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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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fragte Col.
    »Ja, und um zu zeigen, wie gut wir jetzt leben«, sagte Riff.
    »Wie sie leben könnten, wenn sie sich befreien würden«, fügte Cree hinzu.
    Zwanzig Minuten später ließ sich das Kommando von einer der Transportschaufeln an Land bringen. Die schwüle Luft draußen traf sie wie ein Faustschlag; die ganze Welt war wie gelähmt. Aus der Ferne war fortwährend Donnergrollen zu vernehmen; Wetterleuchten erhellte immer wieder den Himmel. Auf dem flachen Deck der Romanow tat sich etwas, aber die hohen Brüstungen machten es unmöglich zu erkennen, was vor sich ging. Die anderen Juggernauts zeigten sich im Wetterleuchten nur als schwarze massige Umrisse. Sie schienen aber näher gekommen zu sein.
    Col roch den Erdboden schon, bevor die Transportschaufel ihn berührte. Hunderte fremde und vielversprechende Düfte drangen ihm in die Nase. Scharfe und süße Düfte, der Geruch von Holz und von Kräutern … noch nie in seinem Leben war er natürlicher Vegetation so nahe gewesen.
    Sie verließen die Transportschaufel und folgten Riff im Gänsemarsch über kurzes borstiges Gras, vorbei an Erdhügeln und Baumstümpfen. Insekten summten und surrten, das Buschwerk raschelte, kleine Lebewesen flogen in der Dunkelheit dicht an ihnen vorbei. Es war alles so viel lebendiger, als Col es sich jemals vorgestellt hatte.
    »Was’n das?«, rief Riff leise aus und blieb abrupt stehen. Sie hatten gedacht, dass der Rumpf der Romanow aus dunklen nackten Wänden bestände – aber von hier unten, vom Erdboden aus, erblickten sie unter dem Bauch des Juggernaut einen Lichtstreifen, der durch die Raupen hindurchschien.
    »Ich kann Umrisse erkennen, sie bewegen sich.«
    »Russen.« – »Was machen die da unten?«
    »Keine Ahnung.«
    Sie marschierten wieder los, ließen die Bäume hinter sich und stapften nun durch Morast. Plötzlich blieb Riff wie erstarrt stehen. Col folgte ihrem Blick und sah eine Art Matschklumpen, der sich ganz, ganz langsam bewegte.
    »Was zum …« Dunga gab ein unterdrücktes Fluchen von sich.
    »Wir sollten es in Ruhe lassen«, riet Padder.
    Aber Riff war anderer Meinung. »Ich will sehen, was es ist.«
    »Warum?« – »Darum! Ihr könnt ja hier warten!«
    Am Ende beschlossen sie aber, Riff über den sumpfigen Boden zu folgen. Das Ding bewegte sich weiterhin ganz langsam. Seine Spur im Schlamm wies ihnen den Weg. Je näher sie kamen, desto mehr sah das Ding wie ein Mensch aus, und zwar wie ein ganz bestimmter Mensch …
    »Lyes kleiner Spion«, sagte Dunga auf einmal.
    Es war unglaublich, aber wahr. Mr. Gibber war von Kopf bis Fuß mit Schlamm bedeckt, schien die Gewalt über ein Bein und einen Arm verloren zu haben und kroch ohne aufzusehen langsam vorwärts. Sie umringten ihn, während er weiterkroch, ohne sie wahrzunehmen, und ohne Unterlass ein Wort vor sich hinmurmelte.
    »Was sagt er denn?«, fragte Cree. Aber jetzt verstanden sie ihn: »Kriechen … Kriechen … Kriechen … Kriechen.«
    »Der is nich mehr ganz dicht«, sagte Jarvey.
    »Wie kann der noch am Leben sein?«, fragte Padder.
    Col blickte zurück entlang der Spur, die Mr. Gibber hinterlassen hatte. »Die Bäume müssen seinen Sturz abgefangen haben.«
    Riff nickte. »Die Russen haben ja nun wirklich sichergestellt, dass Lye und Shiv tot sind, aber sie sind nicht mehr dazu gekommen, nach Mr. Gibber zu suchen.«
    Col beugte sich zu seinem alten Lehrer und sprach ganz nah an seinem Ohr: »Hallo Mr. Gibber! Wir haben nicht im Entferntesten erwartet, Sie noch lebend vorzufinden.«
    Mr. Gibber hielt kurz inne und sagte dann etwas, das sich wie Nein anhörte.
    »Wir kommen vom Liberator . Ich bin Col Porpentine.«
    »Kann nicht hören, nicht sehen, nicht denken«, murmelte Mr. Gibber. »Bin nicht am Leben.«
    »Natürlich sind Sie am Leben.«
    »Ich bin abgestürzt und gestorben. Leiche von Mr. Gibber. Erde zu Erde. Aufgefressen von Würmern. Iiih.«
    »Was hab ich euch gesagt«, mischte sich wieder Jarvey ein. »Der is nich ganz dicht.«
    »Kein Wunder, bei dem, was er durchgemacht hat«, sagte Orris.
    »Wann hat er wohl das letzte Mal gegessen und getrunken?«, fragte Cree.
    »Vor anderthalb Tagen«, antwortete Riff. Dann zeigte sie auf Mr. Gibbers schmutzigen Mund, der fast den Boden berührte. »Aber er ist bestimmt auf Wasser gestoßen.«
    Col sprach ihn wieder an: »Wo wollen Sie hin, Mr. Gibber?«
    »Ewige Ruhe. Das Nichts. Erde zu Erde. Würmer und Maden.«
    Dann stieß sein Kopf gegen Padders Schienbeine.
    Er versuchte, weiter

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