Liberty: Roman
Disco-Mist. Du wirst gehen.«
»Wo ist dein Problem?«, will ich wissen.
»Pass auf, Christian. Man kann sich die Finger schmutzig machen, wenn man im Dreck wühlt«, sagt Katriina böse.
»Und was ist mit deinen Händen, Katriina? Sind die vollkommen sauber?« Sie ist getroffen. Ihr Blick flackert. Ihre Hände sind nicht sauber.
» Tsk «, schnalzt sie und geht.
Ich liege auf dem Bett, rauche Zigaretten – und erwarte die weitere Entwicklung. Sie kommt, als Solja an der Tür klopft.
»Du sollst ins Haus kommen.«
»Wieso?«
»Einfach so«, meint sie. Ich gehe hinauf. Katriina sitzt im Wohnzimmer.
»Du sollst deinen Vater anrufen.«.
»Und was wird er mir erzählen?«, erkundige ich mich, denn offensichtlich hat sie das arrangiert.
»Dass du hier nicht mehr wohnen kannst.«
»Soll ich bis heute Abend draußen sein?«
»Im Laufe der nächsten Wochen.«
»Ich verschwinde so schnell wie möglich.«
»Gut«, sagt Katriina. Solja ist in ihr Zimmer gegangen. Ich rede leise, damit sie mich nicht hört: »Ich bin nicht Jonas, Katriina.« Ihr Kopf zuckt herum, sie starrt mich mit zusammengekniffenen Augen an.
»Verschwinde«, zischt sie. »Ich will dich in diesem Haus nicht mehr sehen – nicht ein einziges Mal!« Ich gehe. Kurz darauf kommt Solja zu mir, um eine Zigarette zu schnorren. Sie sieht mich merkwürdig an, als wollte sie etwas sagen. Aber sie sagt nichts. Ob sie sich wohl an den Land Cruiser auf dem Feldweg in der Dunkelheit erinnert, der geschaukelt hat, obwohl der Motor abgestellt war?
Rachel sitzt vor Roots Rock, als ich am Vormittag dort auftauche. Sie sieht verstört aus.
»Was ist los?«
»Ein großes Problem«, antwortet sie und schlägt die Hand vors Gesicht, schüttelt den Kopf und atmet in kurzen Stößen. Ich lege den Arm um sie.
»Was ist passiert?« Sie weint. Ich ziehe sie in den Laden, damit die Leute auf der Straße sie nicht anstarren. »Marcus, kannst du uns mal allein lassen?« Er steht auf und geht hinaus. Stück für Stück entreiße ich ihr die Geschichte. Sie schuldet irgendwelchen Typen Geld. Als ihr älterer Bruder in Arusha starb und sie nach Moshi kam, haben sie ihr geholfen. Sie haben ihr Geld geliehen, damit sie leben konnte, bis sie Arbeit fand. Jetzt wollen sie es zurückhaben. Es entspricht ein paar Monatslöhnen. Sie hat ihnen bereits das Geld gegeben, das sie von mir für den Englischkurs bekommen hat. Ich bin mir bei der Sache nicht sicher. Ist das Bauernfängerei? Aber … ich gebe ihr einfach Geld, ich will nicht misstrauisch sein.
»Ich muss jetzt zur Arbeit gehen«, sagt sie.
»Sehen wir uns heute Abend?«
»Ich muss im Restaurant arbeiten.« Sie geht. Marcus erhebt sich von dem Stuhl, auf dem er vor der Tür sitzt, und kommt herein. Vielleicht konnte er uns hören.
»Dieses Mädchen hält dich total zum Narren.«
»Das geht dich gar nichts an.«
» Tsk «, antwortet er. Ich würde ihm gern eine knallen. Ich fahre. Bis zur alten Karanga Bridge. Schiebe das Motorrad zwischen das Gebüsch auf der Böschung und setze mich unter einen Baum in den Schatten. Zünde mir eine Zigarette an. Ich hatte gedacht, Rachel wollte den Job aufgeben, damit wir abends zusammen sein können; deshalb habe ich ihr doch das Geld für den Englischunterricht gegeben. Aber … mir ist es schon klar. Das hier ist Tansania: Wenn ich mir eine Wohnung besorge und sie einziehen lasse, bin ich der Mann und bestimme, aber im Augenblick bin ich eigentlich nur ein Bursche, mit dem sie herumalbert. Ich habe noch nicht geliefert, also habe ich keine Macht.
Am späten Nachmittag fahre ich zu Roots Rock, um mit Marcus zu reden. Wir müssen etwas tun, um das Geschäft zu beleben. Aber er hat den Laden bereits geschlossen. Ich kaufe mir eine Limonade in der Stereo Bar und setze mich an die Straße. Dann sehe ich Rachel. Sie steht vor dem Kaufmannsladen in einem khakifarbenen Rock, der sich um ihre runden Schenkel schmiegt, und einem violetten Tank-Top aus Kunststoff, das stramm an ihrem Oberkörper sitzt, so dass die Brustwarzen sogar aus dieser Entfernung sichtbar sind. Ich gehe zu ihr.
»Du sollst jetzt nicht hier sein«, sagt sie und schaut sich nervös um.
»Warum nicht?«
»Mein Chef kommt mich abholen. Wenn er dich sieht, wird er sauer.«
»Warum sollte er sauer werden?« Rachel seufzt und schaut mich an.
»Wenn er sieht, dass ich mit einem mzungu zusammen bin, glaubt er, ich würde bald meinen Job aufgeben. Und dann würde er sich nicht die Mühe machen, mir beizubringen, die
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