Level 4 07 - 2049
– noch in ihrer alten Zeit – Hunger verspürt hatte. Gleich nach der halben Stunde im Labor hatte sie den nächstbesten Imbiss aufsuchen wollen.
Ob sie während ihres Schlafes künstlich ernährt worden waren?
Sie selbst war nicht gerade das, was man einen Vielfraß nannte, trotzdem war es schon merkwürdig, überhaupt keinen Hunger zu verspüren. Noch mehr wunderte es sie bei Frank, der normalerweise durch seinen hohen Kalorienverbrauch beim Sport Fleisch und Gemüse tonnenweise in sich hineinschaufeln konnte.
»Okay!« Chip zuckte mit den Schultern. »Ich schon. Und du, Kosinus?«
»Wie immer!«, sagte der bloß und Chip bestellte beim Bildschirm: »Einen Zwong einfach, kalt und einen Doppelcrack, heiß mit Dip!« Die Befehle wurden unmittelbar an die richtigen Stellen in der kleinen Küche weitergegeben. Aus einer der unteren Klappen des Kühlschrankes kam Kosinus’ Zwong herausgeschossen, ein etwa zwanzig Zentimeter langer Plastikschlauch, gefüllt mit einer silbernen, dicken Flüssigkeit.
Miriam und Jennifer schauten sich grinsend an. Sie hatten unabhängig voneinander das Gleiche gedacht: Gut, dass sie nichts bestellt hatten!
Nur dreißig Sekunden später meldete die Mikrowelle:
Einen Doppelcrack, heiß mit Dip für Chip! Die Firma Superkitchen wünscht einen guten Appetit!
Chip entnahm der Mikrowelle ihr Essen. Zu Jennifers großem Erstaunen sah es genauso aus wie das von Kosinus, außer, dass der Schlauch an den Enden rot gefärbt war, in der Mitte grün-bräunlich glitzerte und dampfte.
Jennifer konnte es sich nicht verkneifen nachzufragen, um was es sich bei diesem Essen handelte.
»Das ist ‘n Doppelcrack!«, antwortete Chip.
»Klar!«, Jennifer nickte, wartete und setzte schließlich nach: »Ich … äh … kenne mehrere Rezepte«, schob sie schließlich nach, um nicht allzu unwissend dazustehen. »Aus was ist dieser denn gemacht?«
»Mehrere Rezepte?«, wunderte sich Chip. »Ich dachte ein Crack besteht immer aus Heuschrecken-Mus mit Ingwer. Und der doppelte eben noch mit gemahlenem Hundeherz.«
Jennifer überlegte, in welche Ecke des Raumes sie wohl am besten spucken könnte. Und dieses Mädchen ekelte sich vor Kartoffeln? Jennifer war heilfroh, keinen Hunger zu verspüren.
»Und?«, fragte Chip.
Jennifer hielt sich noch immer die Hand vor den Mund und war nicht in der Lage zu antworten.
»Welches Rezept kennst du denn?«, hakte Chip nach.
Miriam sprang ihrer Freundin bei. »Mit Quallenextrakt!«, fantasierte sie spontan, »eingelegt in Schneckenschleim und serviert mit Erdbeeren!«
»Bäh!«, rief Kosinus. »Erdbeeren! Das ist ja pervers.«
»Möchtet ihr etwas trinken?«, fragte Chip gastfreundlich.
Hastig wehrten die Kinder ab.
Jennifer wandte sich von dem grauenhaften Essen lieber weg und schaute aus dem Fenster, aus dem etwas sehr viel Schöneres zu sehen war. Ein mächtiger, großer, schöner Baum.
»Eine Kastanie!«, freute sie sich. Schön, dass es so etwas in der Zukunft noch gab. Auch wenn der Baum von einem Stahlgitter umzäunt war. Jennifer fiel auf, dass die alte Kastanie der erste Baum war, den sie in dieser Zukunftswelt gesehen hatte. Ob es keine Bäume mehr gab oder nur noch außerhalb der Stadt? Auch zu ihrer Zeit waren die Bäume in der Stadt ja schon zubetoniert gewesen, die Parks immer kleiner, die Bäume zunehmend krank geworden. Andererseits ließ die Bio-Kompostierung in dem Müllschlucker hoffen, dass die Menschen in der Zukunft auch in der Umwelttechnik vorangekommen waren.
Ob der Himmel noch blau war oder nicht, ließ sich aufgrund der ganzen Holo- und Lasershow-Werbung kaum erkennen.
Jennifer fragte einfach nach. »Habt ihr sonst keine Bäume mehr?«
»Aber natürlich!«, antwortete Chip. »Ganze Stadtwälder! Habt ihr keine auf dem Weg gesehen?«
Jennifer verneinte.
»Man ist davon abgekommen, einzelne Bäume in der Stadt zu verteilen, die über kurz oder lang doch nur krank werden«, erzählte Chip. »Stattdessen hatman ganze Stadtteile platt gemacht und dort Wälder aufgeforstet. Dank der Gentechnik wuchsen die recht schnell. Sie versorgen die Städte mit Sauerstoff.«
Jennifer nickte. Sie hätte gern einen dieser Wälder gesehen, jedenfalls tausendmal lieber als diese übervolle, technisierte Innenstadt, durch die sie gekommen waren.
»Und der?« Jennifer zeigte auf die alte Kastanie.
»Der ist noch von der alten Schule!«, erklärte Kosinus. »Bevor IBM diese Schule baute, haben sie die alte Schule abgerissen. Nur der Baum ist davon
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