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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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er krank wird; er schwitzt, hustet, scheißt – alles auf einmal. Ich stehe in seinem stinkenden Zimmer und biete ihm an, ein Taxi zu holen, um ihn ins KCMC zu bringen.
    »Nicht ins KCMC «, sagt Ibrahim. »Man stirbt dort.« Es sieht nicht aus wie Malaria. Es erinnert an etwas anderes. Schlimmeres.
    »Aber du musst zum Arzt. Damit du weißt, was los ist.«
    »Das ist nur eine heftige Malaria«, behauptet Ibrahim.
    »Okay. Was kann ich sonst für dich tun?« Ibrahim will nach Hause in sein Dorf, in die Hütte seiner Eltern. Sie wohnen an der Küste, nicht weit von dem Ort, aus dem Rachel kommt.
    »Ich komme nach Moshi zurück, wenn ich wieder gesund bin«, sagt Ibrahim. Ich glaube nicht, dass er sich wieder erholt. Ich miete bei Chuni Motors ein altes Auto. Fahre Ibrahim nach Hause. Es ist schrecklich. Wir müssen unzählige Male halten, weil er nichts bei sich behalten kann. Als wir endlich ankommen, liegt er zitternd und schwitzend auf dem Rücksitz und hat sich in die Hose gekackt. Er zeigt mir das Haus seiner Eltern, und ich helfe seinem Vater, ihn hineinzuschleppen. Die Mutter jammert vor Ohnmacht, schlägt sich ins Gesicht, heult. Mit der Krankheit verbindet sich eine große Scham, aber ich sehe an dem Haus, dass die Familie nicht ganz arm ist. Der Vater sieht aus wie ein guter Kerl, vielleicht kann er Ibrahim in seiner letzten Zeit auf Erden helfen.
    »Die Besitzerin des Liberty war gezwungen zu verkaufen«, erzählt Rogarth. »Es gibt da jetzt einen neuen Mann.«
    »Hast du mit ihm geredet?«
    »Er hat mich gefragt. Ich habe gesagt: ›Ich weiß nicht, du musst mit dem Chef reden.‹ Ich glaube, er wird herkommen.«
    Im Liberty ist lange nichts mehr passiert. Die Bar mit der Veranda zur Straße lief ganz gut, aber die Diskothek im hinteren Teil ist geschlossen. Der arabische Besitzer von Faizals Anlage ist in ein Hotel nach Tanga umgezogen, und die Frau, der das Liberty gehörte, wollte uns nach dem Osterfiasko nicht mehr sehen, als wir uns Faizals Verstärker geliehen haben und er sie deshalb hat sitzen lassen.
    Und ganz richtig. Ein paar Tage später kommt der neue Besitzer in einem ramponierten Auto zu mir. Lädt mich ins Liberty ein. Wir fahren hin und sehen uns den Raum an.
    »Ich werde dir achtzig Prozent des Eintritts geben«, schlägt er vor.
    »Hundert«, sage ich.
    »Im Amands verdienst du nichts.«
    »Das ist richtig. Ich bin fast pleite. Wenn ich hier nichts verdiene, muss ich den nächsten Flug nach Hause nehmen.«
    »Dann würde ich gern deine Anlage kaufen.«
    »Ich habe bereits einen Käufer in Arusha«, behaupte ich, obwohl es gelogen ist.
    »Okay«, lenkt er ein. »Du bekommst hundert Prozent.« Außer Rogarth und mir ist niemand da, um die Anlage zu transportieren. Aber die anderen riechen das Geld wie Schakale das Aas. Sie kommen.
    »Ich verlege die Kabel«, erklärt Emmanuel.
    »Ich habe kein Geld, um dich zu bezahlen.«
    »Geld?«, lacht er. »Wir sind Freunde. Wenn wir den Laden zum Laufen bringen, verdienen wir alle zusammen Geld.«
    Und Firestone taucht auch auf, stammelnd, stotternd und hilfsbereit.
    Es tut gut, wieder anzufangen. Das Liberty – die erste richtige Diskothek, in der ich als junger Bursche mit Marcus gewesen bin. Ich erinnere mich an den Abend, als ich meinen Vater mit Jonas Larsson, John von der TPC und ein paar dicken alten malaya im Kilimanjaro Hotel gegenüber gesehen habe. Marcus und ich sind über die Straße ins Liberty gegangen, wir haben uns betrunken, die Musik gehört, getanzt. Und jetzt soll ich selbst hier auflegen. Ich freue mich darauf, ich habe diesen hässlichen, heruntergekommenen Raum immer geliebt.
    Der erste Abend. Ich stehe in dem Glaskasten, der unter der Decke direkt über der Bar hängt, und blicke über den dunkel wogenden Boden; die glühenden Zigaretten sehen wie unruhige Feuerfliegen aus. Die Party hat ihren Höhepunkt fast erreicht. Ich ziehe eine Liveaufnahme mit Linton Kwesi Johnson heraus und lege sie auf.
    »Ah-ah-ah-ah-ah-ah …«, brüllt Firestone, der die verborgene Treppe hinaufstürmt und in den DJ -Käfig stürzt. Er bleibt vor mir stehen und hüpft beinahe auf der Stelle. »Ah-ah-ah-ah-ah …«, stottert er und sieht mich frustriert an. »Ah-ah-ah …« Er unterbricht sich wieder, ballt die Fäuste, hat Tränen in den Augen. »Ah-ah-ah …« Ich umarme ihn, drücke ihn fest an mich. »Abdullah ist hier«, stößt Firestone überrascht aus, öffnet seine Hände, schaut darauf, sieht mir ins Gesicht und lächelt, redet dann

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