Level 4.2 - Zurück in der Stadt der Kinder
befreit, erkannte jeder
sofort, was das Problem in der Stadt war und dass man mit anpacken musste.
Jennifer und Miriam zwinkerten sich zufrieden zu. Zwar wussten sie nicht, ob sie den Kampf gegen dasWasser gewinnen konnten, aber sie waren zuversichtlich, die Gefahr wenigstens erheblich eindämmen zu können.
»Wir holen uns eines der Boote!«, entschied Miriam. »Mit dem Bus kommen wir nicht viel weiter!«
Jennifer nickte. Zwar lag das Museum ebenfalls auf der Anhöhe, aber der Rathausplatz und ein Großteil des Stadtzentrums waren
bereits überschwemmt und wohl nur noch per Boot zu erreichen. Mit dem Boot konnten sie außerdem das Material aus dem Baumarkt
transportieren.
Das Schaufenster des Bootsgeschäftes war schon so voll Wasser gelaufen, dass die beiden Ausstellungsboote sich aus ihren Halteständern
gelöst hatten und frei durch den Laden schwammen: ein kleineres Segelboot und eines mit Motor, so groß, dass Jennifer es schon
als kleine Jacht bezeichnet hätte. Bis zum Gürtel im Wasser, watete Jennifer auf das kleine Segelboot zu. Miriam jedoch blieb
bei dem größeren Motorboot stehen.
»Wir nehmen dieses!«
»Kannst du denn so ein Boot fahren?«, fragte Jennifer. Jetzt, da sie direkt vor dem Boot stand, erschien es ihr noch viel
größer, als es von außen durchs Schaufenster gewirkt hatte.
»Segeln kann ich jedenfalls nicht!«, antwortete Miriam.
Bestimmt liefen durch die Stadt einige Kinder, die imSegelverein waren, wollte Jennifer sagen, doch Miriam hatte die Motorjacht schon erobert.
»Ey, die haben sogar einen Kühlschrank an Bord!«, freute sie sich.
Jennifer seufzte. Gekühlte Getränke würden die Fahrt auch nicht sicherer machen, dachte sie bei sich, kletterte dann aber
ebenfalls auf das große Motorboot. Als sie das Armaturenbrett sah, schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen. So viele Knöpfe!
»Himmel, da weiß man ja gar nicht . . .« Weiter kam sie nicht.
Miriam hatte einfach einen Knopf gedrückt, auf dem Start geschrieben stand. Der Motor sprang an. Die Druckwelle der Schraube
fegte die Auslagen aus den Regalen und ließ sie als Treibgut quer durch den Laden schwimmen.
»Sei bloß vorsichtig«, mahnte Jennifer.
»Der Hebel hier sieht aus wie das Gaspedal!«, fand Miriam.
»Und wenn nicht?«, wandte Jennifer ein.
Aber solche Einwände ließ Miriam nicht gelten. »Du hast wohl noch nie Baywatch geguckt?«, grinste sie und zog den Hebel herunter.
Das Motorschiff jagte los.
»STOPP!«, schrie Jennifer.
Die Regale wurden an die Wände geschleudert.
»HALT AN!«
Doch Miriam war durch die rasante Anfahrt hingefallen.Sie rappelte sich auf, klammerte sich an das Steuerrad, wollte zum Gashebel fassen, da sah sie schon das Schaufenster auf
sich zukommen.
»O Scheiße!«, konnte sie gerade noch sagen.
Das Motorboot donnerte durch die Schaufensterscheibe.
Jennifer ließ sich zu Boden fallen, hielt sich schützend die Hände über den Kopf.
Miriam duckte sich beiseite, versuchte aber noch, über das Steuerrad hinwegzuschauen, um mitzubekommen, wohin das Boot fuhr.
Die Scheibe zersplitterte, Tausende Glasscherben schossen in alle Richtungen, krachten in die Regale, zerfetzten Wände, Gefäße
und Türen, peitschten über die Wasseroberfläche und regneten wie Eiskristalle auf die Kinder draußen herab.
»AUFGEPASST!«, schrie Miriam. Natürlich hörte sie niemand. Das Motorengeheul, die zerberstende Glasscheibe, die nahezu explodierende
Ladeneinrichtung übertönten alles.
Die Kinder vor dem Laden sprangen in Panik zu allen Seiten, um sich vor dem unkontrolliert rasenden Boot zu retten. Miriam
riss das Steuer herum und den Gashebel herunter. Das Heck des Bootes schleuderte herum, verursachte eine gewaltige Welle,
die am Bus brandete und ihn für einen kurzen Moment unter sich vergrub. Endlich kam das Boot zum Stehen.
»HAST DU SIE NICHT MEHR ALLE?«, fuhr Jennifer Miriam an.
»Was denn?«, verteidigte sich Miriam. »Alles unter Kontrolle!«
Jennifer blickte zurück in das Bootsgeschäft, das nur noch ein einziger Trümmerhaufen war. Die Wasseroberfläche war übersät
mit Glasscherben, die langsam untergingen. Tüten, Papiere, Dosen und Schachteln, Schwimmwesten, Taue, Eimer, Plastikgeschirr,
Prospekte, Segel und Hunderte anderer Dinge schwammen um sie herum. Mittendrin standen die Kinder, prüften, ob bei ihnen alles
in Ordnung war und sie sich nicht verletzt hatten. Nacheinander tauchten einzelne Köpfe aus dem Wasser auf, schnappten
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