Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
Vom Netzwerk:
Riff. Col stand herum und wartete; er fühlte sich nutzlos. Der Saal hallte wider von hunderten lebhaften Gesprächen, aber Col beteiligte sich nicht daran. Als Gillabeth mit den Handtüchern, den sauberen Leinenstreifen und dem Alkohol zurückkam, beugten sich Hatta und Riff sofort über den leblosen Körper der Verletzten. Einmal gab Sephaltina ein leises Keuchen von sich, dann wimmerte sie; danach war nichts mehr zu hören. Zehn Minuten später lehnte sich Hatta zurück und wischte ihre Hände an einem der Handtücher ab.
    »Mehr können wir für sie nicht tun«, sagte sie.
    Riff wischte sich auch die Hände ab und stand dann auf.
    Col wollte sich genauer erkundigen, wie es nun um Sephaltina stand, als am anderen Ende des Saales Unruhe entstand. Jemand schob sich durch die Menge und schrie mit lauter Stimme: »Lasst mich durch! Ich muss sofort ein Ratsmitglied sprechen!«
    Riff erkannte ihn und fragte: »Was ist los, Gart?«
    »Du musst mitkommen und sagen, was wir machen sollen!«
    »Geht es um Lye?«
    »Ja.«
    Gart war vermutlich der einzige im Saal, der noch eine rote Armbinde trug. Er hatte nicht auf Riff gewartet, sondern gleich auf dem Absatz kehrtgemacht und war losgerast. Riff und Col folgten ihm zum nächsten Dampffahrstuhl. Der Fahrstuhl setzte sich inmitten von Dampfwolken in Bewegung. Gart, der einen rasierten Kopf und ein grau gesprenkeltes Kinn hatte, beachtete Col überhaupt nicht; er wandte sich ausschließlich an Riff.
    »Sie hat gesagt, jetzt soll der Angriff starten.«
    »Lye?«
    »Ja. Mit Shiv und einem alten Protzer. Das ist verrückt. Sie sind doch nur drei. Das ist doch nicht die wirkliche Angriffstruppe! Wir sind mit unseren Vorbereitungen nicht mal ansatzweise fertig. Die meisten Gruppen sind noch dabei, ihre Katapulte zu bauen.«
    »Katapulte?«, fragte Col.
    »Was für Katapulte?«
    Gart sah ihn misstrauisch an.
    »Wer …?«
    »Er ist okay«, sprang Riff Col zur Seite. »Was für Katapulte?«
    »Weißt du denn nicht Bescheid?«
    »Ich musste mich um andere Sachen kümmern. Geht es um den Luftlandeangriff?«
    »Ja. Mit den Katapulten schießen wir die Enterhaken ab. Lye und Shiv wollten fünfzig Stück, aber wir haben erst fünf fertig. Du musst sie aufhalten! Du musst Lye aufhalten.«
    Riff biss sich auf die Lippe und sagte nichts. Der Fahrstuhl glitt Deck für Deck nach oben.
    »Wie hoch fahren wir denn?«, fragte Col.
    Gart schien sein Misstrauen überwunden zu haben. »Bis Deck 53«, antwortete er. »Die Katapulte sind auf den Terrassen unter den Schornsteinen.«
    Als sie oben angekommen waren, rannten sie von einem Korridor zum nächsten. Dieser Teil des Juggernauts war neu für Col; selbst nach der Befreiung war er nie hier gewesen. Endlich blieb Gart stehen und öffnete eine massivere Tür. Col musste im plötzlichen Sonnenlicht blinzeln. Es war, wie wenn man von der Brücke ins Freie trat, nur dass sie sich jetzt nicht am vorderen Ende des Juggernaut befanden, sondern an der Seite.
    Hier gab es keine soliden Eisenbrüstungen, nur jeweils eine Reling am Rand der treppenförmig absteigenden Terrassen. Reihen von weißgestrichenen, wie Hörner gebogenen offenen Rohren ragten auf jeder Terrasse hervor – vermutlich die Ausgänge von Luftschächten. Über ihren Köpfen erhob sich der schwarze zylindrische Umriss eines der riesigen Schornsteine des Liberator . Dahinter war ein weiterer Schornstein zu sehen, der sich etwa zehn Grad zur Seite geneigt hatte; und wiederum dahinter lagen die metallenen Reste des Schornsteins verstreut, der bei der Kollision umgekippt war.
    »Sie haben schon angefangen!«, schrie Gart und zeigte nach vorne.
    Col entdeckte zwei parallele Seile, das eine vielleicht einen Meter über dem anderen, die vom Liberator zum russischen Juggernaut führten. Die Enterhaken waren also erfolgreich zur Romanow hinüberkatapultiert worden und hatten sich in seinen Masten verhakt. »Lye hat das eine Katapult extra einen Meter über dem anderen aufstellen lassen«, erklärte Gart und rannte los, die oberste Terrasse entlang. Riff und Col folgten ihm auf den Fersen. Sie liefen an einer Reihe von Eisenkonstruktionen vorbei, die hinter Planen versteckt waren. Dreckige hockten in Gruppen um sie herum; alle hatten ihre Arbeit eingestellt und starrten in dieselbe Richtung.
    Und dann sahen sie sie – drei Gestalten, die langsam auf dem einen Seil balancierten und sich an dem anderen festhielten. Mr. Gibber war der erste, danach kam Shiv; Lye ging hinter den beiden und hatte ihre

Weitere Kostenlose Bücher