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Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Rosen
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er Salvador, der mit seinem Vater in einem reinen Männerhaushalt in Cedar’s End, auf der anderen Seite dieses Hügels lebte, zusammen mit seinem behinderten Hund, der auf dreieinhalb Beinen durchs Leben ging.
    Die Jungen trafen sich gerne, wenn nicht sogar am liebsten, bei Salvador.
    »Seid ihr fertig?«, fragte Ronan, sammelte die Zettel ein und mischte seinen eigenen dazu.
    Dalí war schon aufgesprungen und schnüffelte aufgeregt an Savaldors Rucksack. Er wusste genau, was jetzt kam. Mose packte ihn am Halsband und Salvador fischte eine Tüte Oreo-Brownies zwischen seinen Klamotten hervor und zerkrümelte einen der Kekse über den Zetteln, die sie auf den Boden vor ihrem Tisch gelegt hatten. Dalí, das Orakel, setzte sich erwartungsvoll auf seine Hinterpfoten.
    »Da, schon sabbert er wieder«, sagte Darayavahush kopfschüttelnd. »Was für eine Speichelproduktionsanlage!«
    Salvador grinste und dann folgte das Ritual. Die Jungen verbeugten sich vor dem aufgeregt hechelnden Hund und Ronan verkündete: »Dalí, heiliges Orakel von Old Town, walte deines Amtes und verkünde uns dein Urteil.«
    Damit ließ Mose Dalís Halsband los und der Hund preschte los, als stünde er kurz vor dem Hungertod. Wie ein haariger Staubsauger machte er sich über die braunen Kekskrümel her und die Jungen beugten sich vor, um zu sehen, welchen Zettel sein geheiligtes Maul als Erstes berühren würde. Denn auf diese Weise verkündete sich das Orakel.
    »Da! Meins!«, rief Dara triumphierend, als Dalí seinen Zettel durchweichte.
    »Schiebung, Hush«, knurrte Mose und stieß Darayavahush in die Seite. »Das Vieh nimmt in letzter Zeit so gut wie immer deinen Zettel! Wie machst du das? Hast du ihn hypnotisiert, oder so was?«
    Dara sprang auf und rang Mose zu Boden. »Willst du etwa das heilige Orakel von Oregon infrage stellen, Ungläubiger?«, rief er und riss dramatisch seine großen schwarzen Augen auf. »Und nenn mich nicht immer Hush, zum Teufel!«
    »Was hast du da geschrieben?«, erkundigte sich Ronan und versuchte vergeblich, das Geschreibsel auf Daras speicheldurchtränktem Zettel zu entziffern.
    »Abgründe gestehen«, erklärte Dara achselzuckend und fuhr sich im nächsten Moment mit dem Arm übers Gesicht, um den Geruch seiner Achselhöhlen zu überprüfen. Darayavahush war ein ausgesprochener Schweißverächter und arbeitete praktisch jede Stunde mit seinem Männer-Deo an seinem Körpergeruch.
    »Abgründe gestehen?«, wiederholte Jaden. »Was soll das denn bedeuten?«
    Dara wühlte in seiner Schultasche nach seinem Deo. »Ist doch witzig, oder?«, verteidigte er sich dabei. »Wir erzählen, was wir schon besonders Idiotisches gemacht haben. Unterwäsche von heißen Miezen aus der Sportumkleide gezockt und so. – Einer meiner Brüder schläft zum Beispiel seit einer Woche mit dem Stringtanga von Liza Rodriguez, dem Busenwunder aus der Altgriechischklasse, im Bett. Wie er drangekommen ist, weiß ich nicht. Aber er ist verrückt nach dem Teil. – So Sachen, meine ich. Abgründe, eben.«
    Abgründe also. Am Abend trafen sie sich in dem kleinen, verwilderten Garten hinter Salvadors Haus. Der heiße Tag war in eine dieser seltenen schwülwarmen Nächte übergegangen.
    »Mistwetter«, beschwerte sich Jaden und fächerte sich mit seiner Baseballkappe Luft zu. »Was soll das? Wir haben hier Massen von Bäumen, die uns mit Massen von guter Luft versorgen sollten. Wozu ist dieser verwaldete Staat sonst gut? Zu nichts. Und jetzt lässt er uns sogar wettertechnisch im Stich. Das macht doch keinen Sinn. Ich meine, Hitze könnte ich auch in Las Vegas haben. Aber da wär wenigstens was los…«
    »Lenk nicht ab«, knurrte Darayavahush und legte sich träge im hohen Gras zurück. Sie hatten den Kühlschrank geplündert. Chips, Salsa, ein leicht verbranntes Brathähnchen und Pommes waren aufgegessen und sie alle hatten schon ein paar Bier intus. »Du bist dran.«
    Jaden druckste eine Weile herum, aber dann gab er sich einen Ruck. »Meine Eltern zwingen mich jeden Sonntag in die neuapostolische Kirche in Wood Green«, sagte er. »Sie sind gläubig bis zum Abwinken. Aber das wisst ihr ja.«
    »Und?«, hakte Dara nach.
    »Was meinst du mit und?« Jaden trank einen Schluck Bier.
    »Die Pointe. Du hast die Pointe vergessen. Deinen höchstpersönlichen Abgrund, Jaden!«, erinnerte Mose ihn.
    »Ach so. Klar. Also, ich gehe ohne Unterwäsche. Sie wissen es natürlich nicht. Aber wenn sie es wüssten, würde sie der Schlag treffen. Das gefällt

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