Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
durchschauen galt. Schnell war Enoandt überrascht, wie er auch erzürnt war. Von den wenigen, die er für treu gehalten hatte, erwiesen sich doch ein paar als durchaus gefährlich. Es gab aber auch Positives zu entdecken. Männer, die er als selbstsüchtig eingeschätzt hatte, waren es nicht. Ihnen fehlte es lediglich an Mut oder Erfahrung. Was den Heerführer aber besonders freute, die meisten Burdlaner standen Branastal wohlgesonnen gegenüber. Sie würden den jungen Mann als ihren König akzeptieren. Dessen konnte er sich nach drei Tagen sicher sein.
„Das habt Ihr alles im Vorübergehen spüren können? Das ist einfach unglaublich.“ Enoandt vermochte es weiterhin nicht zu begreifen, wie so etwas möglich war.
„Versucht nicht zu verstehen. Wer die Magie nicht kennt, dem wird ihr Wesen verschlossen bleiben. Für mich ist sie jedoch so selbstverständlich, wie es für Euch beispielsweise Kartoffeln sind.“ Bei diesem Vergleich glitt ein verlegenes Lächeln über ihre Züge. Er war ziemlich unpassend. Der ältere Mann aber wusste, was sie meinte. Während er darüber lachte, zeigte er, dass dieser Vergleich dennoch verständlich war.
„Wir haben noch ein wenig Zeit. Ich hoffe, dass wir Dylarodh heute Abend in der Taverne antreffen werden.
Vielleicht sollte ich Euch morgen mit in die königlichen Hallen nehmen, wenn wir heute abermals vergeblich warten.“
„Ich fürchte, das würde Fragen aufwerfen.“
„Nun, warten wir die Dunkelheit ab. Wir sollten bis dahin zu meinem Haus zurückkehren. Dort wird uns Thidania etwas zu essen bereiten. Wenn Ihr wollt, auch wieder Kartoffeln.“ Der Mann grinste erneut, erinnerte er sich doch an den seltsamen Vergleich zwischen der gewöhnlichen Knolle mit so etwas Unverständlichem wie Magie.
„Wäret Ihr sehr gekränkt, wenn ich lieber die Taverne aufsuche? In der Schänke wird viel geredet. Vielleicht erfahre ich dort endlich Neuigkeiten. Als wir vor Burdlan eintrafen, habe ich gesehen, dass eure Stadt von einigen Händlern aufgesucht wurde. Die wussten nichts zu berichten. Aber heute Mittag trafen erneut Reisende ein. Ich bin sehr begierig darauf, von den augenblicklichen Bedingungen in Garnadkan zu erfahren. Die letzten Monate gaben mir leider nicht die Gelegenheit dazu.“
„Wie Ihr wünscht. Geht schon vor. Ich werde meiner Gemahlin sagen, dass sie heute nicht mit Gästen zu rechnen hat.“ Wieder grinste er. Obwohl er gut fünfzig Jahre zählen mochte, liebte er seine Frau, als hätte er sie gerade erst in sein Herz geschlossen. So verbrachte der Heerführer, wann immer es sein Dienst erlaubte, möglichst viel Zeit mit ihr.
„Geht nur. Ich weiß ja unterdessen, wo sich die ’Tanzende Flut’ befindet. Habe ich gehört, was ich zu erfahren suche, kehre ich zu Euch zurück.“
„Wartet auf mein Kommen. Ich werde nicht lange brauchen.“ Hin und wieder traf sich eben auch Enoandt gern mit Freunden in der Schänke. Gemütlich bei gutem Bier oder Wein mit jenen zu reden, die eine angenehme Gesellschaft versprachen, war nicht nur eine Vorliebe von Nirek und Therani.
Lewyn saß schon eine ganze Weile im Gastraum, ohne Wissenswertes zu erfahren. Eigentlich erwartete sie nun, da sich die Tür öffnete, den Heerführer. Doch es war Dylarodh, der mit einem Trupp Soldaten eintrat.
„Da ist der Elb! Ergreift ihn!“ Seine Hand wies in ihre Richtung. Da die Kriegerin Ärger gern aus dem Weg gehen wollte, wandte sie sich zu der Tür, neben der sie auch hier Platz gefunden hatte. Ein kleines Stück gab sie nach, dann wurde das harte Holz gegen sie geschleudert. Das verschaffte den Männern, die sich hinter ihr näherten, allerdings nicht die Zeit, die sie sich erhofft hatten. Die junge Frau war nicht besonders beeinträchtigt. Flink schwang sie sich über den ihr am nächsten stehenden Tisch und versuchte sich so den zugreifenden Händen zu entziehen. Aber die Krieger waren ebenfalls nicht träge. Rasch hatten sie den vermeintlichen Gegner eingekreist. Nur mit Hilfe eines Saltos entkam sie aus dieser Misere. Als jedoch durch die Tür weitere Männer eindrangen und ebenfalls die anwesenden Gäste ihren Soldaten Unterstützung boten, schien es kaum einen anderen Ausweg als die Magie zu geben.
„Das reicht! Lasst sofort ab von meinem Gast!“ Enoandt erschien gerade noch rechtzeitig in der Tür.
„Behaltet den Elb im Auge. Ich werde von unserem Heerführer erfahren, was er mit einem Spitzohr zu schaffen hat.“ Beide Männer blickten in diesem Augenblick zu der
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