Level 4 07 - 2049
schauten ins Leere.
Jedenfalls schien es so. Es war nicht genau zu erkennen, wohin sie blickten, denn alle trugen dunkle Brillen und erst auf den zweiten Blick war zu sehen, dass zu den dunklen Brillen auch Miniatur-Kopfhörer gehörten.
Jennifer fragte sich gerade, was das zu bedeuten hatte, als ein kleinerer Junge schreiend und zappelnd aus dem Ei herausfiel. Er riss sich die Brille vom Kopf und zitterte noch immer am ganzen Leib.
Chip lachte.
»Na, Tangens«, sprach sie den Jungen an. »Guckst du wieder Holos, die nichts für dich sind?«
»Der ist was für mich!«, beharrte der Junge. »Nur bei diesen Fahrten durch die schwarzen Löcher haut es mich immer um. Blöde, dass man die Geschwindigkeit nicht regulieren kann!«
Jennifer sah zu Ben in der Hoffnung, er hätte eine Erklärung für diese Szene.
Doch auch der zuckte nur mit den Schultern.
Kosinus, dem noch immer ein Rätsel war, woher die Fremden kamen, der aber längst mitbekommen hatte, dass sie nichts aus seinem Alltagsleben kannten, erklärte es ihnen. Bei der Brille handelte es sich um ein Gerät, mit dem man holografische Spielfilme sehen konnte. Und sehen hieß: miterleben; dreidimensional, mit Sound, Geruch und zum Teil sogar interaktiv. Der Betrachter konnte an verschiedenen Stellen des Films entscheiden, wie es weitergehen sollte und wahlweise die Perspektiven verschiedener Hauptfiguren einnehmen.
Tangens, der gestürzt war, hatte sich mal wieder einen Helden gewählt, der ein Raumschiff bei der Verfolgung der Bösen durch mehrere schwarze Löcher steuerte, was für Tangens eine totale Überforderung war. Er hielt die Beschleunigung nicht aus, die fest vorgegeben war, und fiel jedes Mal aus seinem Sessel. Schon seit fünf Tagen versuchte er als Titelheld des Filmes das schwarze Loch zu meistern. Das Dumme nämlich war: Wenn man die Brille zwischendurch abnahm, weil einem die holografische Darstellung zu heftig wurde, unterbrach der Film und setzte an den Anfang der Szene zurück. Schaffte Tangens den Flug nicht, würde er nie erfahren, wie der Film endete.
Neben diesen Eiern gab es in dem Raum noch vier große flache, schwarze Bildschirme an den Wänden sowie eine kleine Küchenzeile mit Kühlschrank, Mikrowelle und einem normalen Schrank, in dem sich bestimmt Geschirr oder so etwas befand, vermutete Jennifer. Sie atmete innerlich auf, weil sich wenigstens die Küchengeräte nicht verändert hatten. Küchengeräte an sich waren ihr eigentlich schnurz. Aber dass überhaupt etwas aus ihrer Zeit existierte, gab ihr doch ein wenig Halt. Es hatte etwas Verlässliches.
Leider hielt Jennifers Zufriedenheit nicht lange an, denn schnell musste sie feststellen, dass alle Küchengeräte miteinander vernetzt waren und eine gewisse eigenständige Intelligenz bewiesen.
Chip rief einen der Bildschirme, woraufhin dieser sie freundlich begrüßte.
»Was gibt es heute zu essen?«, fragte sie.
Alles, was du willst,
antwortete die freundliche Stimme aus dem Bildschirm.
Außer geschmacksneutraler Synti-Milk. Nur noch zwei Packungen. Mister Cool wollte sie nachbestellen, aber es gibt Lieferschwierigkeiten. Wegen langfristiger Schulverträge darf er nicht auf einen Alternativ-Lieferanten ausweichen. Es tut mir leid.
»Moment mal!«, flüsterte Miriam und tippte Chip auf die Schulter. »Wer ist denn Mister Cool? Ich dachte, wir sind hier unter uns?«
»Pst!«, machte Kosinus. Es war nicht zu glauben, wie unwissend diese Fremden waren! »Mister Cool ist der Kühlschrank. Wer denn sonst?«, sagte er leise, allmählich etwas genervt und besorgt zugleich. Die Fremden waren immerhin auf der Flucht. Noch war ihre Anwesenheit nur wenigen bekannt. Wenn sie sich allerdings weiterhin so eigenartig benahmen und jede alltägliche Selbstverständlichkeit als Weltwunder betrachteten, dann würden im Nu die ganze Schule und damit auch die Lehrkräfte und Wachen Bescheid wissen, welch seltsame Gestalten sich hier herumtrieben.
»Der Kühlschrank bestellt die Lebensmittel von selbst?«, wunderte sich Miriam.
Kosinus legte seinen Finger auf den Mund und betrachtete argwöhnisch die Schüler in den Eiern, von denen er einige nicht besonders gut kannte, und Miriam verstand, welche Sorgen sich Kosinus machte. Sie hob sich ihre Frage für später auf.
»Habt ihr Hunger?«, fragte Chip.
Alle verneinten.
Zum wiederholten Male wunderte sich Jennifer über ihren Körper. Sie hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen, konnte sich aber erinnern, dass sie auf dem Weg ins Labor
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