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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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hinten.
    Col hängte sich den Jutebeutel um die eine Schulter, das Gewehr um die andere und hielt sich die Nase zu, während sie sich im Gänsemarsch auf den Weg machten. Der Grat war wie ein Dammweg, einer von vielen in einem System von Kreuzungen.
    Col sah hinunter in die Mulden mit der stinkenden Flüssigkeit und bekam einen ordentlichen Schreck, als er bemerkte, dass sich etwas in ihr bewegte. Waren das harte Panzer oder hatten die Dinger schuppige Haut? Besser nicht hinsehen! Die Kreaturen gaben sanfte Plop -Laute von sich, während sie sich in der Brühe langsam um die eigene Achse drehten.
    Riff führte sie geradeaus, bis die Mulden aufhörten. Jetzt standen sie vor einem turmhohen eisernen Bollwerk, in das auf unterschiedlichen Höhen Öffnungen eingeschnitten waren. Auf der untersten Ebene, auf der sie sich befanden, war eine der Öffnungen von einem seltsam grünlichen Licht erhellt.
    »Vielleicht sind sie da drin«, sagte Riff und ging geradewegs durch die Öffnung hindurch. Orris folgte ihr als zweiter, dann Cree und Col. Sie befanden sich in einem Tunnel, der von blumenkohlartigen Gewächsen übersät war. Die Auswüchse schienen metallisch zu sein; zumindest aber sahen sie rostig aus und waren hart wie Eisen.
    Von der Decke tropfte warmes Kondenswasser auf sie herab.
    Nach etwa dreißig Schritten erschraken sie sich alle fast zu Tode. Von der Decke hing kopfüber ein Gesicht herunter.
    »Aiiiiiiiii!« Der Mund öffnete sich zu einem schrillen Schrei und ließ zwei Reihen scharf angespitzter Zähne erkennen. Das Gesicht gehörte einem jungen Mädchen, das ein metallenes Halsband trug und dessen blondes Haar in zwei langen Zöpfen herabhing.
    Kaum hatten sie begriffen, dass es sich um eine russische Dreckige handeln musste, war sie auch schon wieder verschwunden. Weder hatten sie sie auf die Schnelle freundlich begrüßen können, noch hatte Orris es geschafft, sein Russisch auszuprobieren.
    Als sie die Stelle erreichten, wo sich das Gesicht gezeigt hatte, entdeckten sie eine Öffnung in der Decke. Der Tunnel hatte sie zum Ende eines runden Schachts geführt, in dem eine Leiter nach oben führte. Hier fanden sie auch die Quelle des grünen Lichts: eine an der Wand hinter Maschendraht angebrachte Lampe. Sie begannen die Leiter emporzusteigen. Weiterhin keine Spur von dem Mädchen oder anderen russischen Dreckigen. Oben angekommen, fanden sie sich in einem ähnlichen Tunnel wie unten wieder. Wenigstens war der Jauchegestank nun schwächer geworden. Die Passage führte sie in einen weiteren riesigen Maschinenraum. Statt Antriebswellen sahen sie hier über sich gewaltige Räder und Zahnräder. Große Zahnräder, die kleinere, und kleinere, die große antrieben. Manche der Räder waren durch Ketten miteinander verbunden, andere durch Gurte, die über Trommeln liefen.
    Sie sahen nichts, was sich bewegte, und doch hörten sie ein fortwährendes Maschinengeräusch.
    Wusch-gaah ! Wusch-gaah ! Wusch-gaah !
    Es hörte sich an wie das leise Schnaufen und Keuchen eines schlafenden Ungetüms. Vielleicht kam es ja aus dem Kesselraum der Romanow .
    Sie gingen jetzt unter den Zahnrädern weiter, aber egal in welche Richtung sie Ausschau hielten, sie konnten nichts als Schatten erkennen.
    »Vielleicht sollten wir rufen«, schlug Orris vor.
    »Vielleicht hilft’s«, sagte Riff. »Also bei drei.«
    »Wie sollen wir denn auf Russisch rufen?«, fragte Jarvey.
    »Ruft einfach irgendwas,« sagte Riff. »Eins, zwei …« Sie holten alle tief Luft, aber weiter kamen sie nicht, denn plötzlich merkten sie, dass wie aus dem Nichts eine Gruppe von Menschen aus dem Schatten getreten war und sie umstellt hatte.
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    Die russischen Dreckigen waren kleiner und stämmiger als die des Liberator . Aber auch sie waren, wie früher die britischen Dreckigen, halbnackt und in Lumpen gehüllt, und sie hatten Zeichen auf ihre schmutzige Haut gemalt. Außerdem trugen sie Schmuck: Draht oder Metallstreifen, die zu Armbändern, Fußringen oder Halsketten gebogen waren. Alle Frauen und Mädchen trugen Zöpfe, die Männer Bärte und die Jungen zarten Flaum. Und alle hatten ihre Zähne nadelartig angespitzt, wie das Mädchen, das sie im Tunnel so erschreckt hatte.
    Sie war auch da und stolzierte frech vor ihnen auf und ab. Sie war vielleicht zwölf oder dreizehn und hatte ein breites Gesicht mit abstehenden Ohren. Offenkundig war sie sehr zufrieden mit sich. Die anderen russischen Dreckigen wirkten dagegen eher bedrohlich und böswillig.
    Col stieß

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