Liberty: Roman
hast du?« Ich sage es ihr. »Wir gehen zu einer besseren Stelle«, sagt sie.
»Okay.« Sie nimmt meine Hand und führt mich zu einem anderen, gepflegteren Guesthouse. Ich gebe ihr das Geld für das Zimmer. Sie bekommt einen Schlüssel, wir gehen hinein. Scola zieht sich rasch aus und steht vor mir.
»Gib mir das Geld.« Sie streckt die Hand aus. Ich gebe es ihr, sie versteckt es in ihren Sachen und legt sich aufs Bett.
»Komm und probier mich, mzungu -Junge«, sagt sie und spreizt ihre Beine.
Marcus
MOTORSÄGE
Das Bein ist noch immer ein Skandal – nicht richtig gerichtet. Immer wieder wird der Gips entfernt, um nachzusehen. Und ich habe das Gefühl, es wäre besser, wegzulaufen, wenn sie den Gips aufschneiden. Sie machen es mit einer Maschine, einer Art Kreissäge, der Arzt zersägt den Gips entlang der Haut. Und ich weiß, wenn er … bloß einen Zentimeter zu tief geht, sägt er direkt in mich. Ich habe Schmerzen in meinem Bein, und jetzt habe ich obendrein Schmerzen an meinem Bein, durch einen Arzt, der mit einer Maschine vor mir steht. Und das Schlimme ist, dass es sich bei der Maschine um ein altes Modell handelt, sie macht Krach. Es klingt, als würde ein Baum mit einer Motorsäge gefällt. Es vibriert. Oh, es ist schlimm.
RESERVEHINTERN
Ich bekomme Hauttransplantationen. Das heißt, sie nehmen Haut von meinem Arsch und setzen sie am Bein ein. Die Stücke sind vielleicht vier Zoll lang und zwei Zoll breit. Wieder und wieder entnehmen sie meinem Hintern etwas. Sie schneiden größtmögliche Stücke heraus, weil der Teil, der am Bein anwachsen soll, möglicherweise nur die Hälfte des Stücks ausmacht.
Der andere Teil kann verfaulen, weil das Arschloch nicht am Fuß wohnen will. Ich kann die Haut meines Hinterns dort unten sehen, die Hälfte verfault und wird entfernt. Aber sie brauchen mehr, und ich habe bald keinen Hintern mehr.
»Du wirst diesen Arsch nie wieder anlächeln können, er ist hinüber«, sage ich zu Claire.
»Dein Arsch ist mir egal – Hauptsache, du kannst gehen.«
BRIEFE AUS EUROPA
Solja kommt an mein Krankenbett, während Katriina mit Doktor Freeman spricht – leise und intensiv. Solja hat Briefe aus Schweden und Finnland dabei, Tante Elna und Mika. Zuerst mache ich den Brief der alten mama auf. Oh, sie ist an Krebs erkrankt. Vor zwei Jahren haben sie ihr eine Brust entfernt. Jetzt sagen ihr die Ärzte: »Du wirst sterben, regele deine Angelegenheiten.« Sie schreibt es mir: »Ich werde bald sterben, Marcus. Aber ich werde dafür sorgen, dass du in Zukunft allein zurechtkommst.« Im Brief schreibt sie von einem schwedischen Bankkonto auf meinen Namen, beigelegt hat sie Papiere, die ich unterschreiben und zurückschicken soll, damit sie wissen, wer ich bin. Es ist im Moment so gut wie kein Geld auf dem Konto, aber wir haben es hier mit komplizierten europäischen Prozeduren zu tun, die sicherstellen, dass ich Marcus bin. »Das Geld kommt später«, schreibt Tante Elna. Die alte mama hat mich in ihre Familie aufgenommen. Sie hat meine Schule bezahlt und auch sonst alles, als ich zur Schule ging. Und Jonas dachte, ich wüsste es nicht.
Mika schreibt, er würde zu Besuch kommen, wenn die Larssons in den Sommerferien in Schweden sind. »Wenn du Tansanitsteine kaufst, bezahle ich sie mit Dollar, sobald ich da bin.« Die Idee ist gut, nur kann ich mich überhaupt nicht bewegen.
CHARLIE CHAPLIN
Endlich fängt die Wunde an zu heilen, ich kann die Knochen nicht mehr sehen – nur noch das Arschloch. Sie legen mich von der Hüfte bis zu den Zehen in Gips. Mein Bein ist schwer. Und jetzt ist der Geruch aus der Öffnung an meiner Hüfte ganz nah. Und die Hitzeentwicklung unter dem Gips ist dreimal so heftig. Auch der Geruch hat sich verdreifacht. Und das Jucken – nach zwei Wochen beginnt das Jucken unter dem Gips. Ich versuche, mit dem Jucken zu reden, bitte es aufzuhören: »Stopp, hörst du nicht?« Vier Wochen Gips, dann wird er entfernt; ein neuer Gips weitere vier Wochen. Sie müssen das Bein reinigen und konstant mit Röntgenbildern kontrollieren.
»Das Bein hat sich verdreht, du würdest einen Fuß bekommen, der wie bei Charlie Chaplin nach außen steht«, sagt mzee Kinabo. Man hört, dass er aus der Pfingstgemeinde kommt: »Nerven und Knochen werden von Gott gerichtet, so wie Er sie an der Wade haben möchte – nicht vom Menschen. Wenn die Knochen falsch zusammenwachsen, wirst du den Rest deines Lebens Schmerzen haben.«
»Und was jetzt?«
»Wir müssen dich noch einmal in
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