Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)
von ihm zu erwarten und er war froh darüber, denn er wusste keine.
6
M ist. Und jetzt?«, fragte Darayavahush besorgt.
»Fast Mitternacht«, fügte Mose mit Blick auf seine Uhr hinzu.
»Also, noch mal zum Mitdenken, Jaden…« Diesmal sprach Ronan und bedachte den neben ihm Sitzenden mit finsterer Miene. »Wie ist der genaue Stand der Dinge?«
»Das hat der Arsch doch nun oft genug berichtet!« Auch Salvador sah wütend aus.
»Berichtet?«, regte sich Dara auf. »Aus der Nase mussten wir es dem Feigling ziehen. Wort für Wort! – Mann, Salva, ruf mal den Dreibeinigen zurück. Ich bin allergisch gegen so viel Hundezungenessenz und dein Köter bearbeitet mich dauernd mit seiner Sabberzunge!«
»Selber schuld. Warum musstest du dich auch komplett mit Moo-Shi bekleckern?«
Darayavahush bedachte Salvador mit einem gereizten Blick. »Das war ein Versehen, Mann! Oder glaubst du, ich kippe mir aus purem Spaß so eine Riesenladung chinesischen To-go-Kram über die Levis? – Daran ist nur Jaden mit seiner Horrorstory schuld: Cal, das Ekel, niedergestochen vom nackten Waldmädchen und Ernesto verschollen in der Pampa! Verdammt, wie soll es denn jetzt weitergehen?«
Die Freunde sahen sich besorgt an.
»Cal war aus gutem Grund stinksauer, das habe ich euch ja schon hundertmal erklärt«, erklärte Jaden ebenfalls zum ungefähr hundertsten Mal. »Er wollte doch nur ein paar Bilder von der Tussi machen. Und vielleicht einen kurzen Film mit seinem Smartphone drehen. Und sie hat plötzlich ein Messer in der Hand und sticht zu wie eine Wilde.«
»Der Spanner«, murmelte Mose.
Jaden fuhr herum. »He, Dara hat genau das Gleiche gemacht: Er hat die Verrückte auch gefilmt!«, schnauzte er Mose an.
»Das war etwas komplett anderes«, brummte Darayavahush und schob Dalí zum wiederholten Male von sich.
»Sie sind also zu Dr. Rodriguez, der ihm das Messer aus dem Arm gepopelt hat«, fasste Salvador zusammen.
»Ausgerechnet der Schnösel«, seufzte Ronan.
»Was heißt Schnösel?«, murmelte Darayavahush. »Er muss verdammt gutes Erbmaterial haben. Denkt an Liza! Allah sei Dank für Dr. Rodriguez’ heilige Lenden! Ist ihnen doch das Busenwunder entsprungen…«
»He, nun lass doch mal das Sexgelaber, Hush. Wir haben echt ein Problem«, wandte Mose ärgerlich ein und verpasste seinem besten Freund eine Kopfnuss.
»Was habt ihr? Mose, bist du eigentlich mal auf den Trichter gekommen, dass jeder einzelne Mensch, der auf dieser beknackten Welt herumläuft, nur existiert, weil irgendjemand Sex hatte? Eltern, Großeltern, Lehrer, Zahnärzte? Sogar Mohammed und den Papst gibt es nur, weil ihre Eltern es getan haben… Aber, okay, wie ihr wollt: Sexgedanken einfrieren. Ernestoradar einschalten«, grinste Darayavahush und setzte sich kerzengerade auf. Dalí hatte sich währenddessen an den Saum seiner sojasoßenbekleckerten Jeans herangeschlichen.
»Wir können jedenfalls froh sein, dass Cal vorerst seine Klappe gehalten hat«, fuhr Ronan fort.
Jaden schaute ihn nicht an. »Nur, weil er komplett durch den Wind war. Er hatte echt eine Menge Blut verloren. – Mein Vater wird ausflippen, wenn er morgen den Wagen…«
»Und der Doc?«, unterbrach Salvador ihn brüsk. »Was ist mit dem?«
»Der hat natürlich immer wieder drauf rumgehackt. Wollte unbedingt von mir wissen, was abgegangen war. Mit wem. Und wo. Und so. Ich hab mich dann aus dem Staub gemacht.«
»Aber morgen wird dein schmieriger Cousin mit Sicherheit auspacken. In der ganzen Bandbreite.« Ronan rieb sich mit der Hand über die Stirn.
Dazu sagte Jaden nichts. Aber das musste er auch nicht. Sein Cousin war von Lizas Vater die Nacht über im Krankenhaus untergebracht worden. Zur Beobachtung. Klar würde er morgen früh mit der Sache nicht hinterm Berg halten.
»Sie werden natürlich rausfahren«, seufzte Ronan. »Bullen, Presse, Fernsehen, der ganze Wahnsinn… So ein Ding bekommt man ja nicht alle Tage geboten.«
»Die Kleine wird durchdrehen vor Panik, schätze ich«, fuhr Darayavahush fort. »Und dann stecken sie sie in die Klapse. Logisch.«
Einen Moment herrschte Stille.
»Tja, irgendetwas… was wir tun könnten?«, fragte Mose dann in die Runde.
»Eher nicht, oder?«, seufzte Darayavahush. »Das Ding wird so oder so ins Rollen kommen.«
»Ja, aber wir könnten… wenigstens früher da sein. Als die anderen, meine ich«, überlegte Salvador. »Passt mal auf. Wenn wir richtig kombinieren, liegt da draußen irgendwo noch Ernesto auf der Lauer und passt
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