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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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vorbeigekommen.«
    »Nein.«
    »Doch.« Ich öffne die Beifahrertür, steige ein, schließe die Tür.
    »Hat Solja es gesehen?«, fragt Vater, als er einsteigt.
    »Was glaubst du denn?«
    »Hat Jonas euch gesehen?«
    »Nein, aber er hat was gehört«, antworte ich, rauche hastig meine Zigarette und ziehe die Nase hoch. »Sie hat einen Stein geworfen und eines der Seitenfenster des Wagens eingeschmissen.«
    »Du solltest nicht rauchen«, sagt Vater.
    »Tja.«
    »Es ist ungesund.«
    »Du bist von Idioten umgeben«, sage ich und rauche weiter, bis ich die Kippe ins Zuckerrohr schnipsen kann. Vater sagt nichts mehr. Wir fahren schweigend nach Hause.
Marcus
    KLUGES KIND
    Solja redet vier Tage nicht. Katriina fährt das Mädchen zu den mzungu -Ärzten ins KCMC , aber sie können nichts feststellen. Ich sitze mit Solja an meiner Seite auf der Veranda und lese ihr ein englisches Kinderbuch vor. Da schaut Solja ihre Mutter an und sagt auf Swahili: » Ninataka umbwa « – das Mädchen ist total gut in der Sprache. Katriina springt auf, sagt irgendetwas auf Schwedisch und klatscht in die Hände. Solja schaut weiter ihre Mutter an, die wiederum mich ansieht.
    »Was sagt sie, Marcus?«, fragt Katriina nervös.
    »Sie sagt, sie will einen Hund.«
    »Wieso?«
    » Kwa sababu ya wezi. «
    »Sie sagt, wegen der Diebe.«
    »Ist es notwendig, einen Hund zu haben?«, fragt Katriina ziemlich verwirrt.
    »Hund ist gut«, sage ich. »Verstehst du, wir Schwarzen haben Angst vor Hunden.«
    »Aber wir haben doch den Wachmann«, sagt Katriina, kommt zu uns und streichelt Solja über die Wange. Sie murmelt irgendetwas auf Schwedisch. Ich erkläre es.
    »Der Hund ist nicht dafür da, den Dieb zu stoppen. Er ist ein Wecker für den Wachmann, damit der aufwacht, wenn der Dieb unterwegs ist.«
    »Glaubst du, dass der Wachmann schläft?«, möchte Katriina wissen.
    »Was glaubst du, was er macht?«
    »Sag noch etwas«, sagt Katriina zu Solja.
    » Ninataka umbwa «, sagt das Kind.
    »Kannst du einen Hund beschaffen?«, fragt Katriina.
    »Ja.«
    Solja redet Schwedisch, Wörter, die ich verstehe: »Danke, Mama.« Ein sehr kluges Kind.
    ABGESCHLAGENE KÖPFE
    Die Eltern glauben, alles ist wild und gefährlich in Afrika; die Kinder dürfen nicht einfach so herumlaufen. »Idi Amin war ein Barbar«, sagen die Erwachsenen zueinander. Tansania schmiss Big Daddy 1979 aus Uganda raus, weil er unser Land angegriffen hatte. Und jetzt kommen die Geschichten über Amins Wahnsinn; er ermordete und folterte dreihunderttausend Menschen; er hatte abgeschlagene Köpfe in seiner Gefriertruhe, die er herausnahm, um sich mit ihnen zu unterhalten. Er fraß seine Frau auf. Er begrub seine Feinde bei lebendigem Leib oder warf sie den Krokodilen vor. Lebendige Menschen wurden gefesselt, und dann setzte man ihnen einen umgestülpten Metalleimer auf den Bauch, mit einer Ratte darin. Auf dem Boden des Eimers wurde ein Feuer angezündet, und die Ratte flüchtete vor dem Feuer, indem sie sich durch den Bauch des Opfers fraß. Amin war schwarz, und jetzt glauben die wazungu , die Schwarzen hätte alle die gleiche Barbarei im Blut.
    Als ich bei dem Pastor wohne, werde ich zu einem kleinen Wachmann für die deutschen Kinder, denn ich kenne den Weg in der schwarzen Wildnis. Die Missionarskinder gehen auf die ISM – International School of Moshi; dorthin gehen alle wazungu -Kinder und Diplomatenkinder, wahindi -Kinder und die Kinder der korruptesten Politiker, die das viele Schulgeld bezahlen können.
    Wenn ich aus der Schule nach Hause kam, konnte ich mit den deutschen Kindern spielen. Ich war ein bisschen älter als sie – drei Jahre. Es war merkwürdig, am selben Tisch zu sitzen und mit einer neuen deutschen Familie zu essen. Sie wussten nicht einmal, ob ich einen Löffel halten kann. Wie würde ich mich benehmen? Sie haben Angst, denn ihrem Blut nach sind sie Rassisten. Ein Kind fragte das andere Kind: »Hat der schwarze Affe gegessen?« Das Kind zeigt auf mich, vergisst, dass ich viele Wörter verstehe. Sogar die Mutter, sie sagt: »Hat der Schwarze sich gewaschen? Ich meine, so etwas wie Negerschweiß zu riechen.« Aber ich beginne mit den Kindern, sie essen zu Hause bei mir, wenn der Pastor nicht da ist. Denn wenn der Pastor kommt, und ich spiele mit den Deutschen, ist das gefährlich.
    Der Pastor wird am Abend nach Hause kommen und entdecken, dass in meinem Zimmer Licht brennt, und er wird kommen und die Birne herausschrauben, weil ich seinen Strom fürs Lesen der Hausaufgaben

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