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Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Rosen
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Ernesto sich anstrengen musste, sie zu verstehen. Außerdem schien etwas mit ihrem Mund nicht zu stimmen. Ihre Lippen waren aufgedunsen und steif und die Zunge in ihrem Mund war angeschwollen und stakste wie ein Fremdkörper zwischen ihren verzerrten Lippen hervor.
    »Er – lügt. – Er – ist – es – der…«
    Und in diesem Moment begriff Ernesto, dass sie die Wahrheit sagte. Er hatte sich nicht geirrt, als er in ihrem Blick – als er sie zurück in ihr Bett getragen hatte – Lauft! gelesen hatte.
    Sein Vater.
    Die ganze Zeit sein Vater.
    Der Barfußgeher.
    Der Barfußgeher und die kleine Ruby Kyriacou in den Wäldern des Cedar Creek Valley.
    Und der Panther?
    Der Panther…
    Der Panther…
    Konnte der Panther – auch ein Jaguar sein? Ein silberner Jaguar? Die Kühlerfigur auf der Motorhaube eines Jaguars, wie sein Vater ihn früher besessen hatte, ehe er verunglückt war… Hatte er den Wagen jeweils am Waldrand geparkt, ehe er zu Fuß losgelaufen war, um… um Ruby zu – treffen? Hatte sie das Auto mit dem sprungbereiten Tier gekannt? Gut gekannt? Schmerzhaft gut gekannt? Hatte sie einfach nur die Namen der beiden wilden Tiere verwechselt?
    Dr. Merrill warf einen Blick in sein Gesicht, dann maß er seine zusammengekrümmt dasitzende Frau mit mitleidlosen Augen. »Na, fühlst du dich jetzt besser?«, fragte er fast freundlich. »Sondra? Ist es jetzt – endlich gut?«
    Mrs Merrills Augen waren weit aufgerissen und grelle Panik stand in ihnen.
    »Jahrelang habe ich es geschafft, dich ruhig zu halten.« Er lachte leise. »Musste nur warnend eines deiner lächerlichen – Schmusekätzchen töten, wenn du unartig werden wolltest, und schon warst du wieder still. Ach, die vielen, armen Tierchen, nicht wahr?«
    Ernesto stand wie gelähmt da, während der Schock in Wellen über ihn hereinbrach.
    Liberty Bells Hand war eiskalt geworden und sie klammerte sich an seiner Hand fest, dass es ihn geschmerzt hätte, wenn er nicht völlig starr und gefühllos gewesen wäre in diesem Moment. Ihre Fingernägel bohrten sich tief in das Fleisch seiner Haut.
    »Lass sie los«, sagte sein Vater da leise und deutete auf Liberty Bells Hand. »Sie gehört dir nicht. Sie. Gehört. Mir.«
    Die Worte hallten in Ernestos Ohren nach.
    »Ich wusste es gleich, als ich zum ersten Mal von ihr hörte«, fuhr Dr. Merrill mit starrer Miene fort. »Dieses – dumme Mädchen, Ruby, wurde ärgerlicherweise fast zeitgleich mit deiner Mom, Ern, schwanger. Dabei habe ich immer aufgepasst, wenn ich… zu ihr ging… Aber eines Tages…«
    Dr. Merrill schaute einen Moment gedankenverloren vor sich hin. Ein dünnes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Sie… sie wehrte sich an diesem Tag heftig… Da – nahm ich sie in der Eile – ohne Verhütungsmittel. Und so passierte es eben…«
    Ernesto wollte schreien, sich auf seinen Vater stürzen, ihn am Weiterreden hindern, aber er konnte sich nicht rühren. Wie erstarrt stand er da und die Worte seines Vaters hallten dröhnend wie Geschosse in seinem Kopf nach.
    Das verschlossene Haus. Der einzig mögliche Ausgang aus diesem… Wahnsinn befand sich ein Stockwerk tiefer zwischen dem geräumigen Keller und der Garage. Wie sollten er und Liberty Bell dorthin gelangen? Und was war mit seiner kranken Mutter? Er konnte sie doch nicht einfach zurücklassen.
    »Na, grübelst du bezüglich der Einzelheiten, Ern?«, fragte Dr. Merrill in diesem Moment und lächelte beinahe herzlich. Wenn er nicht so wahnsinnig blass gewesen wäre –, und wenn nicht dieses irre Flackern in seinen Augen gewesen wäre – hätte man meinen können, dem ganz normalen, erfolgsverwöhnten Dr. Stanley Jonathan Merrill in seinen vertrauten, privaten Behandlungsräumen gegenüberzustehen.
    »Was… was hast du mit ihr gemacht?« Ernesto wies mit einer Kopfbewegung auf seine halb besinnungslose Mutter. Seine Stimme klang gepresst und gefährlich nah am Weinen.
    Dr. Merrill zuckte mit den Schultern. »Mach kein so böses Gesicht, Ern. Es war nur ein – sagen wir – kleines, feines Nervengift, um sie… ruhigzustellen. Ich kann ihr jederzeit das Gegenmittel spritzen, dann wird sie – wieder einigermaßen zu sich kommen, denke ich. Dann hätte sie die Chance zu überleben. Und Ern – denk bitte daran, dass nur ich weiß, wo dieses Gegengift ist. Für den Fall, dass du glaubst, die Sache hier mit roher körperlicher Gewalt lösen zu können. Denn du bist mir ja leider nun etwas überlegen.«
    Er rollte auf seine Frau zu und fuhr ihr

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