Liberator
Eine Weile standen die Männer herum und unterhielten sich, dann nahmen sie plötzlich ihre Gewehre von den Schultern. Krack-Krack-Krack ! Die Gewehrsalven hallten in der Ferne wieder, als sie auf den ersten Körper zielten, der sich im Kugelhagel kurz aufbäumte. Krack-Krack-Krack ! Sie wiederholten die Prozedur mit dem zweiten Körper.
»Was soll das denn?«, rief einer der Dreckigen. »Sieht doch jeder, dass sie tot sind!«
»Es ist respektlos«, rief ein anderer.
Jetzt schwärmten die Offiziere wieder aus, vermutlich auf der Suche nach Mr. Gibbers Leiche. Aber den Dreckigen reichte es jetzt. Einige von ihnen legten ihre Waffen an und begannen, auf die Russen zu schießen.
Die blickten nach oben, erkannten die Gefahr und flüchteten. Wie Insekten sahen sie aus, als sie im Zickzack zu den Raupen zurückrannten. Einer von ihnen schien getroffen, denn er war hingefallen, und zwei andere mussten ihn stützen. Aber alle Russen erreichten den sicheren Schutz der Raupen. Die Dreckigen johlten und schüttelten ihre Fäuste.
»Feuer einstellen«, rief Riff, als einige noch weiterschossen. »Keine Munition verschwenden!«
Col starrte auf die Raupen der Romanow . »Warte mal«, sagte er, als Riff sich zum Gehen anschickte.
»Was?«
»Sie sind zwischen den Raupen hervorgekommen.«
»Ja und. Dazwischen sind sie auch wieder verschwunden.«
»Also muss da unten eine Einstiegsluke oder so was sein.«
»Und?«
»Ich habe schon vorhin darüber nachgedacht … Der Überraschungsangriff aus der Luft ist ja nun vermutlich unmöglich geworden, oder?«
»Ja, denke ich auch, die Russen sind ja jetzt drauf vorbereitet.«
»Aber auf einen Angriff von unten sind sie nicht vorbereitet!«
Riff zog die Augenbrauen zusammen. »Du meinst, wenn die Russen von unten einsteigen können, dann können wir das auch?«
»Ja, oder noch besser: Wir könnten da unten direkt den Kontakt mit den russischen Dreckigen aufnehmen und eine Revolution anzetteln. Wir könnten den russischen Juggernaut von innen angreifen!«
»Wie bei unserem Befreiungskampf!« Riff schnippte mit den Fingern. »Weiter!«
»Wir bräuchten keine Angriffstruppe oder so, nur ein paar Leutchen, die sich hineinschleichen und mit den russischen Dreckigen sprechen. Wir könnten ihnen erzählen, wie wir es gemacht haben.«
»Genau. Ganz genau!« Riffs Augen blitzten vor Aufregung. »Ich wette, die werden genauso schlecht behandelt wie wir früher.«
»Also, was meinst du? Wollen wir es so machen?«
»Ich finde, es ist der beste Plan, den wir bisher hatten.« Riff umarmte Col feierlich und machte sich dann mit einem Lachen von ihm los. »Ich spreche als erstes mit Dunga, dann berufen wir eine Ratsversammlung ein. Sie müssen zustimmen! Ich werde schon dafür sorgen.«
58
Während Riff sich zu Dunga auf den Weg machte, eilte Col zurück, um nach Sephaltina zu sehen. Er fand heraus, dass sie in einem bequemen Raum in der Nähe des Versammlungssaals untergebracht worden war. Es war ein kleiner Empfangssalon mit Gemälden an den Wänden, vergoldeten Stühlen, einer Vitrine aus Walnussholz und einem großartigen langen Diwan. Auf ihm lag Sephaltina zwischen Kissen und Laken, zugedeckt mit einem Quilt. Vom Kinn bis zu den Schlüsselbeinen war ihr Hals bandagiert.
Hatta saß auf einem Stuhl an ihrer Seite. Als Col den Salon betrat, sah sie ihn mit einem mürrischen Gesichtsausdruck an. »Du brauchst gar nich zu fragen, es geht ihr einigermaßen. Und sie wird wohl wieder gesund.«
»Kann ich irgendwie helfen?«, fragte Col.
»Du könntest mich zum Beispiel ablösen.« Hatta stand auf, reichte eine Schale und ein Tuch an Col weiter und drückte ihn auf den Stuhl.
»Aber du kommst doch bald wieder?«
»Wenn ich Zeit habe. Schließlich warten noch andere Patienten auf mich.«
Sie stapfte aus dem Salon und überließ Col die Rolle der Krankenschwester. Alle paar Minuten befeuchtete er das Tuch und presste es auf Sephaltinas Stirn. Sie hatte hohes Fieber.
Eine Stunde verging. Dann eine weitere. Sephaltinas Augen blieben geschlossen. Dann und wann waren keuchende Geräusche aus ihrem Hals zu vernehmen und einmal ein so fürchterliches Gurgeln, dass Col dachte, sie würde ersticken. Er wollte schon losrennen und Hatta zu Hilfe holen, als das Gurgeln so plötzlich aufhörte, wie es angefangen hatte.
Die Lichter des Liberator waren gerade auf Nachtbeleuchtung umgestellt worden, als jemand an die Tür klopfte und eintrat. Es war Riff.
»Hier bist du also. Ich habe dich überall
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