Liberty: Roman
des weißen Mannes im schwarzen Land helfen. Rachel ist nur ein Mädchen. Das Überleben ist Christians Problem.« Bwana Knudsen trinkt einen langen Schluck aus seinem Glas.
»Ja, es wird sie vermutlich nicht sonderlich treffen, wenn er zurück nach Dänemark geht«, sagt er. Es ist fast ein Murmeln.
»Aber er will nicht zurück nach Dänemark.«
Bwana Knudsen sieht mich an: »Diese Disco? Das ist doch bloß ein Luftschloss – Kinderträume. Wenn man zurechtkommen will, braucht man eine Ausbildung.«
»Ich weiß. Das habe ich ihm auch gesagt.«
»Ich bin froh, dass er mit dir zusammen ist und nicht in irgendetwas hineingerät. Du weißt zumindest, wie die Dinge hier funktionieren.« Bwana Knudsen sieht mich direkt an, um sicherzugehen, dass ich ihn verstehe. Ich soll seinem Sohn ein Beschützer und eine Hilfe sein. Aber wo ist die Bezahlung? Ich zucke die Achseln: »Ich helfe ihm, wenn er mir hilft.«
»Hm«, sagt bwana Knudsen.
Die Vermehrung auf der Erde: Claire und ich haben diese Arbeit aufgegeben. Wieder und wieder pflanze ich meinen Samen, aber er fällt heraus – direkt auf die Erde.
Wir gehen zu unserem Arzt, aber er findet kein Problem.
»Wir müssen heiraten«, sagt Claire ständig. »Sonst wird Gott uns nicht mit Nachkommen segnen.« Ich bin kurz davor zuzustimmen, nur damit sie den Mund hält.
BATIKMORD
Und wer sitzt auf der Veranda vor meiner Haustür zusammen mit Claire? Doktor Strangler. Claires alter Boss von damals, bevor sie Hausmädchen bei den Larssons wurde.
»Hallo, Marcus«, sagt er.
» Mzee Strangler. Shikamoo .« Doktor Strangler erhebt sich und gibt mir die Hand.
»Ich bin mit einer Evaluierungskommission in Dar, wollte aber mal in Moshi vorbeischauen und mir die alten Stätten ansehen.«
»Es ist gut, dass Sie kommen«, sage ich und frage nach seiner Familie.
»Die ist in Australien. Es geht ihnen gut. Die Sache mit eurer Tochter tut mir sehr leid – ich wünschte, ich wäre hier gewesen.« Claire sieht mich an.
»Komm und hol frisches Wasser für den Kaffee«, sagt sie und geht ins Haus. Ich sage dem Doktor, ich käme sofort. In der Küche flüstert Claire mir rasch zu: »Du musst ihn fragen, warum wir unser Kind verloren haben. Vielleicht kann er es erklären.«
»Ja«, sage ich. Claire kann einen Mann nicht nach so etwas fragen, obwohl der Mann Arzt ist. Ich setze mich wieder zu Doktor Strangler.
»Ich habe deinen Laden in der Stadt gesehen, und Claire hat erzählt, dass du zusammen mit dem Knudsen-Jungen, Christian, in der Discobranche bist.«
»Ja«.
»Kann man davon leben?«, fragt Doktor Strangler. Er macht sich Sorgen um Claire. »Was ist aus dem Sägewerksprojekt geworden?«
»Ich wurde gefeuert, weil der Chef der Buchhaltung die Möglichkeit der Korruption haben wollte, ohne mich als störende Kontrollinstanz.« Doktor Strangler schüttelt den Kopf.
»Und was ist mit diesem Christian? Will er den Rest seines Lebens Discjockey in Moshi sein? Ist das eine Art zu leben, Marcus? Das ist doch nichts auf Dauer.« Wie ein Skalpell seziert Doktor Strangler die Mahnungen, die ich nicht einmal ausgesprochen habe.
»Es liegt an seinem Vater«, sage ich. » Bwana Knudsen hat Christian in Afrika frei herumlaufen lassen, und er hat zugelassen, dass die Mutter des Jungen verschwindet. In Afrika fallen die Augen nur auf schwarze Dinge. Was kann er werden? Ein Discjockey, der Langspielplatten umdreht wie ein Affe. Das ist alles, was er gelernt hat.«
»Aber du hast doch andere Dinge gelernt?«
»Schauen Sie sich und Ihre Kinder an«, sage ich. »Sie haben ihnen zu einer Ausbildung verholfen und gezeigt, wie man eine Arbeit verrichtet. Mein Vater war ein Alkoholiker, der nur prügeln konnte. Ich bin geflüchtet und landete bei bwana Larsson. Jonas, dem toten Schweden. Aber Jonas hat mir nie einen Rat gegeben, also wurde ich so verwirrt wie er, denn ich habe zu ihm aufgeblickt, um zu sehen, was ich machen soll.«
Doktor Strangler lacht. »Weil Jonas dumm war, musst du es nicht sein. Du musst auch an Claire denken.«
»Ja«, sage ich und beginne mit den unangenehmen Dingen, erzähle alles über die tote Rebekka und meinen Samen, der nicht aufgeht. Doktor Strangler beginnt mit einem Verhör, fast wie ein Polizist.
»Was habt ihr getan? Was gibt es im Haus? Was esst ihr?« Er muss alles wissen. Als ich geantwortet habe, geht er ins Haus und studiert alle Ecken, bis er sagt: »Ihr dürft keine Batik mehr herstellen. Die Dämpfe der Chemikalien sind gefährlich.«
Die
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