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Level 26 - Zuiker, A: Level 26 - Level 26 - Dark Prophecy

Level 26 - Zuiker, A: Level 26 - Level 26 - Dark Prophecy

Titel: Level 26 - Zuiker, A: Level 26 - Level 26 - Dark Prophecy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony E. Zuiker
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gebetet hatte, völlig hilflos, die Hände hinter dem Kopf gefesselt. Nicht für sich, sondern für die Seelen seiner Familie. Einschließlich Dark.
    Er verschränkte die Finger, presste die Hände zusammen, senkte die Stirn gegen die Daumen.
    Dark versuchte das Vaterunser zu sprechen, doch aus irgendeinem Grund gelang es ihm nicht, sich an das Gebet zu erinnern. Was vollkommen lächerlich war. Die Worte war ihm in seiner Kindheit praktisch an die Innenseite des Schädels tätowiert worden, und jetzt erinnerte er sich nur noch an Bruchstücke.
    Vater unser.
    Dein Wille.
    Erlöse uns.
    Wenn man eine Stadt lange genug nicht mehr besucht hat, archiviert das Bewusstsein den Grundriss in einem abgelegenen Winkel. War es mit Gebeten das Gleiche? Wurden die Worte irgendwo aufbewahrt, wenn man nicht mehr betete? Dark konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal gebetet hatte. Er erinnerte sich an zahllose betrunkene Nächte, in denen er Gott verflucht hatte. Vielleicht war das Gottes Antwort. Vielleicht hatte Gott die Worte aus seinem Gedächtnis gelöscht.
    Genug davon.
    Dark erhob sich.
    »Ist alles in Ordnung, mein Sohn?«, fragte der Priester, offenbar überrascht von der hastigen Bewegung.
    Nein, Father, nichts ist in Ordnung. Gott hat einen Teil meines Gedächtnisses ausgelöscht. Vielleicht ist das seine Vorstellung von Barmherzigkeit.
    »Ja, Father, alles bestens«, antwortete Dark.
    Dann verließ er die Kirche.

38.
    Santa Monica, Kalifornien
    Dark war nicht sicher, wie lange er ziellos durch die Straßen von Santa Monica gelaufen war. Er hatte die Innenstadt längst hinter sich gelassen und befand sich irgendwo in der Nähe von Venice Beach. Skateboarder und Beachcruiser liefen um ihn herum. Immer wieder hatte er das beklemmende Gefühl, von jemandem beobachtet zu werden, schrieb es aber seiner Paranoia zu. Zuerst sah er eine Frau, von der er glaubte, sie wäre seine tote Sibby. Dann hatte er das Gefühl, unbekannte Dritte würden jeden seiner Schritte beobachten. Vielleicht wurde er tatsächlich verfolgt. Vielleicht hatte Lisa Graysmith ihm von Anfang an einen Beschatter auf die Fersen gesetzt.
    Der Wind wurde stärker, kälter. Die Palmwedel schwankten wild. Dark rauchte seine Zigarette zu Ende und schnippte den Stummel in den Sand. Sibby hätte dafür mit ihm geschimpft. Sie hätte ihm auch Ärger gemacht, weil er den Wagen in einer Parkverbotszone hatte stehen lassen. Andererseits – warum sollte er sich den Kopf zerbrechen? Wenn Lisa ihm Zutritt zu jedem Verbrechensschauplatz auf der Welt verschaffen konnte, dann war sie sicherlich auch imstande, einen Strafzettel wegen Falschparkens abzuwenden und seinen Mustang vom Abschlepphaken zu holen.
    Wenn er weiter Ausschau hielt, begegnete er der Doppelgängerin von Sibby vielleicht noch einmal. Wenn nicht, würde er womöglich die ganze Nacht wach liegen und grübeln. Nachdenken über die Frage, wie jemand sich genauso bewegen und genauso aussehen konnte wie Sibby, ohne Sibby zu sein. Vielleicht war auch das Gottes Werk.
    Nahe dem Ocean Walk wurde Dark von einem unappetitlich nach Antiseptikum und Erbrochenem stinkenden dicken Obdachlosen um Geld angebettelt. Dark griff in die Tasche – und stellte fest, dass er in seiner Hast die Brieftasche im Wagen hatte liegen lassen. Er fand eine Zehn- und fünf Ein-Dollar-Noten, gab dem Obdachlosen den Zehner und behielt die kleineren Scheine für sich. Der Tippelbruder konnte sein Glück kaum fassen. Er murmelte mehrmals seinen Dank und schlurfte davon.
    Mit nur noch fünf Dollar in der Tasche wäre es wahrscheinlich klüger gewesen, umzukehren und nachzusehen, ob der Wagen noch da stand, wo er ihn gelassen hatte. Falls nicht, würde es ein langer Heimweg werden bis nach West Hollywood.
    Das war der Augenblick, in dem Dark den Tarot-Laden entdeckte. PSYCHIC DELIC stand auf dem großen Schild über der Tür.
    Dark betrachtete das Schild und musste unwillkürlich grinsen. Ihm war plötzlich klar geworden, dass er die ganze Sache völlig falsch angegangen war. Wenn er den Tarot-Killer schnappen wollte, musste er sich die Karten lesen lassen – richtig?
    Er erinnerte sich an den Laden. Sibby hatte einmal versucht, ihn mit hineinzuzerren, nur aus Spaß. Er hatte sich damals geweigert.
    Komm schon. Es ist bestimmt lustig.
    Nein, nein. Nicht für mich.
    Bitte …
    Ich glaube nicht an diesen Mist. Nein.
    Jetzt blickte Dark zu dem Schild hinauf und fragte sich, was geschehen wäre, hätte er damals Sibby nachgegeben.

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