Liberty: Roman
mit den wazungu und kannst deinem Vater nicht einmal ein kleines Geschenk geben, nachdem er dich aufgezogen hat?«, brüllt er und taumelt. Die Gäste an der Bar hören auf zu reden – sie wollen sehen, ob es unterhaltsam wird.
»Sie bezahlen meinen Schulunterricht und das Essen – ich bekomme kein Geld von ihnen.«
»Du lügst!«, brüllt mein Vater und spuckt mich an. »Du bist nicht mein Sohn!« Er streckt die Hand aus, um mich fortzustoßen, doch die Koordination zwischen Auge und Arm ist vom mbege gestört – der Arm trifft nur die Luft, denn ich bin zur Seite getreten. Mein Vater fällt mit dem Gesicht voran in den Staub. Die Leute grinsen, denn es ist immer komisch, andere zu Boden gehen zu sehen. Mein Vater murmelt und streckt einen Arm aus, um sich aufhelfen zu lassen. Ich drehe mich um und gehe, wobei ich mir eine Zigarette anstecke und rauche. Ich gehe zu meiner weißen Familie, die meine Wohltäter sind.
SAHNESCHENKEL
Tita und der dicke Asko haben endlich ihr eigenes Haus und sind aus dem YMCA ausgezogen, aber dem Haus fehlt eine Sauna.
»Ich habe keine Zeit, eine zu bauen«, sagt Asko. Er ist der Sägendoktor bei der FITI , er bringt den Schwarzen bei, wie man die Sägen schleift, damit man sägen kann.
Tita zwitschert wie ein Vogel; sie will die Sauna bald, sonst wäre das Leben in diesem heißen Land unmöglich. In der Waldschule dürfen Askos Schüler ihre Sägen ausprobieren und Bretter auf die Länge der Sauna zuschneiden. Die Bretter werden zu Askos und Titas Haus gebracht, und ich werde als Aufsicht über die einheimischen Handwerker hingeschickt, obwohl das bedeutet, dass ich die Schule schwänzen muss. Und heute ist mein Geburtstag – sechzehn Jahre. Niemand weiß es, und so bleibt die Feier ein Traum. Tita erklärt in einem merkwürdigen Englisch, wie sie die Wände und die Decke haben will, und ich gebe es auf Swahili weiter.
»Marcus!«, ruft sie von der Veranda vorn am Haus. Ich gehe zu ihr. Sie liegt auf einer Gartenliege auf dem Bauch, so gut wie nackt in der Sonne. Ein knappes gelbes Höschen, schöne runde Sahneschenkel, Beine wie ein V, und ich sehe kleine blonde Haare, die von der Blume herausragen. Der Rücken ist völlig blank. Ich bleibe ein Stück neben ihr stehen. Dieser Hintern ist nicht flach und langweilig wie bei anderen weißen Frauen. Titas Arsch – bereit zum Tanz.
»Was ist denn?«, sage ich. Sie stützt sich auf und sieht mich an. Aus den Augenwinkeln sehe ich die Brust, klein und glatt.
»Komm mal her«, sagt sie ein wenig ungeduldig. Ich komme. Sie zeigt auf eine orangefarbene Plastikflasche. »Nimm ein bisschen davon und schmier mir den Rücken ein.« Ich gieße etwas auf meine Hand, schmiere es auf ihre Schulterblätter und den Rücken hinunter, aber nur bis zur Mitte, so dass meine Hand weit entfernt ist von ihren titi und ihrem Hinterteil. »Nun mach es schon ordentlich«, sagt sie. »Auch die Seiten.« Die weiße Haut sagt, was die schwarze Hand auf ihr machen soll. Die Sauna ist noch nicht fertig, aber innerlich bin ich entzündet – große Hitze. Ist das mein Geburtstagsgeschenk? »Das war doch gar nicht so schlimm, oder?«, sagt Tita.
»Nein.«
»Du bist ein guter Junge.«
»Ja«, sage ich.
Christian
Arusha Nationalpark. Vater hat sich einen Land Rover geliehen, wir fahren herum und sehen uns die Tiere an. Jonas fährt in ihrem Land Cruiser zusammen mit einem schwedischen Gast, der Andreas heißt. John und Miriam aus der TPC nehmen zusammen mit Miriams jüngerer Schwester Vera, die aus Kenia zu Besuch gekommen ist, ebenfalls teil.
Wir sind wieder in der Lodge, bevor es dunkel ist. Duschen mit Wasser, das die Sonne den Tag über in einem Wassertank aufgewärmt hat.
Alle treffen sich auf der Veranda vor dem Restaurant. Sundowner . Ich gehe mit Vater hinüber. Jonas und Andreas sitzen zusammen mit John, Miriam und Vera. Mika und Solja sind in Moshi geblieben.
»Na, was für eine Suppe gibt es heute?«, fragt Vater.
»Sie nennen es Kartoffelsuppe«, antwortet Jonas und grinst.
»Ich vermisse die Hühnersuppe«, sagt Andreas. Es gibt jeden Abend Suppe als Vorspeise. Der Name ändert sich täglich, aber es ist die gleiche Suppe. Klare Bouillon. Erst hieß sie Hühnersuppe – mit einer Fleischeinlage. Dann gab es kein Hühnerfleisch mehr, und sie haben eine Handvoll Karotten hineingeworfen: Karottensuppe. Heute: Kartoffelsuppe. Das Hauptgericht ist ebenfalls gleich: zähes Rindfleisch mit Ketchup, Pommes frites und Weißkohlsalat.
Andreas
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