Level 4 07 - 2049
oder drei Räume weiter kramte er in irgendetwas herum.
Jennifer konnte über so viel Unordnung nur den Kopf schütteln.
Thomas hingegen war begeistert. Denn erstens sah es in der Garage seiner Eltern, in der er alles lagerte, was er gefunden und gesammelt hatte, nicht viel besser aus und zweitens war dies doch endlich mal wieder ein Raum, in dem man etwas finden konnte.
Sofort nahm Thomas seine typische Suchhaltung ein: gesenkter Kopf, Augen auf den Fußboden gerichtet, Körper fast regungslos.
Inmitten all der Unordnung aus Zeitschriften und Steckern, Drähten und Getränkedosen, Verpackungen und Schaltplänen, Bedienungsanleitungen und Rechnungen,Flaschen und angebissenen Energie-Riegeln, Schraubenziehern und Zangen, Lötkolben und Kabeln hockte regungslos ein kleines eimerähnliches Gerät auf Rädern, welches so aussah wie der Aufräum-Roboter im Labor.
»Funktioniert der nicht?«, fragte Ben und sah mitleidig auf den Roboter. Ben brach das Herz, wenn ein technisches Gerät defekt war, und es juckte ihn schon in den Fingern, sich den nächstbesten Schraubenzieher zu greifen und sich an dem kleinen Roboter zu schaffen zu machen.
Natürlich funktioniere ich!, blaffte der kleine Roboter Ben an. Ben schaute interessiert auf das seltsame Wesen. Für Ben waren Roboter nämlich keine Geräte, sondern Wesen. »Und warum räumst du hier nicht auf?«, fragte Ben.
»Weil mein Onkel ihm die Aufräumfunktion ausgebaut hat!«, lachte Kosinus. »Er hatte die Nase voll davon, dass das Ding ihm immer die Sachen weggeräumt hatte, die er gerade suchte. Nicht wahr, Fido?«
»Fido?«, wiederholte Ben entgeistert.
Kosinus nickte. »Statt der Aufräumfunktion hat mein Onkel ihm eine Suchfunktion eingebaut. Deshalb ist er nach einem Spürhund benannt. Mein Onkel kann nun alles liegen lassen, wo er will, Fido schaut zu, merkt sich den Standort und gibt ihn auf Wunsch preis!«
»Das funktioniert?« Ben strahlte. Was für eine tolle Idee! So etwas könnte er auch gut gebrauchen.
Kosinus wandte sich an Fido und fragte: »Wo ist deine Aufräumfunktion abgeblieben, Fido?«
Sie liegt hinter der P C-Zeitschrift Nummer 4 / 09 vom 4. April 2009, exakt 42 Zentimeter links vom Schreibtisch entfernt, wurde vor drei Tagen mit 0,12 Liter Flüssigkeit eines Elektrolyten-Drinks überschüttet und fängt an zu stinken.
Kosinus zeigte auf die angegebene Stelle.
Ben bückte sich, nahm die P C-Zeitschrift , die dort tatsächlich lag, beiseite und fand darunter einen kleinen, klebrigen Chip. »Genial!«, rief er begeistert aus.
Miriam lachte laut auf. »Der Kasten ist ja noch besser als du, Thomas!«
Thomas blickte nur kurz auf. Wenn er auf der Suche nach Dingen war, die man nur zu finden brauchte, ließ er sich ungern stören.
Jennifer betrachtete die Bilder an den Wänden. Es war das erste Mal in dieser Welt, dass sie überhaupt ein Bild sah. Also ein richtiges Bild. Nicht eine Abbildung auf einem elektronischen Bildschirm, die sich plötzlich bewegte. Sondern ein richtiges Bild. Eines war sogar noch in Öl gemalt. Mit einem Schlag wurde ihr der alte Mann richtig sympathisch. Nie hätte sie ihm zugetraut, dass er sich so etwas an die Wand hängen würde. Es gefiel ihr ausgesprochen gut, wenngleich sie es nicht kannte. Es musste ein Bild eines modernen Künstlers sein, einer, der erst nach 1999 dieses Bild gemalt hatte – oder eines unbekannten Künstlers. Denn natürlich kannte auch Jennifer nicht alle Bilder, die es auf der Welt gab. Aber viele berühmte waren ihr wohl bekannt. Jennifer ging dicht an das Bild heran, um zu sehen, ob es signiert war.
Traumstadt
hieß es und war mit
K. Kehr ‘99
signiert. Das Bild war also in dem Jahr gemalt worden, in dem ihr Gehirn gescannt worden war. Komischer Zufall.
»Ist das viel Wert?«, rief sie dem Onkel in einen der hinteren Räume zu.
Kosinus antwortete für ihn: »Der Preis interessierte meinen Onkel nicht. Aber ihm wurde schon mal eine halbe Million Weltdollar dafür geboten. Statt es aber zu verkaufen, hat er es lieber sofort hierher in Sicherheit gebracht.«
Eine halbe Million Weltdollar! Jennifer ließ sich die Summe auf der Zunge zergehen, obwohl sie nicht wusste, wieviel das in ihrer damaligen Währung war, aber vermutlich weit mehr als eine Million D-Mark .
Chip schaufelte sich einen Sessel frei und Kosinus setzte sich auf einen Stuhl, der erstaunlicherweise gänzlich frei geblieben war.
»Wo haben Sie das Bild her?«, fragte Jennifer ohne den alten Mann zu sehen.
Fido war
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