Liberty: Roman
erklärt mir die Kurse an der Schwarzmarktbörse. Ich bekomme eine Menge Schillinge. Ich weiß nicht, ob er fair ist. Ich muss es akzeptieren. Aber jetzt habe ich Geld in der Tasche – viel Geld.
Sharif ist noch immer in der Stadt. Er schlägt mich im Moshi Club im Squash, in der schlimmsten Hitze um zwei Uhr nachmittags – wir gelten als Kinder und bekommen den Squashplatz nicht, wenn es am späteren Nachmittag kühler wird. Wir schwitzen. Hinterher sitzen wir auf den Zuschauerplätzen, trinken Passionsfruchtjuice und rauchen. Bis sechzehn Uhr haben wir den Platz für uns allein.
»Du kannst vorbeikommen und heute Abend bei uns essen, wenn du willst«, sagt Sharif.
»Gern.«
Ich hinterlasse dem Alten eine Nachricht und gehe am Spätnachmittag zu Sharif. Gebe den Onkeln und Tanten die Hand.
» Salaam aleikum «, sage ich.
» Aleikum salaam «, antworten sie.
Wir gehen in Sharifs Zimmer, das im hinteren Teil des Hauses liegt. Er hat einen Schrank, ein Bett, einen kleinen Arbeitstisch, einen Stuhl und einen Sessel. Auf dem Nachttisch liegt der Koran.
»Liest du darin?«
»Ja, jeden Tag ein bisschen.«
»Können wir rauchen?«
»Warte, bis es dunkel ist. Dann gehen wir nach hinten in den Garten.«
»Okay.«
Wir werden zum Abendessen gerufen. Das jüngste Mädchen der Familie schöpft den Männern Hühnersuppe ein – zuerst den ältesten. Die Suppe wird mit einem Löffel gegessen – mehr Besteck gibt es nicht. Auf dem Tisch stehen Schüsseln mit Basmatireis, Rinderschmorbraten in einer dicken Soße, ein würzig riechendes Gemüsegericht und ein Teller mit chapati .
»Du musst lernen, mit der Hand zu essen«, sagt der jüngste Onkel zu mir. Sharif lacht. Der Onkel zeigt mir, wie. »Es wird schon gehen«, sagt er.
»Okay«, erwidere ich verlegen, denn meine Handfläche ist voller Soße.
»Geh dir die Hände waschen.« Er klopft mir auf die Schulter. Sharif lacht mich aus.
» Mwarabu «, sagt er. Wir gehen vor die Tür und rauchen. Der Koch ruft, es gibt Zimt-Tee mit Milch und Zucker, bevor ich nach Hause gehe.
Ich hänge am Swimmingpool der Schule herum. Hier sind fast nur kleine Kinder mit ihren Müttern. Langweile mich. Wünschte, die Ferien wären schon vorbei. Sharif ist mit einem der Lastwagen seines Onkels zu seinen Eltern in Mwanza gefahren.
»Ich langweile mich«, teile ich Vater abends mit.
»Ich kann jetzt leider keinen Urlaub nehmen. Thorleif reist bald ab, und er muss mich in sämtliche Aufgaben einweisen.« Ich zucke die Achseln. Er sieht mich so komisch an: »Du könntest deine Mutter besuchen.«
»Willst du mich dazu zwingen?«
»Nein. Aber sie hat angerufen.«
»Erst muss sie kommen und sich entschuldigen.«
Vater schüttelt resignierend den Kopf.
»Soll ich ihr das von dir ausrichten?«, fragt er mich, muss aber doch lächeln.
»Das kann ich ihr selbst sagen.«
»Willst du sie anrufen?«
»Nein.«
»Wie dann?«
»Sie muss sich entschuldigen – ich habe keine Lust, auch nur irgendetwas zu unternehmen.«
Am nächsten Vormittag sitze ich früh in der Küche und trinke Kaffee, als draußen gehupt wird. Ich stehe auf und gehe hinaus. Mutter steigt aus dem Land Rover – am Steuer sitzt Léon.
»Hej, Christian.« Sie ringt die Hände, während sie ein paar Schritte auf mich zugeht.
»Was willst du?«
Sie wirft Léon im Auto einen raschen Blick zu.
»Wir wollten dich fragen, ob du zur Basishütte mitkommen möchtest?«
»Mit euch?«
»Ja.«
»Mit dem da?«, frage ich mit einem Nicken in Richtung Léon.
»Christian, also …«
»Nie im Leben«, sage ich und gehe wieder in die Wohnung. Wenn sie mir folgt, werde ich sie bitten zu gehen – es ist nicht ihr Haus. Aber der Land Rover wird angelassen und fährt.
Vater reicht mir ein kleines zusammengefaltetes Stück karierten Karton.
»Bitte sehr!«, sagt er. Ich öffne es.
»Ein Führerschein!«
»Dir ist doch klar, dass du erst sechzehn bist, oder?«
»Ja, sicher.« Ich lächele ihn an. Es ist ein Motorrad-Führerschein. Er hat einen Polizisten bestochen. Der Führerschein behauptet, ich wäre achtzehn.
»Also fahr vorsichtig.«
»Aber … womit soll ich fahren?«
»John von der TPC kennt ein paar Deutsche, die bei Arusha wohnen und ein Motorrad verkaufen wollen. Wir fahren morgen hin.«
Am Tag darauf fahren wir nachmittags zur Mountain Lodge am Südhang des Mount Meru – einem kleinen Luxushotel. Es zeigt sich, dass es sich bei dem Verkäufer um Mick aus der Schule handelt, der nach Deutschland will und Geld
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