Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)
nur zu etwa einem Viertel bis einem Drittel aus sichtbarer und Dunkler Materie. Den ganzen Rest bezeichnet man heute als «Dunkle Energie», nur um einen Namen zu haben, und meint damit eine mysteriöse Kraft, die die Expansion des Universums beschleunigt. Vielleicht ist es unnötig zu erwähnen, dass auch über die Natur der Dunklen Energie praktisch nichts bekannt ist.
Einemsen
Was innendrin ist in den Igeln
Ist wie ein Buch mit sieben Siegeln.
Kathrin Passig
Als ob es nicht schlimm genug wäre, dass Tiere häufig so absurd aussehen, dass man den ganzen Tag vor ihrem Gehege stehen und mit dem Finger auf sie deuten möchte, legen sie dazu auch noch abwegige Verhaltensweisen an den Tag – wahrscheinlich nur, um uns zu verwirren. Dass in der Folge Forschungsgelder der Biologiefachbereiche sinnlos verschleudert werden müssen, ist ihnen natürlich egal. An über 250 Vogelarten lässt sich beispielsweise eine der rätselhafteren tierischen Angewohnheiten beobachten: das sogenannte Einemsen. Der schöne Fachbegriff wurde 1935 von dem deutschen Ornithologen Erwin Stresemann geprägt und beschreibt das Einreiben des Gefieders mit Ameisen, anderen Insekten, aber auch aromatischen Substanzen wie Mottenkugeln, rohen Zwiebeln, Seifenwasser, Apfelstücken, Essig, Zigarettenkippen und Zitrusfrüchten. Andere Vögel lassen sich passiv einemsen, indem sie sich mit ausgebreiteten Flügeln neben oder auf einen Ameisenhaufen legen. Zumindest bei zahm aufgezogenen jungen Krähen wurde das Einemsen auch beobachtet, ohne dass es ihnen von älteren Tieren vorher beigebracht wurde.
Aber nicht nur Vögel betreiben diesen albernen Sport, auch bei Eichhörnchen und insbesondere Igeln ist das Einemsen belegt. Der Igelforscher Martin Eisentraut beschrieb das Verhalten 1953 ausführlich: «Kommt ein Igel mit bestimmten, charakteristisch schmeckenden oder riechenden Stoffen, und besonders solchen, die ihm neu und ungewohnt sind, in Berührung, beginnt er, lebhaft interessiert, sie zu belecken und im gegebenen Falle mit dem Maul aufzunehmen und durchzukauen. Er steigert sich dabei in einen Erregungszustand und sondert reichlich Speichel ab, den er durch Kaubewegungen in eine schaumige Masse verwandelt. Nach geraumer Zeit wendet das Tier seinen Kopf unter eigenartigen Verrenkungen nach hinten und spuckt, oder besser schleudert mit der lang herausschnellenden Zunge den Speichel auf sein Stachelkleid.» Die Erregung klingt meist erst nach mehrmaligem Bespucken ab. Im Experiment ließen sich die Igel durch Leim, Tabak, Schweiß, Hyazinthen, Parfüm, Seife, Druckerschwärze, Baldriantinktur, faulende tierische Stoffe, Krötenhaut, andere Igel, Zigarrenrauch und Lackgeruch zum Einemsen verleiten. Schon ganz junge Igel legen dieses Verhalten an den Tag, das im Experiment schwer hervorzurufen ist – Eisentraut vermutet, die Igel müssten sich dazu «in einer bestimmten Stimmung befinden». Igel wie Vögel wirken dabei auf den Beobachter geradezu ekstatisch und kippen mitunter um vor Freude.
Und wozu das Ganze? Die hin und wieder vorgebrachte Hypothese, Ameisensäure helfe, Parasiten im Gefieder (beziehungsweise Stachelkleid oder Pelz) in Schach zu halten, wurde 2004 von den Ökologinnen Hannah Revis und Deborah Waller widerlegt: Die Ameisensäurekonzentration in den Körpern der Ameisen genügt offenbar nicht, um das Wachstum von Bakterien und Pilzen zu hemmen. Bis auf Weiteres müssen wir also davon ausgehen, dass Tiere sich nur zum Spaß immer dann einemsen, wenn zufällig Biologen mit Kameras in der Nähe sind. Schon o. k., die Tiere verstehen sicher auch nicht alles, worüber wir so vor Begeisterung umkippen.
Ejakulation, weibliche
Und sie spritzt doch!
oekonews.de: «ÖKO-TEST Feste Wandfarbe»
Einerseits ist es überraschend, dass über so elementare und vergleichsweise angenehm zu erforschende Angelegenheiten wie die weibliche Ejakulation und die Gräfenberg-Zone (alias G-Punkt) längst nicht alles bekannt ist. Andererseits wurde selbst die Klitoris erst im 16. Jahrhundert – also einige hundert Millionen Jahre nach ihrer Markteinführung – von der medizinischen Fachliteratur entdeckt. Man darf wohl davon ausgehen, dass sie bis dahin schon das eine oder andere Mal von interessierten Laien bemerkt wurde, jedenfalls kritisierte schon im 17. Jahrhundert der dänische Anatom Caspar Bartholin seine Vorgänger dafür, dass sie sich mit dieser angeblichen Entdeckung schmückten: Die Klitoris sei bereits den alten Römern bekannt gewesen. Das
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