Liberty: Roman
Nicht heute Abend.«
»Dann bis später«, verabschiedet sie sich von mir auf Swahili. Und zu Anders sagt sie »I love you«, bevor sie sich umdreht und weggeht – schaukelnd und wiegend.
»Willkommen im Paradies der schwarzen Löcher.«
»Oh, verflucht, ich liebe dich auch …«, ruft Anders in die Dunkelheit.
»Sie ist eine Nutte.«
»Das ist mir klar. Aber offenbar brauche ich eine Nutte, wenn ich schon nicht an Matilda darf.«
»Nein, aber … ach, mach, was du willst. Ich meine, sie wird dich nicht ordentlich behandeln. Sie wird all das Konkrete, Technische erledigen, aber wie eine … Maschine – ohne Gefühl.«
»Matilda?« Er begreift nicht, dass ich von den Huren rede – mein Dänisch fühlt sich verrostet an in meinem Mund.
»Nein. Matilda würde dir alles geben, um dich an den Haken zu bekommen. Ich rede über diese Nutte, die eben hier war.«
»Ja, sie ist eine Hure – Gefühle kann man nun mal nicht kaufen, Christian.«
»Bist du sicher?«
»Aber was ist mit Matilda, wieso eigentlich nicht?«, will Anders wissen – tja, wo ist die Logik? Ich bin mit Rachel zusammen, warum soll er nicht mit Matilda schlafen?
»Wenn du es machst, dann machst du es eben, aber du musst wissen, dass sie es tut, um das Ticket zu bekommen, und das werde ich dann zu hören bekommen … die nächsten beiden Jahre wird mir ständig die Frage gestellt werden, wann du zurückkommst.«
»Du willst Rachel also mit nach Dänemark nehmen, wenn du nach Hause kommst? Willst du mir das sagen?«
»Wir müssen uns noch besser kennenlernen, aber sollte ich nach Hause zurückkehren, ja.«
»Du weißt es nicht?«, fragt Anders. Darauf antworte ich nicht. Soll ich für Anders den Zuhälter spielen, damit er mal schwarzfahren kann? Es würde alles nur schlimmer machen. Schwarze Beeren haben den süßesten Juice.
Wir prosten uns zu und bestellen noch ein Bier. Und Konyagi. »So heißt Schnaps hier«, erkläre ich Anders. Jedes Mal, wenn ein Mädchen vorbeigeht, sieht er ihr nach. Ich überlege, ob ich von Rachel erzählen soll – was sie gewesen ist. Soll ich über Aids reden? Das Risiko? Aber ich habe keine Lust, von diesen Dingen zu sprechen, und ich glaube auch nicht, dass Matilda mal anschaffen gegangen ist.
»Das Tauschverhältnis ist wahrscheinlich das Gleiche«, sage ich. »Es ist nur ausgeprägter hier.«
»Das Tauschverhältnis?«
»Wenn du mit einem Mädchen zusammen bist, dann … auf die eine oder andere Weise musst du bezahlen, um sie zu bumsen.«
»Wie?«
»In Dänemark bezahlst du auch.«
»Mach ich nicht«, behauptet Anders.
»Nein, nicht bar, aber … mit anderen Dingen.«
»Ja, natürlich«, gibt er zu.
»Ich meine, bei Matilda wird es gratis sein, in der Hoffnung, dass du sie mitnimmst. Letztlich wird sie beschissen.«
»Sie soll schon was dafür haben«, erklärt Anders. »Aber ich bin sicher nicht die reichste Nummer der Welt.«
Ich diskutiere nicht weiter. Wenn er mit Matilda schläft – dann ist es eben so.
»Was ist mit deiner kleinen Schwester?«, erkundige ich mich. »Wie geht’s ihr – Linda?«
»Die Männer, mit denen sie zusammen ist, bezahlen jedenfalls bar, ganz klar.«
»Was meinst du?«
»Die Freudenmädchen.«
»Sie ist …?«
»Aber wie.«
»Echt?«
»Na ja, Linda ist nicht billig, ganz sicher nicht. Soweit ich weiß, ist sie eine richtige Luxushure. Wenn man es für einen Luxus hält, eine sechzehnjährige Göre zu ficken.«
Ich sage nichts.
Wir sollen in einer Secondary School im Rombo Distrikt spielen. Wir haben uns Dicksons Pick-up geliehen. Ich fahre, Abdullah weist den Weg, Anders und Rachel sitzen zwischen uns. Auf der Ladefläche hocken Firestone und Rogarth mit der Anlage, die gut in Decken und Kisten verpackt ist, damit auf der holprigen Straße nichts kaputtgehen kann. Khalid ist nicht dabei, er liegt mit Malaria zu Hause in Swahilitown.
Um sechs kommen wir an der Schule in Rongai an und beginnen mit dem Aufbau der Anlage in der Aula der Schule; Rachel versucht, ein paar Colas für uns zu organisieren. Die elektrische Spannung ist niedrig, aber wir haben unseren Dieselgenerator dabei. Allerdings können wir damit lediglich die Anlage betreiben, kein Licht. Firestone baut den Generator in einem Nebenraum auf, damit er die Musik nicht stört. Rogarth verlegt die Kabel zu den Lautsprechern, während ich die Anlage auf die Tische der kleinen Bühne stelle. Wir können kaum etwas erkennen. Ich finde den Hausmeister, der zwei Petroleumlampen beschafft, die wir
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