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Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Rosen
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so was schon gedacht. Also, dass es dazu kommen würde. Ich meine, ich habe gesehen, dass du in sie verliebt bist. Ziemlich heftig sogar, oder?«
    Sie saßen an einem Uferstück des Salom River im Gras. Sonnenschein, Libellen, blauer Himmel.
    »Ich wünschte, sie wäre bei… mir«, murmelte Ernesto und starrte in die Ferne. »Stattdessen sperren sie sie in der Klinik ein wie ein Tier und lassen mich nicht zu ihr. Sie haben ihr sogar ein neues Zimmer gegeben, damit ich sie nicht finde. Kannst du dir das vorstellen?«
    Sally drückte für einen Moment tröstend seinen Arm.
    »Ich meine, sie tun, als wäre ich ein Schwerverbrecher. Oder Liberty Bell. Wie können sie sie so wegsperren? Dazu haben sie, verdammt noch mal, kein Recht. Sie… sie ist so gut wie erwachsen.«
    In diesem Moment summte Ernestos Mobiltelefon. Zögernd nahm er das Gespräch an.
    »Wer? Ja…? Oh, okay. Ich komme. Klar, ich beeile mich…«
    Sally machte ein fragendes Gesicht.
    »Eine Schwester aus der Klinik«, erklärte Ernesto und sprang auf.
    »Ist… ist etwas mit Liberty Bell?«, fragte Sally besorgt und erhob sich ebenfalls. Ernesto schüttelte den Kopf. »Nein, es – es geht um Chazza Blume. Er… er will mich sehen. Dringend sehen, sagte die Schwester. Dr. Bolino hat ihr deshalb meine Nummer gegeben.«
    Nebeneinander liefen sie zu Ernestos Wagen zurück, aber sie brauchten durch den Nachmittagsverkehr fast eine halbe Stunde, bis sie den Parkplatz der Klinik erreichten.
    »Hast du ihn schon einmal besucht, seitdem er wach ist?«, fragte Sally nach.
    Ernesto nickte, während sie durch die Lobby hasteten. »Ja, am Tag nachdem die Lyfords hier waren. Die Schwestern sagten, es ginge ihm besser, aber er hat die ganze Zeit geschlafen.«
    Sie nahmen den Aufzug und gelangten in den vierten Stock, wo die Intensivstation untergebracht war.
    »He, was ist denn hier los?«
    Ernesto und Sally blieben erschrocken stehen, als sie die Menschentraube vor Chazza Blumes Krankenzimmer sahen. Ärzte, Pfleger und Schwestern und sogar zwei Policeofficer. Der enge Gang war voller Menschen, die aufgeregt durcheinandersprachen.
    »Bist du vielleicht – Ernesto Merrill?« Eine herbeieilende Krankenschwester schaute ihn aufmerksam an.
    Ernesto nickte stumm und zog rasch seine Baseballkappe vom Kopf.
    »Sag mal, bist du nicht zufällig auch der Junge, der dieses Waldmädchen…?« Sie sprach den Satz nicht zu Ende. Was hatte sie wohl sagen wollen, schoss es Ernesto durch den Kopf.
    Der Junge, der das Waldmädchen kennt? Gefunden hat? Aus der Klinik entführt hat? Liebt? Geschändet hat?
    Ernesto spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach.
    »Gut, dass du gekommen bist«, sagte die Schwester in diesem Moment. »Mr Hammond geht es wieder schlechter, aber er wacht ab und zu auf. Und jedes Mal, wenn er bei Bewusstsein ist, fragt er nach dir.«
    »Was – was ist denn passiert?«, fragte Ernesto stockend. »Es hieß doch, es ginge ihm besser.«
    »Ja, aber jetzt hat sich dieser Infusionsschlauch gelöst und wir wissen nicht, wie lange er ohne Sauerstoff…«
    Eine Klinikmitarbeiterin unterbrach das Gespräch mit ein paar harschen Worten, die die Krankenschwester rot anlaufen ließen. Hastig nickte sie Ernesto zu und eilte davon.
    Ernesto sah Sally ratlos an. Was war das für eine Sache mit dem Schlauch? Und was wollten die vielen Menschen hier? Er sprach einen der uniformierten Officer an, der ihn schließlich in Chazzas Zimmer ließ. Sally durfte allerdings nicht mit hinein.
    »Wir sehen uns dann später, Ernesto. Ich warte unten«, flüsterte sie. »Denk positiv. Gib Chazza Kraft. Du wirst sehen, das geht…«
    Der Polizist blieb dicht hinter ihm, aber gleichzeitig außerhalb von Chazzas Blickwinkel, sollte er die Augen öffnen. Er hatte keine von Ernestos drängenden, besorgten Fragen beantwortet.
    »Hallo, Chaz – ich bin es, Ernesto«, sagte Ernesto leise. Er sank auf einen grünen Besucherstuhl aus Plastik, der neben Chazzas Bett stand. Wieder ein Klinikzimmer, ein Klinikstuhl, ein Klinikfenster. Chazza Blumes Aussicht war allerdings deutlich besser als Liberty Bells, so viel stand fest. Dies war die Guteaussichtseite. Der Blick in die Natur.
    Ernesto blieb über eine Stunde, in der Chazza sich nicht rührte, genau wie die letzten Male, die er hier gewesen war. Er dachte an früher zurück, daran, wie der Ewig Summende ihm beigebracht hatte, auf die Stimmen der Vögel zu hören, die Stimmen des Wassers, die Stimmen der Bäume, draußen am Cedar Creek. Wie Liberty Bell

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