Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)
etwas zu Portia gesagt?«, wiederholte Salvador in die plötzliche, wahnsinnige Stille hinein.
Darayavahush nickte und wischte sich einmal mit dem Handrücken über die Augen. »Ja, sie ist neulich noch einmal von der Polizei befragt worden und da hat sie sich wieder dran erinnert. Vorher war es irgendwie weg gewesen. Mann, Portia stand echt unter Schock nach der – Geschichte… Ich meine, sie hat das alles haarscharf gesehen, Leute. Das muss man sich mal vorstellen.«
»Dara! Bleib bei einer Sache: Was hat er gesagt?«, beharrte Salva, während Ernesto sich auf einmal ganz eigentümlich fühlte.
»Es war merkwürdig …« Er nagte gedankenverloren an seinem Daumenknöchel herum und starrte für einen Moment aus dem großen Fenster in die Ferne. Ein Krähenschwarm flog da draußen herum und machte den üblichen Hitchcockkrach dabei. »Er sagte so was wie Hochmut käme vor dem Fall …«
»Hochmut kommt vor dem Fall?«, zitierte Mose das Sprichwort.
Dara nickte. »Ja. Genau das. – Und dann sagte er, dass er etwas kopiert hätte.«
»Kopiert? Was meinte er damit?«, unterbrach Salva ihn und vertrieb gleichzeitig Dalí vom Teller Cracker mit Erdnussbutter, den Natasha vor einer Weile vorbeigebracht hatte.
»Was hat euer klasse Rasseweib denn in der letzten Zeit?«, hatte Dara mit gedämpfter Stimme gefragt, nachdem Natasha wortlos und blicklos wieder hinuntergegangen war, kaum dass der Teller abgestellt gewesen war. Diese Art Fragen waren es, die Ernesto wünschen ließen, sein iranischer Freund würde nicht unbedingt jeden Tag im Rampenhaus vorbeikommen.
»Es geht ihr eben gerade nicht sehr gut«, hatte er Daras Frage dennoch beantwortet.
»Was hat er kopiert?«, wiederholte Salvador in diesem Moment noch einmal.
»Ich versteh ehrlich gesagt nur Bahnhof…«, murmelte Mose.
Salva sah nachdenklich aus. »Hast du nicht erzählt, Jaden habe vor einer Weile mal unbedingt mit dir reden wollen?« Er warf Ernesto einen fragenden Blick zu. »Du warst früh zum Joggen gegangen und da ist dir Mr Exlegs in aller Herrgottsfrühe über den Weg geradelt.«
Ernesto nickte. »Ja, ich hab ihn abgeschüttelt, weil ich immer noch sauer auf ihn war wegen der Sache mit Cal Wyludda. Ich bin nicht stolz drauf, okay?«
»Er wollte etwas von dir persönlich?«, hakte Salva nach. »Oder hat er einfach nur wieder Anschluss an die Clique gesucht?«
»Keine Ahnung. Verdammt, ich war wegen der Sache mit Cal einfach nur total angepisst von ihm.«
In dem Moment klingelte Ernestos Telefon.
»Hat das Waldmädchen in der Zwischenzeit gelernt, statt Buschtrommeln ein Kliniktelefon zu bedienen, um endlich auch ihren Herzbuben anrufen zu können?«, fragte Dara grinsend.
Aber so war es nicht. Es war Bethany Bolino, die von Ernesto wissen wollte, ob Liberty Bell bei ihm war.
Denn sie sei spurlos aus dem Krankenhaus verschwunden.
16
W o kann sie sein? Was hat diese Ärztin dir gesagt?«, erkundigte sich Salvador, als sie bereits draußen waren.
»Nicht viel. Nur dass Liberty Bell sehr niedergeschlagen war. Und dann war sie plötzlich nicht mehr da…«
Ernesto startete den Motor seines Wagens und fuhr viel zu schnell die Auffahrt hinunter. Kies wirbelte auf und prasselte gegen die Windschutzscheibe.
»Sally …«, sagte er dabei plötzlich. Ihm war ein Gedanke gekommen.
»Was ist mit ihr?«, erkundigte sich Salva, während Ernesto bereits sein Mobiltelefon aus der Hosentasche zog und es Salvador in den Schoß warf.
»Ruf sie mal an. Sie ist eingespeichert. Ich will sie was fragen…«
Salvador nickte, stellte die Verbindung her und gab Ernesto das Telefon zurück.
Nur Sekunden später berichtete Ernesto Sally hastig, was vorgefallen war. »Du hast doch erzählt, du kennst dort Leute«, sagte er hinterher. »Meinst du, du könntest mal nachhaken, ob jemand …? – Hey, danke, Sal, du hast was gut bei mir, echt.«
Er fuhr in Richtung Cedar Creek. Es war nur eine schwache Hoffnung. Im Grunde genommen konnte er sich nicht vorstellen, dass sie es alleine bis dorthin geschafft haben könnte, aber es war der einzige Anhaltspunkt, den er überhaupt hatte.
Als sie eben den Highway erreichten, rief Sally bereits zurück.
»Ja?«, fragte Ernesto nervös und presste das kleine Telefon fest an sein Ohr.
»Ziemlicher Mist …«, antwortete Sally prompt.
»Wieso? Was ist passiert, Sal?« In Ernestos Stimme schwang Panik.
»Ich habe gerade mit Karl gesprochen, Ern. Er ist der Kumpel, von dem ich dir erzählt habe. Und Karl hat
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