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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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Sogar Dreckige sterben, denn Lye lässt sie längere und längere Schichten arbeiten und sperrt sie in die Schlafsäle, wenn sie nicht auf Schicht sind. Hatten sich zwar freiwillig entschieden, an den Maschinen zu arbeiten, aber jetzt sind sie wieder Sklaven!«
    »Und was ist mit dir?«, fragte Riff.
    »Bin vor ein paar Tagen eingeteilt worden, Unten meine Schichten abzureißen. Habe aber trotz der Bandagen überlebt.«
    Riff zog ihre Augenbrauen in die Höhe. »War das vor der Kollision?«
    »Klar. Seitdem ist keiner mehr Unten.«
    »Und warum wir dann?«, fragte Col. »Warum haben sie uns ausgesucht, die Maschinen zu überprüfen?«
    Dunga hob ratlos die Schultern. »Keine Ahnung.«
    »Gefällt mir nicht«, sagte Riff.
    Col konnte sich auch keinen Reim darauf machen, aber zumindest hatten seine Leute Riff und Dunga an ihrer Seite, die ihnen helfen konnten, Unten zu überleben.
    Er sah sich um. Orris, Quinnea und Sephaltina hatten sich in eine Ecke des Käfigs verzogen, Gillabeth und Antrobus mit Murgatrudd in eine andere. Mr. Gibber saß für sich allein am Fuß der Leiter, hielt die geöffnete kleine Dose vor sich und stierte hinein.
    Col runzelte die Stirn. Er hatte seinen alten Lehrer ja nie verstanden, aber diese letzte Entdeckung war die unverständlichste von allen. Mr. Gibber musste gemerkt haben, dass ihn jemand beobachtete, denn plötzlich schloss er die Dose und warf Col einen Blick zu, der teils trotzig und teils unterwürfig war.
    »Du brauchst mich gar nicht so anzugucken«, sagte er. »Ihr hasst mich ja sowieso alle.«
    Col reagierte nicht, sondern betrachtete ihn einfach weiter.
    Mr. Gibber wurde immer unruhiger unter dem prüfenden Blick. »Ihr wisst ja gar nicht, was es heißt zu lieben!«, brach es dann aus ihm heraus. »Bedingungslose Liebe! Grenzenlose Liebe!«
    »Liebe?« Col blinzelte. »Was, Sie und Lye?«
    »Du armseliger kleiner Mann«, mischte sich jetzt Gillabeth ein. »Für Lye bist du ein Nichts!«
    »Natürlich bin ich das.« Mr. Gibber war nicht verletzt durch diesen Satz – im Gegenteil. »Sie ist alles, und ich bin nichts. Jede Strähne ihres Haars ist mehr wert als mein gesamter Körper. Schönes, wunderschönes Haar! Und ihr Körper! So hochgewachsen, aufrecht und elegant!«
    Dank ihres Korsetts, dachte Col.
    »Und was bin ich?« Mr. Gibber drehte seine Augen in alle Richtungen, so als suche er eine Antwort – oder zumindest die Aufmerksamkeit aller. »Mit meiner blöden Nase und meinem blöden Gesicht und meinen blöden kurzen Beinen! Glaubt ja nicht, dass ich das nicht weiß! Ich bin nichts als ein gescheiterter schlechter Lehrer. Niemand kann mit mir etwas anfangen. Alles, was ich gelehrt habe, gilt nicht mehr. Sie muss mich nicht lieben. Meine Liebe erwartet keine Erwiderung.«
    »Wie hat das eigentlich alles angefangen?«, fragte Col.
    »Du meinst, wie meine Liebe begonnen hat?« Mr. Gibber legte die Hand aufs Herz. »Ach, sie hat in der Akademie nach mir gesucht. Sie brauchte einen Schildermaler, und ich habe ihr meine Hilfe angeboten. Sie erschien mir wie eine Vision der Vollkommenheit.«
    So hatte es sich also abgespielt: Da die Dreckigen noch nicht schreiben konnten, brauchte Lye einen Protzer, wenn sie Schilder anfertigen lassen wollte. Und wo, wenn nicht in der Schule, sollte sie nach so jemandem suchen?
    »Alle Schilder, die ihr auf dem Orlopdeck gesehen habt, stammen aus meiner Feder«, fuhr Mr. Gibber fort. »Erst wurde ich ihr Schreiber und dann ihr hingebungsvoller Verehrer.«
    »Und ihr Spion«, fügte Riff hinzu.
    »Ich hatte keine Wahl. Ich muss einfach alles tun, was sie von mir verlangt. Meine Leidenschaft hat über die Vernunft gesiegt.«
    »Du hast es aber sehr gerissen angestellt«, stellte jetzt Gillabeth fest.
    »Ja«, sagte er. »Gerissen genug, um euch alle zu täuschen.« Auf Mr. Gibbers Gesicht zeigte sich eine Art Selbstgefälligkeit. »Ihr hättet wohl nie geglaubt, dass euer bescheidener alter Lehrer solcher Dinge fähig wäre?«
    »Dann haben Sie also Victoria und Albert entführt.«
    »Natürlich, natürlich. Ich habe sie dazu gebracht, die Bibliothek zu verlassen, indem ich ihnen erzählt habe, dass Beddle und Morkins – die ich schon vorher vor die Tür gelockt und den Rotarmbinden übergeben hatte … dass also Beddle und Morkins draußen auf dem Korridor in einen Streit mit Dreckigen geraten seien und sie ihnen zu Hilfe kommen müssten. Ihr hättet mal ihre Gesichter sehen sollen, als sich draußen die Rotarmbinden auf sie

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