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Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Titel: Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz
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Shere Hites Bestseller «Der Hite-Report», für den knapp 2000 Frauen zu ihren sexuellen Erfahrungen befragt wurden, die weibliche Ejakulation keine Rolle zu spielen scheint. Stellt dagegen heute jemand in Internetforen oder auf Mailinglisten eine Frage danach, melden sich sofort zahlreiche Frauen zu Wort, die das Phänomen aus eigener Anschauung kennen. Solange es die weibliche Ejakulation offiziell nicht gab, wurde sie also entweder nicht bemerkt, für nicht erwähnenswert gehalten oder – wegen der Harninkontinenztheorie – aus Scham verschwiegen. So lässt die Wissenschaft gelegentlich ganz neue Geschlechtsorgane sprießen.

Elementarteilchen
Glaube ich alles nicht. Quarks sind Unfug.
Steven Weinberg, Physik-Nobelpreisträger
    Seit langer Zeit ist bekannt, dass die Welt aus vielen kleinen Teilchen besteht. Mehrfach schon in der Geschichte der Teilchenentdeckung glaubte man, endlich die kleinstmöglichen Bausteine der Materie gefunden zu haben, nur um ein paar Jahre später zu erfahren, dass man nicht genau genug hingesehen hatte.
    Vor etwa 2500 Jahren nahm die moderne Materieforschung ihren Anfang, als der griechische Philosoph Demokrit den Begriff «Atom» – «Unteilbares» – einführte. Demokrit zufolge sind Atome winzige, unzerstörbare Teilchen, die komplett mit Masse ausgefüllt sind und aus denen alle Materie besteht. Weitgehend ungeprüft überstand dieses Postulat mehr als zwei Jahrtausende, bis man im 19. Jahrhundert negative Atombestandteile – Elektronen genannt – außerhalb von Atomen antraf: Kaum legt man elektrische Spannung an ein Stück Metall und erhitzt es, schon wird es in Scharen von Elektronen verlassen. Aus war es mit der Unteilbarkeit des Unteilbaren.
    Verglichen mit der schneckenartigen Entwicklung der Vorstellungen von Elementarteilchen in den vergangenen Jahrtausenden, ging im 20. Jahrhundert alles plötzlich sehr schnell, und ganze Regalwände voller Nobelpreise wurden für Erkenntnisse über den Aufbau der Materie vergeben. Zunächst erkannte der englische Physiker Ernest Rutherford, dass Atome im Wesentlichen leer sind. Das danach entwickelte «Planetenmodell» der Atome beruht auf der Vorstellung, dass sich im Atomkern positiv geladene Protonen befinden, um die Elektronen kreisen wie Planeten um die Sonne. Etwa zur selben Zeit revolutionierte die Quantenphysik unser Weltverständnis. Man nahm allgemein davon Abstand, Elementarteilchen genauso zu behandeln wie Himmelskörper, weil die Welt auf atomaren Maßstäben nach anderen Regeln funktioniert. Von Hendrik Kramers, einem der Entdecker dieser Regeln, stammt die Feststellung, man sei geneigt, sich einige Monate über die neue Quantenmechanik zu freuen, bevor man in Tränen ausbricht. Teilchenphysik, bis dahin eine Art Billardspiel mit extrem kleinen Kugeln, verwandelte sich in eine fremdartige Landschaft, die mit gesundem Menschenverstand kaum noch zu erfassen ist.
    Wie jedes fremde Land ist auch die Welt der kleinsten Teilchen mit exotischen Tieren besiedelt. Bald tauchten die ersten Antiteilchen in Labors auf: Sie sehen genauso aus wie ihr zugehöriges «normales» Exemplar, nur die Ladung ist umgekehrt. Das Antiteilchen zum Elektron beispielsweise heißt Positron, ist positiv geladen und wurde erstmals im Jahr 1932 nachgewiesen. Im selben Jahr entdeckte der Engländer James Chadwick das Neutron, das etwa genauso schwer ist wie das Proton, aber keine Ladung besitzt. Einige Jahre später fand man die Myonen, eine Art übergewichtige Elektronen, weitere zehn Jahre später die Pionen, und spätestens in den 1950er Jahren wurde die Lage unübersichtlich, als neuartige Wesen wie Kaon, Hyperon und diverse Neutrinos im Zoo der Elementarteilchen einzogen. Schließlich kam es 1968 zur nächsten Revolution: Man fand heraus, dass Protonen ebensowenig «elementar» sind wie Atome – die Welt wurde ein weiteres Mal in noch kleinere Teile zerlegt.
    Unsere Erkenntnisse über Elementarteilchen stammen größtenteils aus Experimenten, in denen man mit einer Sorte Teilchen auf eine andere Sorte schießt. Rutherford zum Beispiel feuerte Helium-Atome auf Gold-Atome, und seine Projektile flogen in den meisten Fällen ungehindert durch das Gold hindurch. Auf demselben Prinzip beruhte das Experiment, das zur Entdeckung der Quarks führte: Mit Hilfe des Teilchenbeschleunigers der Universität Stanford brachte man Elektronen auf große Geschwindigkeiten und ließ sie dann mit Protonen zusammenstoßen. Aus der Art und Weise, wie die Projektile

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