Liberator
beiden an!« Sie zeigte auf Riff und Col.
Einer der Rotarmbinden fragte: »Sollen wir ihnen nicht die Fußfesseln abnehmen?«
»Nein.«
»Aber …« – »Was aber?«
»Mit den Fußfesseln werden sie die Maschinen kaum überprüfen können.«
»Da gibt es sowieso nichts mehr zu überprüfen. Sie sind kaputt und nicht zu reparieren.«
Mr. Gibber holte tief Luft und begann: »Ich dachte …«
»Sie gehen nach Unten, um Unten zu bleiben«, stellte Lye klar. »Von mir aus sollen sie Unten verrecken.«
Col blieb der Mund offen stehen. Das war nichts weniger als ein Todesurteil. Er hatte keinen Zweifel daran gehegt, dass Lye ihn und seine Familie für immer loswerden wollte – aber Riff? Nach all den Freundschaftsbeteuerungen, nach all der Heldenverehrung … Konnte das alles von einer Sekunde zur anderen in Hass umschlagen?
Lye vermied es, Riff anzusehen. »Du darfst jetzt mit mir kommen«, sagte sie zu Mr. Gibber. »Ich muss zurück zum Großen Versammlungssaal.«
Die drei Rotarmbinden gingen hinüber zu der Abseilvorrichtung und banden die losen Seile an der Seite des Käfigs los. Lye war schon halb die Leiter hochgestiegen, während Mr. Gibber noch immer mit Murgatrudd auf dem Schoß da saß. »Ist gut. Ist gut«, murmelte er. Man hätte meinen können, er spräche zu Lye. Aber er sprach zu seinem Schoßtier, denn plötzlich gab Murgatrudd ein lautes Schnurren von sich.
»Komm, mein kleiner Spion. Beeil dich«, rief Lye ihm durch die Luke zu. Mr. Gibber erhob sich mit Murgatrudd in seinen Armen und ging zur Leiter. Die kleine Dose, die Lyes kostbare Haarsträhnen enthielt, stand noch auf dem Boden des Käfigs.
»Sie haben …« begann Col ganz automatisch, doch er hielt inne, als etwas in seinen Schoß fiel.
Mr. Gibber war auf dem Weg zur Leiter dicht am ihm vorbeigegangen und hatte einen kleinen schimmernden Gegenstand in Cols Schoß fallen lassen. Es war der Schlüssel, mit dem er seine Fußfesseln aufgeschlossen hatte!
51
Col traute seinen Augen kaum. Aber ob der Schlüssel auch die anderen Fußfesseln öffnen würde? Bevor er danach greifen konnte, war Riffs Hand schon herübergeschossen und hatte ihn gepackt.
»Lass mich probieren«, zischte sie Col zwischen den Zähnen zu. Sie beugte sich nach vorn und steckte den Schlüssel ins Schloss der rechten Fußfessel – er passte. Als sie ihn drehte, ertönte ein ganz leises Klick , und die Manschette sprang auf.
Währenddessen waren die Rotarmbinden noch immer damit beschäftigt, die Abseilvorrichtung klarzumachen. Eine Ratsche gab ein klackendes Geräusch von sich, als sie den Flaschenzug in Bewegung setzten. Das eine Ende des Seils bewegte sich nach oben, das andere nach unten; dabei wurden Schlaufen sichtbar, die daran baumelten.
Riff schloss auch die andere Manschette auf, streifte sie aber nicht ab. Sie war gerade fertig, als einer der Rotarmbinden zu ihnen herüberkam.
»Ich erst«, sagte Riff. Sie erhob sich und drehte sich halb zu Col. »Bis später«, sagte sie und schüttelte ihm die Hand zum Abschied. Col spürte, wie sie ihm den Schlüssel in die Hand drückte. »Warte, bis ich das Signal zum Angriff gebe«, flüsterte sie fast lautlos.
Die Rotarmbinde ergriff sie bei den Schultern, und sie bewegte sich mit winzigen Schritten, damit die Fußfesseln sich nicht von allein lösten, zu der geöffneten Drahttür. Ihr Begleiter schob sie zu den Seilen.
»Füße in die Schlaufe.«
»Ich weiß, was ich zu tun habe.«
Col wartete, bis alle drei Rotarmbinden damit beschäftigt waren, Riffs Füße in die Schlaufen zu bekommen. Dann steckte er den Schlüssel in die linke Fußfessel. Eine Drehung, ein Klick, und das Schloss war offen. Auch er klappte die Manschette nicht auf.
Als die Rotenarmbinden langsam das Seil durch den Flaschenzug gleiten ließen, wurde Riff jeweils fünfzehn Zentimeter auf einmal herabgelassen. Sie stand in der Schlaufe und hielt sich am Seil fest. Klack-Klack-Klack machte die Ratsche. Col schloss seine rechte Fußfessel auf.
Dann blieb die Ratsche stehen. Riff war unter dem Käfig verschwunden, dafür wartete nun eine Schlaufe vor der offenen Tür auf Col.
Ein anderer der Rotarmbinden kam, um ihn zu holen. Col ahmte Riffs winzige Schritte nach. Er hätte den Schlüssel lieber an Dunga oder Gillabeth weitergegeben, aber sein Vater saß am nächsten. Unauffällig schnippte er den Schlüssel in Orris’ Richtung. Da kein Klimpern zu vernehmen war, musste er in seinen Schoß gefallen sein. Ob Orris wohl wusste, was er
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