Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
verloren. Die Luft reichte nicht mehr. War sie in eine Falle geraten? Wollten diese Gewässer ihren Tod? Mit einem letzten Aufbäumen gegen die drohende Bewusstlosigkeit rief sie in Gedanken nach Njagranda. Nichts geschah.
Langsam sank der leblos erscheinende Körper zum Grund des Sees. Dort wurde die Heimatlose von den Ausläufern des hellen Glitzerns in Empfang genommen. Langsam zogen sie die einstige Magierin unter den Seeboden. Dort erwachte sie mit einem gellenden Schrei. Sie hatte es nicht mehr verhindern können. Wieder verlangte die Heimstatt des Lichts einen hohen Tribut. Die Qualen schienen unendlich in ihrer Härte. Dabei hatte die Zweiundzwanzigjährige geglaubt, dass es zu den bisher erduldeten Schmerzen keine Steigerung mehr geben könnte. Die Helligkeit durchbohrte den Körper der Geschundenen und ließ erst locker, als sie abermals bewusstlos zusammensank. Ein Funkenband schlang sich um sie und zog sie weiter in eine Art Halle. An deren Rückwand befand sich der Ausgangspunkt des strahlenden Glitzerns. Wie unter einem Baldachin erhob sich ein Thron aus großen Muscheln. Ihr Perlmutt ließ Licht und Wasser in den verschiedensten Farben leuchten. Dort wurde die Gepeinigte behutsam abgelegt.
Lewyn hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, oder wie lange sie schon an diesem Platz war. Allerdings hielten die enormen Schmerzen sie an ihrem augenblicklichen Standort gefangen. Sie war nicht in der Lage, sich umzuschauen. Außer der kleinen glänzenden Vertiefung, in der sie lag, und dem über ihr ebenso aussehenden Dach, war nichts zu erkennen.
Nach einiger Zeit schien sich die Halbelbin ein wenig erholt zu haben. Endlich schaffte sie es, sich aufzurichten. In diesem Moment hob sich der Boden des Lagers, auf dem sie geruht hatte. Schnell konnte sie die Umgebung wahrnehmen.
„Diesmal hat es dich fast das Leben gekostet. Du solltest dich der Warnung der En’dika erinnern und auch dir Ruhe gönnen.“
„Wenn der Feind einem folgt, ist die Gelegenheit zu einer Rast äußerst gering. Zudem sind unsere Gegner sehr zahlreich und sie scheinen zu wissen, wohin uns der Weg führt. Wie sollte ich da wohl Ruhe erfahren?“
„Du bist die Erbin der Macht! Es ist deine Pflicht einen Ausweg zu finden! Deine Prüfungen werden nicht leichter.“
„Eure Grenzen sind stark geschützt. Das ist auch gut so. Doch fordern sie viel bei ihrer Überquerung. Wenn ich zudem noch Yar’naels Kraft rufen muss, um das letzte Stück des Pfades beschreiten zu können, übersteigt das meine momentane Stärke. Was verlangt ihr von mir? Was habe ich noch nicht gegeben?“ Die junge Frau versuchte sich zu erheben. Der Muschelthron aber hielt sie weiterhin fest. Das Glitzern ihrer Umgebung zog sich in diesem Augenblick direkt vor ihr zusammen. Abermals sah sie sich einem Gesicht gegenüber. Es schien nachdenklich.
„Dein Schwert fordert selbst nach dem bereits zurückgelegten Weg Kraft von dir? Das ist nicht gut. Es sollte dich mittlerweile unterstützen können, nicht dich schwächen.“ Das Farbenspiel näherte sich der Klinge. Dann schien es in sie einzudringen. Langsam und etwas matter kam die Helligkeit nach einiger Zeit wieder hervor. Als die Konturen eines Gesichtes erneut erkennbar waren, zeigte sich Zorn darin.
„Dunkle Magie lag auf der Waffe der Elben! Wie konntest du so furchtbar unachtsam sein?! Hätte ich es jetzt nicht geschafft, die Klinge davon zu befreien, hätte dich das bei ihrem nächsten Einsatz das Leben gekostet. Ich glaubte, du seist vorsichtig und lässt Yar’nael nicht aus den Augen!“
„Ich lasse es nicht aus meinen Händen. Du kannst mir keinen Vorwurf machen. Ich bin vorsichtig.“ Diese Anschuldigungen erinnerten an die Zeit, da Whengras Angriffe gegen sie ihn von seinem Volk getrennt hatten.
„Der schwarze Hexenmeister muss es in den Händen gehalten haben, sonst wäre sein Gift nicht auf dein Schwert gelangt.“
„Er kam nicht in seine Nähe!“ Langsam wurde sie wütend. Sie hatte schon zu oft falsche Verdächtigungen ertragen müssen. Die junge Frau hatte gehofft, dass wenigstens die Mächte, denen sie diente, ihr vertrauten. Jetzt wurde sie enttäuscht.
Eine Weile herrschte Schweigen. Dann begann das Licht in wildem Spiel durch die Halle zu jagen. Plötzlich war es dunkel. Das hielt einige Zeit. Langsam begann die perlmuttfarbene Helligkeit wieder zu strahlen und sich schließlich der Halbelbin erneut zu nähern.
„Es ist der eine Dunkle. Er hat begriffen, dass du ihm auch jetzt
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