte unterdessen durch den überraschend geräumigen Laden. Stehlampen, brennende Kerzen. Ein Tresen, wo man okkulte Gegenstände kaufen konnte, Weihrauch, Schmuck, Kräuterextrakte. Buddha- und Jesusfiguren. Eine gemalte Szene aus Alice im Wunderland . Sobald man über die Schwelle von Madame Hildas düster beleuchtetem Laden trat, befand man sich nicht mehr im sonnigen, angesagten Venice Beach, sondern in einer zeitlosen Blase voller Magie, in der alles passieren konnte. Zumindest sollte die Einrichtung diesen Eindruck erwecken, vermutete Dark.
»Das ist alles Schau, stimmt’s?«, fragte er.
Hilda ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Nicht mehr als die Welt draußen«, antwortete sie.
Sie hatte recht, so viel musste er ihr lassen. Vermutlich war sie tüchtig – sie musste tüchtig sein, wenn sie mit einem Laden wie diesem mitten im verrückten Venice Beach Geld verdienen wollte, abhängig von Touristen, die damit beschäftigt waren, sich zwischen SPIRITUELLEM RAT und einem Henna-Tattoo zu entscheiden, das sie daheim in Indianapolis ihren Kollegen zeigen konnten.
Hilda schob die Karten über den Tisch. »Hier. Heben Sie ab, bitte.«
Dark zögerte, dann hob er einen Stapel von den Karten, legte ihn zur Seite und wiederholte den Vorgang noch ein paar Mal.
»Haben Sie sich schon einmal die Karten legen lassen?«, fragte Hilda.
»Nein«, antwortete Dark. »Einmal war ich kurz davor. Hier, in diesem Laden. Aber dann ist es doch nicht so weit gekommen.«
»Vielleicht waren Sie noch nicht bereit.«
Dark antwortete nicht. Er dachte an Sibby. Ihre wunderschönen Augen, wie sie ihn in der Sonne angeblinzelt hatten. Komm schon. Es ist bestimmt lustig.
»Es funktioniert folgendermaßen«, sagte Hilda. »Ich lege zehn Karten mit dem Gesicht nach oben vor Ihnen aus. Ich bin keine Wahrsagerin. Ich lese die Karten. Die Karten sind nicht dazu geschaffen, Vorhersagen zu treffen oder falsche Versprechungen zu machen. Ihr einziger Zweck besteht darin, uns zu leiten. Klarheit zu schaffen. Man kann aus ihnen lesen, was man will. Also …«
Hilda nahm einen kleinen Kartenstapel und drückte ihn an ihre Brust.
»Was wollen Sie wissen?«, fragte sie.
Dark seufzte; dann beschloss er, Klartext zu reden. Er musste sich nicht in den Mystizismus versenken. Das hier war nicht viel anders als eine Unterhaltung zwischen einem Cop und einem Informanten.
»Ich will wissen, wie es funktioniert. Wenn ich zu einem besseren Verständnis der Karten gelange, kann ich ihn vielleicht schnappen.«
39.
Hilda lächelte erneut, doch es war ein zittriges, nervöses Lächeln. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen helfen kann, aber ich schlage vor, wir fangen mit einer persönlichen Deutung an und sehen, wohin sie uns führt.«
Eine persönliche Deutung war das Letzte, was Dark wollte. Seine gesamte berufliche Laufbahn
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