Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
Cadar sah die junge Frau gerade noch, wie sie hinter den weiter oben stehenden Tannen verschwand. Sie ging auf Wache, so wie sie es seit dem Zusammentreffen mit den Elben nur noch tat. Seit diesem Tag war sie sehr schweigsam. Und jedes Mal, wenn der Freund oder der Mann aus Wyndor versuchten an die vor ihnen Reitende heranzukommen, erhöhte sie das Tempo. Sie wollte nicht reden, schon gar nicht über die Worte, die sie von den Elben hatte hinnehmen müssen.
Jetzt huschte die Enkelin Asnarins durch das Dickicht und hielt die Augen auf. Die Männer hatten sich bereits niedergelassen. Sie wussten, dass es keinen Sinn machte, der Verstoßenen zu folgen und sie zur Ruhe zwingen zu wollen.
Dunkel schob die Nacht ihr Antlitz vom Osten her über die Berge. Dicke Wolken verhüllten Sterne und Mond. Nur hin und wieder blitzte ein fahler Lichtschein hindurch. Dies war die Zeit, in der die Tiere des späten Tages ihr reges Treiben begannen. Ihre Laute klangen gespenstisch in der herrschenden Stille. Vielfach warf das Labyrinth der Hänge manch Geheul zurück.
Die Nacht war noch weit vor ihrem Höhepunkt, da die Gefährten von der Dreiundzwanzigjährigen geweckt wurden. Völlig geräuschlos war sie zum Lager gekommen.
„Folgt mir!“ Sie nahm ihren Schimmel am Zügel und huschte abermals durch den kleinen Wald. Immer war sie darauf bedacht, den Schatten der Bäume zu nutzen. Sie wollte verborgen bleiben, sollte sich doch einmal der Mond zwischen den Wolken zeigen können. Auf ihrem Weg nutzte sie die Spuren, die sie bereits zuvor in den Schnee getreten hatte. Die Freunde folgten in der Fährte der Kriegerin. So verursachten sie nur wenige Geräusche. Nach einiger Zeit hieß sie die Männer, die Pferde zurückzulassen. Vorsichtig ging es geduckt bis auf einen kleinen Bergkamm. Verdeckt von hohen Bäumen hatten Cadar und die Elben freie Sicht auf das vor ihnen liegende Tal. Dort unten, vor einer kleinen Stadt, wurde gekämpft. Die Bewohner des Gebirges schlugen unbarmherzig gegen ihre Angreifer.
„Vorhin wurde direkt vor den Häusern gekämpft. Die Menschen werden jetzt wahrscheinlich siegreich sein, doch sah ich den Feind hinter dem nächsten Berg. Vor Anbruch des Tages werden sie hier sein.“ Sie hielt längst Therandil gegriffen. Vielleicht gab es in der Nähe weitere Gegner.
„Du willst sie warnen?“ Der Freund war überrascht. Gerade nach den letzten Auseinandersetzungen, nach dem Hass, den man ihr entgegenbrachte, hatte er damit nicht gerechnet. Er dachte wohl auch an Szanahl zurück.
Lewyn sah zu ihrem Vater. Würde der notfalls helfen können?
„Dazu müssen wir beisammenbleiben. Trennen sie uns, wird es schwierig. Aber du hast Recht, wir müssen sie warnen. Vielleicht erhalten wir in ihren Mauern auch Proviant für die nächste Zeit. Wir warten bis der augenblickliche Feind geschlagen ist?“
„Wir helfen.“ Bakla am Zügel nehmend, begann sie vorsichtig den Abstieg ins Tal. Als es ebener wurde, saß sie rasch im Sattel, ebenso die beiden Männer. Kaum auf Schussweite heran, hatten die Drei die Bogen im Einsatz. Dabei drängten sie die Feinde in die Hände der Angegriffenen. Die nutzten sofort die neue Chance und gingen noch entschlossener auf den Gegner los. Schnell waren die letzten Seranidher und mit ihnen einige verhornte Kreaturen geschlagen.
Die junge Frau und ihre Begleiter hielten sich nach dem Sieg zurück. Eng nebeneinander stehend warteten sie. Würden auch diese Menschen die Halbelbin als Feindin betrachten?
Eine kleine Gruppe Männer näherte sich recht zügig. Knapp vor den unerwarteten Helfern zügelten sie ihre Pferde. Die Waffen hielten sie weiterhin in den Händen.
„Was hindert euch daran, zu uns zu kommen? Ihr scheint uns nicht feindlich gesonnen. Andernfalls hättet ihr kaum gegen unsere Angreifer geschlagen. Nun, falls ihr nichts Besseres vorhabt, seid unsere Gäste. Ihr seht aus, als könntet ihr eine kleine Rast vertragen.“ Der Mann wies einladend in Richtung der Häuser. Ihr Zögern bemerkend, lächelte er. „Wir kämpfen nicht gegen Elben, falls dies eure Sorge ist. Auch werden wir Euch nicht ausliefern, so wie es die dunklen Magier verlangen.“ Er sah lächelnd zu der Kriegerin. Dann deutete sein Kopf in Richtung Yar’nael, nachdem er das Erstaunen des Renaorianers bemerkte. Der silberne Drache auf dem Knauf war verräterisch. Die schwarzen Magier hatten dafür gesorgt, dass das Schwert der Elben und damit die Erbin der Macht überall erkannt wurden.
„Es freut mich,
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