Level 4 07 - 2049
riesigen Unterhaltungsindustrie.
Jetzt hatte Jennifer vor Augen, wohin das alles führte. Trotzdem fragte sie sich, weshalb sie hier waren. Sie hatte nicht vor das Freizeit-Problem des nächsten Jahrtausends zu lösen, sie wollte zurück in ihre Zeit: ins beschauliche, ruhige, gemächliche 1999!
Gefährlicher Überfall
Kosinus erzählte, dass einer seiner Onkel direkt hinter diesem Park wohnte. Bevor Jennifer fragen konnte, was um alles in der Welt sie jetzt bei Kosinus’ Onkel sollten, kam Chip ihr zuvor.
Kosinus’ Onkel wäre etwas ganz Besonderes, kam sie sofort ins Schwärmen. Ein verrückter Vogel, weshalb er auch hier wohnte. Früher nämlich war er ein großartiger Journalist gewesen, aber leider brauchte niemand mehr großartige Journalisten. Berichte und Nachrichten wurden fast ausschließlich von den P R-Agenturen der großen Firmen erstellt und ohnehin bestanden die meisten Holo-Sendungen aus Unterhaltungsshows, selbst Nachrichten wurden ausschließlich nach dem Unterhaltungswert ausgewählt.
Wer wirkliche Informationen benötigte, der besorgte sie sich selbst. Schließlich konnte jeder von zu Hause oder auch von unterwegs mittels seines Anzuges auf sämtliche Bibliotheken und weltweiten Nachrichtenagenturen zugreifen, welche wiederum von jedermann mit Informationen gefüttert werden konnten. Die Auswahl zwischen wichtigen und unwichtigen, spannenden und belanglosen Informationen nahm der jeweilige Computer selbst entsprechend individueller Vorgaben seines Besitzers vor.
Seit fünf Jahren schon gehörte Kosinus’ Onkel zur riesigen Schar der Arbeitslosen, weil er sich geweigerthatte eine Holo-Show zu leiten, in der potenzielle Adoptiveltern, die die behördlichen Auflagen nicht erfüllten, als Kandidaten ein Waisenkind aus den osteuropäischen Entwicklungsländern gewinnen konnten.
Seitdem versuchte er sich als Autor elektronischer Bücher. Da er aber kein Unternehmen gefunden hatte, das bereit war, für seine Texte begleitendes Bild-, Ton- und Geruchsmaterial zu erstellen, blieben auch diese Bemühungen weitgehend erfolglos. So schlug er sich hauptsächlich damit durch, für die wenigen, aber zahlungskräftigen Liebhaber von Papierbüchern begehrte Exemplare aufzutreiben, weil die normalerweise nur noch in Bibliotheken zu haben waren. Ja, man konnte sagen, Kosinus’ Onkel war ein Händler von Büchern, die noch auf Papier gedruckt waren. Wie gesagt, eben ein komischer Kauz.
Die Kinder staunten nicht schlecht, als sie endlich die Wohnung des Onkels erreicht hatten. Ben hatte ein Hochhaus erwartet, in dem der Onkel vielleicht im 35. Stock wohnte oder so ähnlich. Das wäre in dieser Gegend auch nicht ungewöhnlich gewesen. Der gesamte Stadtteil bestand nämlich nur aus Hochhäusern, von denen gewiss keines weniger als vierzig Etagen besaß.
Aber Kosinus’ Onkel wohnte in einer Behausung, die den Kindern auf die ersten fünf Blicke überhaupt nicht aufgefallen war inmitten dieses gigantischen Stadtteils von Wolkenkratzern, die in der Regel durch gläserne Brücken kreuz und quer verbunden waren.
»Da vorne ist es!«, teilte Kosinus den anderen mit und zeigte auf einen kleinen baufälligen Zirkuswagen,der sich unscheinbar, zerbrechlich und wackelig zwischen die Hochhäuser zwängte. Die fünf standen da und staunten. In so einem alten Klapperding auf Rädern zu wohnen, wäre schon im Jahre 1999 mehr als außergewöhnlich gewesen, wie viel mehr erst jetzt, im Jahre 2049.
Kosinus lief voran, kam aber nicht weit.
Wie aus heiterem Himmel – niemand hatte mitbekommen, wo sie so schnell herkamen – stand plötzlich eine Gruppe von zehn oder zwölf Jugendlichen vor ihnen, die keinen Vertrauen erweckenden Eindruck machten.
Thomas bekam sofort einen Schweißausbruch. Er spürte förmlich den Ärger, der ihnen bevorstand. Auch Frank und Miriam hatten von der ersten Sekunde an ein ungutes Gefühl, welches durch Chips Reaktion verstärkt wurde, die abrupt stehen blieb und leise: »Shit!« durch ihre Lippen zischte.
Einer der Clique schlenderte betont lässig aus der Gruppe hervor, stellte sich breitbeinig vor den Kindern auf, drückte auf einen Knopf an seinem Anzug und sagte: »Bitte sehr!«
Kosinus betätigte nun ebenfalls eine Stelle an seinem Anzug, schaute auf das Display seines Ärmels und stöhnte laut auf: »Wie soll ich das denn machen?«
Ben und seine Freunde begriffen nicht mal ansatzweise, was da vor ihren Augen ablief. Ben vermutete lediglich, dass zwischen dem Typen und Kosinus eine
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