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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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geht’s!«
    Er rannte los, und die anderen sprinteten hinterher. Das Gras war noch feucht vom Regen und glitzerte in der Sonne. Col raste durch die Pfützen, als seien sie nicht vorhanden. Kein einziges Mal schaute er sich um, ob die anderen ihm folgten. Er fühlte sich vollkommen sicher und vollkommen unbekümmert. Während er nach vorn blickte, sah er, dass der Schlauch in Abständen durch irgendwelche Apparaturen geführt wurde. Pumpen vielleicht. Die russischen Soldaten blickten alle zum Liberator hinüber und hatten bislang nicht bemerkt, dass sie sich näherten. Sie wussten ja auch nicht, dass auf dem Hauptsegment ihres eigenen Juggernaut gerade eine Revolution stattgefunden hatte.
    Col hielt sich so weit wie möglich von den Soldaten entfernt und lief zu dem Schlauch. Der bestand aus einem roten gummiartigen Material und hatte einen Durchmesser von etwa sechzig Zentimetern. Col schwang seinen Degen und ließ die Klinge heruntersausen. Sie schnitt durch den Schlauch, zertrennte ihn aber nicht ganz; zischend entwich etwas gelbes Gas. Es roch übel und schmeckte gleichzeitig bitter und süß.
    Dann rief eine Stimme etwas laut auf Russisch: Es war ein Warnruf. Col fühlte, dass der Rest des Kommados in der Nähe war. Er schwang den Degen ein zweites Mal, aber Cree packte ihn am Ellbogen und brüllte: »Lauf!« Es waren nicht die russischen Soldaten, vor denen sie flohen, sondern das Gas selbst, das durch den Schnitt im Schlauch entwich.
    Col rannte mit den anderen mit, hatte aber das Gefühl, seinen Auftrag nicht richtig erledigt zu haben. Was, wenn die Russen den Schlauch einfach flicken würden? Er bremste rutschend und blickte zurück.
    »Wartet hier!«, rief er.
    »Was?«
    »Gebt mir Feuerschutz!«
    Er rannte zu einer anderen Stelle des Schlauchs und sah, dass er sich in der Nähe eines der Apparate befand, die er von weitem gesehen hatte: ein eigenartiges Gerät auf Rädern mit einem großen zentralen Blasebalg, der sich in regelmäßigen Intervallen aufblähte. Das war’s! Den Pumpapparat würden die Russen so schnell nicht reparieren können. Er steuerte darauf zu. Schüsse fielen, aber er wusste nicht, ob sie von den russischen Soldaten stammten oder von Riffs Pistole oder Dungas Gewehr. Er war noch immer durchdrungen von diesem merkwürdigen Gefühl von Lebendigkeit.
    Er stürzte sich auf die Pumpe, die leise vor sich hin puffte, und stach mit der Klinge mitten ins Herz des Mechanismus. Col hörte ein leises Kreischen, dann hörte das Puffen auf. Wieder und wieder stieß er in die Maschine – und versetzte dann der Pumpe den Todesstoß, indem er die Klinge tief in den Blasebalg stieß. Mit einem keuchenden Schnaufen entwich eine große gelbe Gaswolke. Col sprang um einen Sekundenbruchteil zu spät zurück, und das giftige Zeug blies ihm direkt ins Gesicht: seine Augen tränten, seine Nase schmerzte und seine Luftröhre brannte wie Feuer.
    »Nicht einatmen«, schrie Riff.
    Die anderen hatten ihn erreicht – halb zerrten, halb trugen sie ihn weg, hin zur sauberen Luft. Jemand schlug ihm hart auf den Rücken, dann musste er kräftig husten und spucken.
    »Kannst du laufen?«, fragte Riff. Col holte vorsichtig Luft und spürte, dass das Gas nicht in seine Lungen eingedrungen war. Er nickte. Eine Hand, die sich wie die von Riff anfühlte, ergriff die seine. Er war noch immer tränenblind und stolperte hinter der Hand her, die ihn zog. Pflanzen schlugen gegen seine Beine, Matsch saugte an seinen Füßen. Er hörte Gewehrschüsse, die vielleicht von den russischen Soldaten stammten, aber in immer unregelmäßigeren Abständen zu hören waren.
    »So, das reicht«, sagte Riff.
    Die Hand zog ihn auf die Erde, und er fand sich zwischen kleinen Ästen und Blättern wieder. Er rieb sich die Tränen aus den Augen und blickte mit verschwommenem Blick um sich. Das Kommando hatte Unterschlupf in einem dichten Gebüsch gefunden. Col sah sich um, konnte jedoch keine Verfolger entdecken. Hinter ihnen schwebte eine enorm große gelbe Gaswolke direkt auf die Romanow zu. Die ihnen am nächsten stehenden Soldaten trugen grüne Uniformen. Zu ihrer Linken verlief über einem hölzernen Gestell einer der erhöhten Plankenwege. »Wir haben’s geschafft«, sagte Cree.
    Dunga sah zu Col und schüttelte den Kopf. »Du bist verrückt«, knurrte sie.
    Sie sahen, wie Lichtbomben gegen den Liberator geschossen wurden; schon ragten Rauchsäulen in den Himmel. Die Truppen marschierten weiter, das ganze Aufmarschfeld brummte geradezu vor

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