Liberty: Roman
erklärt der Vater. »Nur auf Bildern.«
»Ja, das ist schon merkwürdig, die Haut sieht aus wie schmutzige Milch.« Er lacht. Ein gutes Zeichen, glaube ich.
Rachel erzählt mir, dass ihre Stiefschwestern zu Verwandten geschickt worden sind. Es gibt also Platz für uns im Haus.
Wir essen eine unglaublich üppige Mahlzeit. Und dann ist schon Bettzeit. Sie stehen früh auf, um die Kühe zu melken. Offensichtlich haben sie sich Matratzen geliehen, damit wir gut liegen. Im Hauptraum des Hauses sind Matten aus Palmblättern über den gestampften Erdboden ausgebreitet, die geliehenen Matratzen liegen auf Plastikbahnen. Ich habe meinen Schlafsack mitgenommen. Bei all den Naturgeräuschen in der unmittelbaren Nähe fällt es mir schwer einzuschlafen, aber schließlich treibe ich davon.
Am nächsten Morgen wecken mich Stampfgeräusche. Rachels Stiefmutter mahlt in einem Mörser Mais. Rachel melkt die Kühe. Die Zeit hier vergeht mit Mehlmahlen, Wasser von entlegenen Wasserstellen holen, Brennholz sammeln und der Arbeit mit den Tieren und auf den Feldern. Ich habe Moskitobisse hinter den Ohren.
Wir bekommen dünne Maisgrütze, Papaya und Apfelsinen zum Frühstück. Ich hasse Maisgrütze, esse aber ein bisschen, solange die Stiefmutter zusieht. Auf dem Tisch steht eine kleine Dose Africafé Instant Coffee, ganz neu. Es gibt auch traditionellen afrikanischen Tee mit Milch und Rohrzucker, den ich eigentlich lieber hätte, um mir den ekligen Geschmack der Maisgrütze aus dem Mund zu spülen. Aber ich glaube, der Kaffee wurde extra für mich gekauft. Es bestätigt sich, als ich den Deckel öffne – die Stanniolversiegelung ist unversehrt. Ich reiße sie auf und trinke Kaffee mit Milch und Zucker. Ich glaube kaum, dass sie normalerweise so frühstücken. Möglicherweise frühstücken sie überhaupt nicht.
Die kleine Halima hat jetzt keine Angst mehr. Sie kommt zu mir gewatschelt und will auf den Arm genommen werden. Nach dem Frühstück ziehe ich Rachel draußen zur Seite. Ich habe Halima auf dem Arm.
»Ist es okay, wenn ich ihnen ein bisschen Geld gebe?«
»Nein, das darfst du nicht. Mein Vater ist ein stolzer Mann.«
»Kannst du ihm Geld geben, als Beitrag, weil sie sich um Halima kümmern?«
»Ja, das geht. Aber nicht, wenn du zusiehst.« Ich gebe ihr ein paar Scheine und trage Halima auf dem Hof herum, während Rachel das Geld abliefert. Ich erkläre dem Vater, ich käme mit Rachel in ein paar Tagen zurück, dann würde sie Halima im Bus nach Moshi mitnehmen, um bei uns zu wohnen.
»Das ist sehr gut«, sagt der Vater und lächelt. Wir fahren. Rachel ist glücklich. Ich bin offenbar nicht durchgefallen.
Marcus
HARTER SOMMER
Es ist Sommer, und Christian ist mit Rachel nach Kenia in den Urlaub gefahren. Wir warten noch immer auf die Ankunft der Discoausrüstung bei der Pfingstkirche. Wir haben auf dem Schwarzmarkt Dollar gewechselt, damit Christian in Kenia Musik kaufen kann und das Geschäft auch weiterhin eine Attraktion bleibt. Ich muss mich drei Wochen allein um das Geschäft kümmern, die Verantwortung für die kleine Diskothek hat Abdullah. Jeden Morgen laufe ich mit den LP s und Christians Kassettenrekorder den ganzen Weg bis zur Stadt. Wie schwer das ist? Wie bei einem Träger auf dem Berg. Und kurz vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück.
Konrad ist ein belgischer Mann, der in bwana Knudsens und Katriinas Haus an der Kilimanjaro Road wohnt, während die Erwachsenen und die Mädchen in den Sommerferien in Dänemark und Schweden sind. Konrad hat auch das Auto und den Koch Issa gemietet. Manchmal gehe ich abends zu ihm und unterhalte mich mit Konrad; wir trinken Bier und spielen Kalaha. Er spielt für einen weißen Mann gut, aber er gewinnt nur, wenn ich dafür sorge. Konrad steht jeden Morgen früh auf und fährt zu einer Farm in Kahe in der Nähe der TPC , wo er angestellt ist, um Bohnen zu züchten, die nach Europa geflogen werden. Eines Tages hält er neben mir, als ich gerade die Sachen in die Uru Road nach Hause schleppe.
»Steig ein«, sagt er.
»Danke.« Wir fahren.
»Kann die Musik nicht einfach im Laden bleiben?«
»Der dänische Junge glaubt, die Sachen würden gestohlen.«
»Der Junge denkt sehr egoistisch«, sagt Konrad.
»Ja, andere leiden für sein Wohlbefinden.«
»So, wie er seine Freundin behandelt hat – das war schlecht.«
»Seine Freundin? Er macht ihr ständig Geschenke.«
»Nein, die weiße Freundin«, sagt Konrad.
»Oh ja. Er ist verhext vom schwarzen Wunder.«
»Bezahlt
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