Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
ihn einst kanntest.“ Cadar war auf einige Schritte herangekommen. Doch zog er sich wieder zurück. Es fiel ihm nicht leicht. Endlich stand er seiner Tochter nicht mehr als Feind gegenüber. Wie gerne würde er ihr aus der Zeit erzählen, da Naria an seiner Seite war. Ebenso war er begierig darauf zu erfahren, wie es seiner Gemahlin nach dem Abschied von ihm ergangen war. Er wollte endlich auch Lewyn, seine Tochter kennen lernen, nicht nur als Außenstehender. Doch wusste er, dass sehr viel Zeit vergehen konnte, ehe sie ihm dies auch erlaubte.
Die nächsten zehn Tage vergingen sehr ruhig. Es fiel kaum ein Wort am Wasserloch. Cadar hielt sich respektvoll zurück, die mittlerweile Dreiundzwanzigjährige ließ ihn nicht unbeobachtet und Soh’Hmil hütete sich, zwischen die Beiden zu treten. War Ashargna in der Nähe, übte sie ebenfalls Zurückhaltung. Jegliches Drängen konnte das Gegenteil von dem bewirken, was beabsichtigt war.
Der Kriegerin ging es weiterhin nicht so gut, als dass an einen Aufbruch zu denken war. Dennoch plante sie ihn. Da Feregor nicht zur verabredeten Zeit erschienen war, ging die einstige Thronerbin von seinem völligen Fernbleiben aus.
„Als er im letzten Jahr zu dir kam und uns nicht antraf, wusstet ihr, dass wir noch am Leben waren?“
„Wir nahmen es an.“
„Was wird ihn aufhalten?“ Soh’Hmil saß unter dem Baum und kaute an einer Knolle, die das Reptil mitgebracht hatte.
„Es werden die Weisen sein. Vergiss nicht, sie beobachten ihn. Wenn er jedes Jahr zur gleichen Zeit aufbricht, werden sie schnell wissen weshalb. Wir müssen die Abstände unserer Zusammenkunft ändern, sollte er noch kommen. Lange warte ich aber nicht mehr. In zwei Tagen brechen wir auf.“
„Ungeduld kann tödlich sein. Deine Wunde würde dich schnell aus dem Sattel werfen.“ Der Freund hatte Recht. Aber sie wollte endlich weiter, das nächste Ziel erreichen. Irgendwann musste sie doch wieder fähig sein, das Dunkel wirksam bekämpfen zu können. Erneut kam Verbitterung in ihr hoch. Bevor die Weisen ihre vernichtende Entscheidung getroffen hatten, war sie sehr stark. Sie stand kurz davor, dem Feind den vernichtenden Schlag versetzen zu können. Und jetzt? Sie musste froh sein, wenn sie seinen Häschern entkommen konnte.
„Wenn ich auf wirksame Heilung warten wollte, müssen wir Ashargna sehr lange Gesellschaft leisten. Du weißt: Ist Wengor nicht mit der richtigen Antwort zurück, haben wir diese Zeit nicht.“ Sie hatte den Sand durch ihre Finger gleiten lassen. Den Rest schleuderte sie nun ärgerlich von sich.
„Ich kenne eine Möglichkeit, dir zu helfen.“ Das erste Mal seit Tagen richtete der Renaorianer das Wort an seine Tochter. Er blickte zu ihr. Lewyn lief es kalt den Rücken herunter. Da waren sie wieder, diese unendlich sanften grünen Augen, die ihr begegnet waren, als Yar’nael sein Leben gefordert hatte.
„Die wäre?“, entgegnete sie widerwillig. Eigentlich wollte sie sich nicht von ihm helfen lassen. Dann dachte sie an die Jahre ihrer Verbannung. Er hatte ihr schon so oft beigestanden. Ashargna hatte es getroffen. Cadar wäre längst in der Lage gewesen, ihr den Tod zu bringen. Er hätte ebenso tatenlos zusehen können, wie andere ihr das Ende brachten. Doch hatte er dergleichen nicht getan. Er hatte geholfen. Sie stand auf und ging ein paar Schritte auf ihn zu. „Wie willst du eine Verletzung heilen, die nicht geheilt werden will?“
„Ich habe die Stärke dafür.“
„Die Mächte des Lichts haben dir also die ganze Kraft deiner Magie gelassen. Du bist wirklich bereit, sie in ihre Dienste zu stellen?“ Ihr Zweifel daran war trotz aller Worte ungebrochen.
„Das tue ich bereits, seit du Leranoth verlassen musstest.“ Er hielt ihrem Blick stand, wenn es auch nicht einfach war. Er war kalt und durchdringend. Dann wurde er etwas weicher.
„Ein Zauber also?“
„Ja. Doch wird er sehr schmerzhaft sein. Du kennst die Qualen bereits von den Orten, die deine Ziele waren.“
„Keine besonders erfreulichen Aussichten. Weshalb auf diese Weise? Die Ältesten konnten mir ohne Schmerz helfen.“
„Die nächste Begegnung mit einem Sabork wäre tödlich für dich. Wenn du mir aber auf diese Art gestattest, die Verletzung zu heilen, wird es dich zwar nicht vor dem neuerlichen Aufbrechen der Wunde bewahren, aber dein Kraftverlust wäre nicht so stark, wie er es zuletzt war. Nur knapp bist du dem Tod entkommen. – Erinnere dich an unseren Kampf in Brahadel. Ich hatte zwei dieser
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