Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Werbung aus. 1995 nahm beispielsweise Greenpeace 72 Millionen Mark ein (mehr als BUND und NABU zusammen). 67 Prozent davon verwendete Greenpeace für Projekte und Aktionen. 2 Doch dahinter können sich ganz unterschiedliche Aktivitäten verbergen: einerseits konkreter Umweltschutz, wie zum Beispiel die Fördergelder für FCKW-freie Kühlschränke, Solardächer oder die Entwicklung eines Dreiliter-Autos, andererseits auch Meinungskampagnen oder aufwendig inszenierte Protestaktionen. Praktischer Naturschutz kommt bei Greenpeace kaum vor. Aber auch andere Umweltgruppen geben ihr Geld lieber für Kampagnen aus, als für konkrete Verbesserungen.
In den Vereinigten Staaten ist das ganz anders. Dort gibt es neben dem staatlichen einen privaten Sektor im Naturschutz. Umweltgruppen kaufen und betreuen wertvolle Biotope. Allein die Gruppe Nature Conservancy erwarb seit Mitte der fünfziger Jahre fast 40 000 Quadratkilometer Land (mehr Fläche als Baden-Württemberg) für Naturreservate. Als die US-Wirtschaft Anfang der neunziger Jahre in der Flaute steckte, schimpfte ein Immobilienfachblatt auf »Scheckbuch-Ökologen«, die »die Rezession ausnutzen und Land zu Schleuderpreisen erwerben«. 3 Auf den damals gekauften Flächen leben heute Kröten, Kraniche und Kojoten. Jetzt brummt die Konjunktur in den USA, doch die Bagger müssen draußen bleiben.
Auch deutsche Naturschutzverbände kaufen gelegentlich ökologisch wertvolle Gebiete auf. Doch insgesamt herrscht die Meinung vor, man solle den Staat nicht aus seiner Verantwortung entlassen und Privatinitiative tunlichst vermeiden. Gönnen wir uns ein kleines Gedankenspiel: Der Durchschnittspreis für einen Hektar landwirtschaftlicher Fläche lag 1995 bei rund 21000 Mark, in manchen Regionen auch deutlich darunter. Wie viele Wildnisoasen würden entstehen, wenn ein Teil der 170 Millionen Mark Spendengelder zum Landkauf verwendet würde? Für die gesamte Summe bekäme man zirka 80 Quadratkilometer - in Deutschland die Fläche eines kleineren Nationalparks (allerdings bekäme man die vermutlich nirgendwo »am Stück«).
1 Die Woche vom 13. 12. 1996. 2 ebd. 3 Natur Nr. 8/1991.
»Naturvölker gehen besser mit der Natur um«
Jäger- und Sammlerkulturen - so lautet eine hartnäckige Legende des 20. Jahrhunderts - gehen respektvoll mit Mutter Natur um. Naturvölker seien »die wahren Hüter der Erde«, schrieb 1997 das WWF-Journal. Noch heute prangen Greenpeace-Aufkleber mit der Mahnung des Indianerhäuptlings Seattle auf manchen Autos. Obwohl Quellenforscher schon vor mehr als zehn Jahren bewiesen haben, daß die angebliche Seattle-Rede Anfang der siebziger Jahre von einem Drehbuchautor verfaßt worden ist. 1
Der ökologische Sündenfall begann Jahrtausende vor der Industrialisierung und sogar lange vor der Erfindung von Ackerbau und Viehzucht. Jäger und Sammlerkulturen bedienten sich ziemlich hemmungslos aus der Natur, ohne Rücksicht auf das Weiterbestehen von Biotopen oder Arten. Ethnologen und Anthropologen fanden zahlreiche Belege dafür. Steinzeitliche Jäger trieben Herden über Felsklippen und töteten Tausende von Wildpferden und anderen Tieren, deren Kadaver sie verrotten ließen. 2 Nordamerikanische Indianer veranstalteten Treibjagden, indem sie Brände legten, und löschten damit ganze Tierpopulationen aus. 3 Charles E. Kay, ein Wissenschaftler, der die Jagdmethoden der amerikanischen Ureinwohner untersuchte, schrieb, daß die Indianer die Bestände ihrer Beutetiere rücksichtslos plünderten. 4
Das kalifornische Yosemite-Tal, Inbegriff ursprünglicher Wildnis, war, als die ersten Weißen es sahen, eine durch Brandrodung geformte Kulturlandschaft. 5 Der Umweltautor Stephen Budiansky führt aus, daß viele Indianerkulturen jede Gelegenheit nutzten, um Ressourcen für einen kurzfristigen Vorteil auszuplündern, über langfristige ökologische Folgen machten sie sich keine Sorgen. 6 Amerikas Ureinwohner vernichteten lange vor der Ankunft der ersten europäischen Siedler ganze Waldregionen.
Die Maoris in Neuseeland rotteten die großen, flugunfähigen Moa-Vögel aus. In traditionellen Maori-Jagdgebieten fanden Forscher Knochenreste von vielen Tausend Moas. Auf Hawaii waren bereits 50 Vogelarten verschwunden, bevor Captain Cook seinen Fuß auf den Strand setzte. 7 Die Frühkulturen auf den Osterinseln 8 und auf Malta 9 entwaldeten ihre Inseln bis auf den letzten Baum. Noch heute kennen manche traditionell lebenden Kulturen keine Hemmungen, Tierarten zu
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