Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
dem du vierundzwanzig wirst. Ich hoffe, die Überraschung ist gelungen.“ Cadar tobte wie ein übermütiger Junge durch den dichten Schneefall, als er aus dem Berg trat. Die Halbelbin folgte ihm kopfschüttelnd.
„Nun, dass der Winter auch die weißen Flocken bringt, ist nicht wirklich verwunderlich.“ Aus ihrem Lächeln wurde plötzlich ein sorgenvolles Gesicht. „Wir sind nicht allein!“, flüsterte sie ihm leise zu. Doch ihren Vater schien dies gar nicht weiter zu irritieren. Er hielt in seiner Bewegung nicht inne.
„Schnee, nein, der ist nicht gemeint“, freute er sich weiter.
In diesem Augenblick hatte Lewyn Baklas Zügel fallen lassen und stürmte gleich danach an dem Renaorianer vorüber. Da war nicht die geringste Spur von kühler Zurückhaltung zu erkennen. Glück stand in ihrem Gesicht geschrieben, als sie kurz darauf von Regos’ Armen aufgefangen wurde. Der war endlich hinter einem dicken Baumstamm hervorgetreten. Natürlich war bei ihm die Freude ebenso groß.
„Es ist schön, dich wiederzusehen. Es war nicht schön, als du bei Ashargna nicht eintrafst. Ich machte mir Sorgen. Die Hüterin der Halbwüste hatte aber eine beruhigende Antwort. Ich nehme an, die Berge der zwei Könige überließen dir Stärke?“ Er hielt sie weiter gefasst. Die junge Frau erwiderte die Geste, indem sie die Hände um seine Schultern und den Kopf gegen seinen legte.
„Ja, dieser beschwerliche Weg war nicht vergeblich. Auch die lange Reise nähert sich ihrem Ende. Dann hoffe ich, dich wieder ständig in meiner Nähe zu haben, dann hoffe ich, wieder in Leranoth verweilen zu können.“
„Dafür wird es höchste Zeit. Unser Volk…, sieh mich nicht so strafend an – es ist nun einmal auch zur Hälfte deines. Es entzweit sich immer weiter. Wir brauchen deine Stärke. Du wirst sie wieder einen können. Ich weiß es, ebenso wie die Königin.“ Er gab sie frei, nur um die junge Frau in die Arme Asnarins zu entlassen. Es fiel nicht nur Narias Tochter schwer, die Fassung zu bewahren. Die oberste Elbin musste sich ebenfalls sehr bemühen. Ihre Hände umfassten immer wieder das Gesicht der Kriegerin. Es war wie einst beim Abschied vor Leranoth. Beide mochten in diesem Moment daran denken. Sie hielten in ihren Bewegungen inne und blickten einander in die Augen.
Asnarin
„Mein Kind, ich wünschte, du könntest uns noch heute in die Stadt der Könige begleiten. Aber noch steht zu viel Argwohn, ja sogar offener Hass gegen dich. Ich könnte es nicht ertragen zu sehen, wie dich diese Anfeindungen schwächen würden. So muss ich dich bitten, weiter auf Wengors Rückkehr zu warten. Ist das geschehen, wird es niemand mehr wagen, dich anzugreifen. Dann kannst du endlich wieder bei mir sein. Ich vermisse dich fürchterlich.“ Abermals schlossen sich ihre Hände um das Gesicht ihres Gegenübers.
„Sie werden dann nicht mehr offen gegen mich hetzen. Aber in ihrem Inneren wird sich kaum etwas ändern.“ Sie ließ eine Hand ab von der Großmutter und gab Regos das Zeichen, dass er zu ihnen kommen sollte. „Auch ihr fehlt mir unendlich, von Tag zu Tag mehr. Von euch getrennt zu sein, ist schlimmer, als all die Foltern, die ich einst in Morosad ertragen musste.“ Dabei wanderte ihr Blick zu Cadar, der das Ganze gerührt beobachtete. Er stand am Berg und freute sich riesig, seiner Tochter diesen Augenblick bescheren zu können. Dies verdankte er der Herrin des Lichts, die ihn dabei unterstützt hatte.
„Gebe ich nicht acht, zwingt mich dieser Schmerz zu Boden. Ich wünschte, Wengor hätte etwas von dem Vertrauen gehabt, das sein Bruder mir entgegenbrachte. Dann wäre all das nie geschehen.“ Lewyn war immer leiser geworden. Dann brach sie zusammen. Die ganze Last drückte plötzlich zu stark auf sie. Sie ging in die Knie und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Weinend verhielt sie einige Zeit an der Schulter des lieben Freundes. „Verzeiht, ich fürchte, das haben wir meinem Vater zu verdanken.“ Wieder sandte sie einen Blick zu ihm. Der zuckte nur mit den Schultern und lächelte ihr schuldbewusst entgegen.
„Die menschliche Seite in mir drängt sich immer öfter nach vorn. Ich will nicht schwach sein, und doch bin ich es. Aber die letzten Jahre waren sehr schlimm, nicht nur für mich. Wir alle haben viel verloren.“ Einen Moment lang schien sie in vergangenen Tagen gefangen. „Soh’Hmil. Wohin habt ihr ihn gebettet?“ Wieder versuchte sie, ihrer Gefühle Herr zu werden.
„Meinst du wirklich, ich sei nicht in der
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