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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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winke.
    »Der weiße Neger!«, ruft er zurück. Er sieht erschöpft aus, lächelt aber erleichtert. Ich gehe hinunter. Er sieht mich und kommt zu der Glasscheibe, die Gepäckausgabe und Vorhalle trennt.
    »Oh Mann, was für eine Tour! Gut, dich zu sehen.«
    »Es wird eine Weile dauern, bis dein Gepäck kommt.« Anders wechselt die fünfzig Dollar, die bei der Einreise verlangt werden, in den offiziellen Kurs – lächerlich. Es gibt Strom, aber das Gepäckband ist kaputt, und erst nach einer langen Wartezeit werfen sie die Koffer durch das Loch des Gepäckbandes in der Wand. Dort steht ein anderer Arbeiter, der die Koffer auf den Boden stellt. Anders ist meinem Rat gefolgt und hat seinen Koffer komplett mit braunem Paketklebeband umklebt – die Flughafenarbeiter in Moskau glauben dann, es handele sich um russisches Gepäck, das nicht lohnt, aufgebrochen zu werden.
    »Aufmachen«, fordert ihn der Zöllner auf.
    »Aber mein Taschenmesser ist im Koffer«, erwidert Anders. »Ich durfte es im Flugzeug nicht mitnehmen.« Ich sehe, dass der Zöllner ungeduldig wird.
    »Dann müssen Sie warten«, sagt er. Anders kommt zu mir, während der Zöllner die anderen Passagiere abfertigt.
    »Was zum Teufel ist hier los?«, fragt er mich durch die Glasscheibe.
    »Bleib ganz locker.« Ich erinnere ihn daran, was er sagen soll: Er will den Kilimandscharo besteigen und meinen Vater in Shinyanga besuchen. Und er soll das YMCA in Moshi als Adresse angeben. Ich grüße den Zöllner höflich auf Swahili. Er antwortet auf Englisch – ein richtiges Arschloch. Ich spreche weiter Swahili mit ihm: Ob Anders sich mein Taschenmesser leihen dürfe, um seinen Koffer zu öffnen? Jetzt stößt sein Englisch an seine Grenzen.
    »Warum hat er das mit seinem Koffer gemacht?«, fragt er auf Swahili. Ich erkläre ihm die Sache mit den Russen. »Ah ja, die Russen«, sagt er und schüttelt den Kopf. »Wohnst du hier?«
    Ich behaupte, ich wäre zu Besuch bei meinem Vater in Shinyanga, der für die ushirika arbeitet – die Genossenschaftsbewegung. Und mein alter Schulkamerad und ich wollen den Kilimandscharo besteigen.
    »Aber du sprichst gut Swahili«, meint der Zöllner.
    »Danke«, antworte ich und erzähle ihm, wie lange ich hier gewohnt habe. Von der TPC und so weiter. Anders hockt auf dem Boden und sägt das Klebeband mit einem gewöhnlichen Messer aus der Cafeteria durch.
    »Hat er ein Geschenk für mich im Koffer?«, erkundigt sich der Zöllner.
    »Ich glaube, darin sind nur seine Sachen für die Bergtour.«
    » Tsk «, schnalzt der Zöller und zündet sich eine Zigarette an. Dann breitet sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, er scheucht uns mit der Hand fort und dreht uns den Rücken zu.
    »Vielen Dank«, rufe ich ihm hinterher und wende mich an Anders: »Wir sind durch.«
    »Was? Will er den Scheiß jetzt nicht sehen?«
    »Nein. Er wollte nur sehen, ob wir leicht zu erschrecken sind. Los, komm.« Anders kommt zu mir heraus.
    »Meine Fresse!«, murmelt er ununterbrochen, als wir zum Parkplatz gehen. »Ich habe keine Sekunde geschlafen, Mann. Acht Stunden im Flughafen von Moskau. Der traurigste Ort auf der Erdkugel. Beton, Beton, Beton.« Er bleibt stehen und sieht sich um.
    »Wow, Christian!« Er bietet mir eine Prince an. Wir rauchen. Ein merkwürdig gehemmtes und gleichzeitig ausgelassenes Gefühl. Ich befestige seinen Koffer auf dem Motorrad mit Gummistropps, die aus alten Reifenschläuchen geschnitten sind. Er raucht. »Tut mir echt leid mit der Sozialhilfe.«
    »Ach, ist schon okay. Du hast getan, was du konntest.«
    »Tja, also, ich bin zum Arbeitsamt gegangen, um deine Karte stempeln zu lassen, und da nimmt dieses Weibsstück deine Karte und sagt, ich soll einen Moment warten. Ich habe gewartet und geschwitzt und versucht, sie im Auge zu behalten, als sie zu einer anderen Alten ging und mir ihr redete. Und die ganze Zeit haben sie mir so misstrauische Blicke zugeworfen. Dann sagt die andere Alte: ›Es sieht so aus, als gäbe es da ein kleines Problem. Könntest du mal mit ins Büro kommen?‹ Da bin ich abgehauen, einfach raus und weg.«
    »Na ja, klar. Es war nett von dir, dass du es überhaupt getan hast. Es hat mir wirklich geholfen. Und mach dir keine Sorgen ums Geld, während du hier bist. Ich übernehme die Ausgaben, kein Problem.«
    »Cool«, sagt Anders. Wir steigen auf und fahren nach Moshi. Jetzt gibt es Verkehr und Frauen auf dem Weg zum Markt, die übervolle Gemüsekörbe auf dem Kopf tragen. »Überall Neger!«, schreit

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