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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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vorne.
    Der Fahrer würgte, und seine Augen traten hervor. Zwar sprach er Dungas Sprache nicht, aber er verstand auch so, was gemeint war.
    Während er einen Griff drehte, einen Hebel hinunterdrückte und mit seinem Fuß auf ein Pedal trat, waren Riff, Cree und Jarvey auf den Tieflader gesprungen. Die Maschine gab eine zischende Dampfwolke von sich und zog mit einem Ruck an. Bald arbeiteten Kolben und Pleuelstangen gleichmäßig.
    Da der Führerstand nur Platz für eine weitere Person bot und Cols Degen in dieser Enge praktischer war, sprang Dunga ab und gesellte sich zu den anderen auf den Tieflader. Nachdem sie den Unterstand hinter sich gelassen hatten, waren sie an keiner Seite mehr gedeckt. Der Turm sah nun viel größer aus als zuvor, er war nur noch weniger als zweihundert Meter entfernt. Aber zweihundert Meter zurückzulegen dauerte in dieser Situation eine Ewigkeit.
    Col zeigte auf den Turm, doch der Fahrer schüttelte den Kopf. Vielleicht hatte er inzwischen erraten, was sie vorhatten; auf jeden Fall weigerte er sich zu kooperieren. Col ergriff daraufhin kurzentschlossen selbst das Lenkrad und steuerte mit einer Hand. Es war ein großes Eisenrad von fast einem Meter Durchmesser. Der Fahrer fluchte, aber der gegen seinen Hals gehaltene Degen hielt ihn davon ab, um die Kontrolle über die Maschine zu kämpfen.
    Die Zugmaschine drehte nach links, und der Tieflader folgte. Col nahm den Kommandoturm ins Visier. Der Weg war von Truppeneinheiten verstellt, aber er versuchte erst gar nicht, um sie herumzufahren. Schreiend stoben sie auseinander.
    Jetzt hatten die Soldaten sie entdeckt. Dunga, Riff, Jarvey und Cree standen gut sichtbar neben den Glaskolben.
    Soldaten legten ihre Waffen an, Offiziere brüllten Befehle. Col versuchte sich zu ducken, als die ersten Schüsse abgegeben wurden. Eine Kugel brachte das eiserne Lenkrad zum Klingen, eine andere streifte seinen Degen und riss ihn fast aus seiner Hand, aber Col wurde nicht getroffen. Der Fahrer jedoch gab ein hustendes Geräusch von sich und sackte dann über dem Lenkrad zusammen. Col versuchte ihn wegzuziehen, aber es gelang nicht. Der Kopf des Fahrers lag auf dem oberen und sein Brustkorb auf dem unteren Teil des Lenkrades, und irgendwo dazwischen hatte sich sein linker Arm in den Speichen verhakt. Col konnte zwar keine Wunde sehen, aber er sah Blut auf den Boden tropfen. Der Mann musste sofort tot gewesen sein. Die Lokomobile setzte ihren Weg einfach fort, denn der Fuß des toten Fahrers drückte das Pedal noch immer nach unten, und sein Körper hielt das Lenkrad auf dem richtigen Kurs.
    Mehr Geschrei. Mehr Schüsse. Die Dreckigen auf dem Tieflader hinter ihm brüllten: »Col! Hierher! Zu uns!«
    Plötzlich griff ihm jemand unter die Achseln und zerrte ihn über das Drahtgitter auf den Tieflader.
    »Was soll das?«, rief er unwirsch. Sie zerrten ihn nach unten ins Stroh, und als er neben den Glaskolben stand, stach ihm die Eiseskälte ins Fleisch.
    »Hier können sie nicht auf uns schießen«, erklärte Riff.
    »Natürlich können sie …«, setzte Col an, aber dann hielt er inne. Das Feuer war vollständig eingestellt worden. Er schaute hinaus und erblickte Hunderte auf sie gerichtete Waffen; aber nicht ein Soldat gab einen Schuss ab.
    »Sie haben nur auf dich geschossen«, sagte Riff. »Auf uns können sie nicht schießen; sie würden dann nämlich auch die Glaskolben treffen …«
    Col nickte langsam. »… und eine Explosion auslösen.«
    Riff grinste. »Niedlich, was?« Ihre Augen funkelten wild, verzweifelt und jubilierend zugleich. So hatten sie also doch ein bisschen Glück gehabt mit dem toten Fahrer, der sie direkt zum Turm brachte. Aber würde die Glückssträhne anhalten? Wann würden die feindlichen Offiziere mit einer Gegenstrategie kommen? Im Moment stritten sie nur heftig miteinander. Col hätte ihnen am liebsten die Zunge rausgesteckt und Ätsch gesagt. Stattdessen wandte er sich zum Liberator .
    Die Rauchwand war dünner geworden, dünn genug, um Tausende von Soldaten sichtbar werden zu lassen, die im Niemandsland auf den Liberator zu marschierten. Rot-, Blau-, Grau- und Grünuniformierte hatten sich zum entscheidenden Angriff vereint. Vermutlich hatte die erste Linie den Liberator sogar schon erreicht …
    Aufgeregt geschriene Befehle erinnerten ihn wieder an ihre eigene Lage. Der Tieflader hatte schon die halbe Strecke zum Turm zurückgelegt, doch anscheinend hatten die Offiziere jetzt herausgefunden, wie sie vorgehen konnten. Auf ihren

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