Level 4 07 - 2049
gebracht! Wir möchten, dass ihr in einer Media-Show auftretet und als leibhaftige Zeugen sagt, was euch widerfahren ist.«
Das also war der Grund, weshalb Chip und Kosinus nicht wie die anderen Angst vor ihnen gehabt hatten, sondern ihnen sofort geholfen hatten. Offenbar hatten sie damit gerechnet, eines Tages künstlichen Kindern mit gescannten Gehirnen zu begegnen.
Wieso?,
fragte sich Jennifer.
Sie wurde aus ihrem Gedanken gerissen, weil Thomas gerade bekannt gab, dass er nicht die geringste Lust verspürte, als Gast einer Talk-Show oder wie immer das in dieser Zeit hieß, aufzutreten. »Die sind doch alle blöde!«, behauptete er in Erinnerung an die zahlreichen Talk-Shows zum Ende des 20. Jahrhunderts.
Ben, Frank und Miriam stimmten ihm lebhaft zu. Sie hatten zwar noch keine dieser neuen Media-Shows gesehen, aber alle waren sich sicher, dass sie nicht besser, sondern mit Sicherheit schlimmer waren als die damaligen unsäglichen Laber-Sendungen im Nachmittags-Fernsehprogramm.
Der alte Mann gab ihnen sogar Recht. »Trotzdem!«, versicherte er. »Es ist die einzige Chance.«
»Wofür?«, fragte Frank bissig nach. »Um diesen Brain-scanning-Quatsch zu beenden? Vielen Dank. Mein Bedarf an dieser Art von Forschung ist gedeckt. Ich will damit nichts mehr zu tun haben!«
»Nicht nur dafür!«, setzte Kosinus’ Onkel nach.
Der Reihe nach sah er den Kindern in die Augen, bevor er mit ernster Miene ergänzte: »Es ist die einzige Chance, damit ihr nicht gefangen und womöglich sogar ausgeschaltet werdet.«
»Wie bitte?«, fragte Jennifer nach. Sie hatte sich wohl verhört! War es nicht schlimm genug, was man mit ihnen angestellt hatte? Jetzt sollten sie auch noch ausgelöscht werden? Von wem? Und weshalb?
»Ja, was glaubt ihr denn, wer euch die ganze Zeit verfolgt?«, schmetterte der Onkel ihnen entgegen. »Meint ihr etwa, die geheime Brain-scanning-Industrie ist besonders scharf auf unliebsame Zeugen? Ihr seid für sie geflohene Versuchskaninchen. Ihr seid vielleicht die ersten und einzigen Kinder der Welt, an denen das Brain-scanning ausprobiert wurde.«
Jennifer schnappte nach Luft, obwohl sie sich mittlerweile gar nicht mehr sicher war, ob sie überhaupt noch Sauerstoff benötigte. Zu weiteren Überlegungen kam sie aber nicht mehr.
Mit einem lauten Knall zersplitterte die Fensterscheibe des Wohnzimmers.
Jennifer zuckte erschrocken zusammen.
Ein dunkelblauer Strahl drang durchs Fenster und sengte eine alte Weltkarte an der Wand an, welche augenblicklich in Flammen aufging.
Frank sprang instinktiv zur Seite und riss seinen Freund Ben mit sich.
Miriam drehte sich blitzartig zum Fenster, um zu schauen, wer da schoss.
Nur Thomas bewegte sich mal wieder gar nicht, sondern starrte nur auf die brennende Weltkarte.
»Weg hier, da sind sie schon!«, rief der Onkel. »Los, weg!«
»Dann laufen wir denen doch direkt in die Arme!«, warf Frank ein.
»Quatsch!«, widersprach der Alte. »Hier entlang!«
Kosinus griff Frank unterm Arm und zeigte auf eine Tür, die in ein hinteres Zimmer führte.
Chip lief voran, die anderen folgten.
Der alte Mann schnappte sich Thomas und zog ihn mit sich, als wüsste er, dass Thomas prinzipiell zu langsam war.
Kaum hatten sie das hintere Zimmer betreten, wurde vorn die Eingangstür durch einen weiteren blauen Strahl aufgesprengt.
»Scheiße, Mann! Wir sitzen in der Falle!«, schrie Frank. Denn im hinteren Zimmer stand nichts als ein Bett und ein Schreibtisch. Oder zumindest etwas, was ein Schreibtisch hätte sein können. Was es genau war, ließ sich auf die Schnelle nicht erkennen. Denn auf dem Tisch rund um das Bett lagen tausende Kabel und Chips, Werkzeug und Drähte, Sicherungen und Lämpchen, sogar auf Papier gedruckte Schaltpläne und seltsame Hebel und Schräubchen, Stäbchen und Häkchen, als ob jemand 150 Lego-Technik-Bausätze auskippt hätte.
»Hier sieht es ja aus wie bei dir!«, rief Jennifer Ben zu.
Ben kam nicht dazu zu antworten.
»Stehen bleiben! Sie sind verhaftet! Widerstand ist zwecklos!«, brüllte jemand aus dem Vorraum.
»Jenni!«, rief der alte Mann.
Jennifer wandte sich zu ihm um, doch sie war gar nicht gemeint.
Der Mann redete mit einem Bildschirm an der Wand. »Level 4!«, befahl der alte Mann, worauf das große Bett wie von einer Startrampe geschossen hochklappte und sich an der Wand verankerte. Unter dem Bett führte ein Gang nach unten in den Fußboden hinein.
Hinter ihnen erschienen bereits zwei schwer bewaffnete Uniformierte in der Tür,
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