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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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sehen – ihr gewaltiges Siegeslied dröhnte wie Donner.
    »Die Garde weiß nicht, dass der Zar aufgegeben hat«, sagte Riff.
    »Wie können wir ihnen das sagen?«, fragte Col. Und beide hatten dieselbe Antwort. »Unja.«
    Aber Unja stand nicht mehr bei ihnen; sie stand an der Brüstung und lehnte sich hinüber. Zweifellos wollte sie sehen, wo die Tyrannen zu Tode gekommen waren.
    »Unja! Unja!«, riefen Col und Riff.
    Sie drehte sich um, und in ihrem Gesicht zeigte sich nicht der erwartete Jubel, sondern Schock und Entsetzen. Sie gab einen Ton von sich, der sich wie ein Krächzen anhörte.
    71
    Eine unglaubliche Szenerie breitete sich vor ihren Augen aus, als sie über die Brüstung sahen. Tausende imperialistische Soldaten hatten sich in Formation aufgestellt. Es war ein riesiges Aufmarschgelände, das vom Liberator und der Romanow begrenzt wurde, auf der anderen Seite von der Marseillaise und ihr gegenüber von der österreichischen Prinz Eugen und der türkischen Topkapı . Die Truppen der verschiedenen Juggernauts trugen Uniformen in verschiedenen Farben: rot, grau, grün und blau. Der Kampf war bereits in Gange.
    »Und wir haben geglaubt, wir hätten gesiegt«, murmelte Riff vor sich hin.
    »Von wegen die Romanow besiegt«, sagte Col.
    »Kein Wunder, dass so wenige Menschen an Bord waren.«
    »Hatten nur die Alten zurückgelassen.«
    Der Liberator lag wie eine belagerte Burg da. Dreckige, Sträflinge und Protzer feuerten aus den halb heruntergelassenen Transportschaufeln, die als Unterstände dienten. Andere feuerten aus den Bullaugen an der Seite des Liberator . Ihre Gegenspieler waren Scharfschützen, die in den Fesselballons der Marseillaise Stellung bezogen hatten.
    Jetzt hatte sich auch der Rest des Kommandos zu Col, Riff und Unja gesellt. Jarvey und Cree keuchten vor Schreck, als sie über die Brüstung blickten, Orris stöhnte und Dunga fluchte. »So viele!« – »Wir haben keine Chance.«
    »Nicht nur Soldaten«, knurrte Riff, »auch Kriegsmaschinen.« Sie deutete auf einen Bereich auf dem Gelände, wo Hunderte Radfahrzeuge in Reihen aufgestellt waren. Von dieser Höhe aus ähnelten sie schwarzen Käfern mit silbern glänzenden Panzern.
    Und da war noch mehr. Col entdeckte mächtige Messingrohre, die in einem Winkel von etwa fünfundvierzig Grad auf den Liberator gerichtet waren. Er sah einen gewaltigen roten Schlauch, der sich vom zweiten Segment der Romanow um das ganze Terrain herum zog. Und ganz im Zentrum der imperialistischen Truppen …
    »Was’n das?«, fragte Dunga, bevor er selbst die Frage stellen konnte.
    Es war eine Art achteckiger Turm – am unteren Ende offen, am oberen geschlossen. Masten mit wehenden Fahnen standen an allen acht Ecken, und Banner umhülltem die eisernen Beine.
    »Muss was Wichtiges sein«, sagte Riff.
    Von allen Seiten führten erhöhte Plankenwege zu dem Turm, wie Bänder, die zwischen die Truppenformationen gelegt waren.
    Wwwusch ! Aus einem der Messingrohre schoss ein gleißend heller Lichtball hervor. Er flog hoch in die Luft, schien dort für einen Moment zu verweilen und fiel dann im Bogen zum Liberator herab. Er verfehlte die Transportschaufeln und schlug gegen eine Seitenwand. Beim Aufprall loderten weißglühende Flammen auf.
    Wwwusch ! Wwwusch ! Wwwusch ! Wwwusch !
    Vor Cols Augen flimmerten schwarze Punkte. Von allen Seiten des Geländes wurden nun Lichtbälle abgefeuert. Manche erreichten den Schiffsrumpf nicht; andere flogen vollständig über den Juggernaut hinweg und verpufften im Niemandsland; zwei schlugen in der Nähe ein. Die Richtschützen waren wohl noch dabei, die Reichweite korrekt einzustellen.
    »Wir müssen etwas tun«, sagte Col.
    »Aber was?«, fragte Cree.
    »Den Schlauch abtrennen, das wär doch mal ’n Anfang«, sagte Riff. »Wir müssen rauskriegen, wo er herkommt.«
    Col wusste schon, wo er herkam – nämlich vom zweiten Segment der Romanow , der sich vom Hauptteil des russischen Juggernaut gelöst hatte. Und jetzt dämmerte ihm auch, wozu der Schlauch diente. »Ich wette, damit schicken sie das gelbe Gas nach vorn.«
    Orris verzog das Gesicht. »Die Lieblingswaffe der Russen.«
    »Die werden alle auf dem Liberator vergiften.«
    »Aber wie kommen wir schnell da runter?«, fragte Jarvey. Col biss sich auf die Lippe. Es würde ewig dauern, mit dem Fahrstuhl nach unten zu fahren, dann durch die Doppelröhre zu rennen und zum Maschinenraum …
    »Ich weiß«, rief Dunga. »Da!«
    Sie folgten mit den Augen ihrem ausgestreckten Arm, und

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