Liberty: Roman
hätte mit ihnen geschlafen. Für Geld.«
»Das passt überhaupt nicht zusammen, Marcus. Wieso sollte sie dann arbeiten und in einer Kammer in Majengo wohnen? Du glaubst doch, alle sind Nutten. Du sagst, Claires Schwester sei eine Nutte. Und Claire glaubt, du würdest Nutten vögeln, wenn wir abends arbeiten. Und gleichzeitig möchte sie, dass ich mich in ihre Schwester verliebe, von der du ständig behauptest, sie sei eine Hure. Ich meine … Scheiße, was habt ihr denn nur im Kopf?«
»Dieses Mädchen versucht, einen guten Mann zu finden, der sie da rausholt. Darum muss sie beim Kaufmann arbeiten, damit der gute Mann sie sieht. Denn es sieht in den Augen eines guten Mannes hässlich aus, wenn sie sich in den Animierkneipen von Majengo rumtreibt.«
»Ich glaube dir kein Wort, Marcus. Du weißt nicht, wer sie ist. Was weißt du überhaupt?«
»Sie träumt vom guten Leben mit einem Mann«, erwidert er. »Am liebsten in Europa.«
Ich setze mich auf mein Motorrad, klappe den Kickstarter aus.
»Alle Frauen träumen von einem guten Leben mit einem Mann. Du bist es doch, der von Europa träumt«, sage ich und starte die Maschine. Fahre.
Marcus
DIE KUH UND DAS KALB
Ich bin jetzt Privatdetektiv. Ich stelle Nachforschungen über die kleine malaya an, die meinen weißen Jungen verhext hat. Zuerst rede ich mit Phantom, aber er verfolgt das Leben in der Stadt nicht mehr.
»Ich bin jetzt Family Man Phantom«, sagt er, denn er hat ein kleines Haus in Soweto gemietet. Die Einnahmen aus dem Valutahandel und der Schmuggelware müssen gut sein. Er hat sich ein Mädchen aus dem Dorf der Familie bei Ol Molog an der Nordseite des Kilimandscharo geholt und befruchtet. Phantom trägt noch immer Dreadlocks und sitzt den ganzen Tag in seinem kleinen Kiosk am Markt. »Aber bald bin ich weg«, sagt er.
»Wo willst du hin?«
» Tsk . Die Stadt ist zu einem Dreckhaufen geworden. Du kannst hier sogar sterben, nur weil ein anderer Mann deine Schuhe will. Ich werde nach Hause gehen, auf den Berg. Das Haus, das ich in Ol Molog baue, ist nächstes Jahr fertig.« Ja, wir werden allmählich alt. Ich bin zweiundzwanzig, und Phantom muss bald zehn Jahre älter sein als ich – wir können nicht ewig das Tempo durchhalten, das die Stadt fordert.
»Mit wem soll ich reden?«, frage ich ihn.
»Du kennst doch Big Man Ibrahim – er ist sehr interessiert an allen Damen.« Ja, Ibrahim, der mich auf seinen Pick-up gehoben hat, als das Blut wie ein Wasserhahn aus meinem Fuß lief. Jetzt ist er Karatelehrer im CCM -Gebäude und ein sehr teurer Bodyguard für mabwana makubwa . Ich suche ihn auf.
»Marcus«, sagt er. »Der Mann mit den zwei Beinen.« Ibrahim lacht. Nachdem er gelernt hat, nur mit seinen bloßen Händen zu töten, ist das Leben für ihn ein großer Spaß. Jede Sekunde wünscht er sich, dass jemand versucht, ihn zu schlagen, damit er sein Werkzeug benutzen kann. Ich frage ihn nach Rachel.
»Ja, chiki-chiki , sehr schöne titi «, sagt Ibrahim.
»Hast du mit diesen titi mal geredet?«
»Nein, nein, ich bezahle nicht für die Früchte, die ich esse.«
»Sie macht es für Geld?«
»Ich glaube, Alwyn macht Geschäfte mit ihr.«
»Verkauft er sie zum Pumpen?«
»Keine Ahnung. Aber wenn du sie nachts in der Stadt siehst, dann ist Alwyns Freund Tito immer in ihrer Nähe, damit du gar nicht erst versuchst, sie aufzugabeln.«
»Christian, der weiße Junge, ist total verhext von dem Mädchen.«
»Wirklich?«, sagt Ibrahim. »Weiß er, dass man auch das Kalb übernehmen muss, wenn man die Kuh besitzen will?«
»Hat sie ein Kind?«
»Ja, ja. Sie hat eine Tochter bekommen, nachdem Faizal sie gepumpt hat, aber jetzt ist das Kind weg.« Eeehhh – Faizal hat ein kleines Mädchen dick gemacht und so brutal getreten, dass sie davongelaufen ist, das wusste ich schon. Aber nicht, dass es sich um Rachel handelte, tsk . Das Kind lebt vermutlich bei ihrer Familie im Dorf, während sie versucht, für ihr Auskommen in der Stadt zu sorgen. Ibrahim grinst. »Der weiße Junge ist eine große Unterhaltung«, sagt er.
Christian
Ich ertrage Marcus nicht mehr – seinen ganzen Mist. Ich schlafe eine Nacht im YMCA , aber ich bin unruhig. Die Gedanken mahlen in meinem Kopf. Ich vermisse Rachel, aber sie ist auch … eigenartig. Vielleicht nicht eigenartig, sondern … Ich weiß einfach nicht, ob sie erwartet, dass ich sie auf Händen und Füßen trage, nur weil ich weiß bin? Und ich denke an die geile Art, wie sie geht – ein wenig träge, aber aufreizend.
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