Liberty: Roman
habe ein Touristenvisum. Mein Vater wohnt in Shinyanga. Ich bin nur auf Besuch hier«, versuche ich es.
»Wir können dich nicht gehen lassen, vielleicht läufst du uns ja davon. Wenn du ein Tourist bist, musst du die ganze Zeit deinen Pass in der Tasche tragen. Aber du bist überhaupt kein Tourist.« Und dann lacht er. Laut. Er legt die Hände auf seinen gewaltigen Bauch und lacht laut und freundlich. » Eeehhh «, sagt er. »Ich kenne dich so gut. Du bist der weiße Junge aus der Mörderfamilie. Ich erinnere mich an den toten Mann, der nie etwas bezahlen wollte. Aber dein Vater war schnell mit der Bezahlung, damit alle verstanden, dass der tote Mann gefallen ist und sich den Kopf gestoßen hat – nicht ein einziger Mensch hatte etwas mit dem Unfall zu tun. Eure Sorte schafft so viel Durcheinander in Afrika, wir mögen euch hier einfach nicht. Nur wenn ihr bezahlt – dann mögen wir euch.«
Ich sage nichts, mein Gesicht fühlt sich an wie Holz.
Wir werden in eine kleine Zelle gesteckt. Rogarth und ich zusammen mit ein paar von den Schlägertypen, die vermutlich Benson bezahlt hat. Sie sagen nichts. Wir sagen auch nichts.
Am Vormittag werden wir aus der Zelle geholt. Rachel ist da.
»Ich möchte ihm das hier geben«, sagt sie zu der Polizistin hinter der Schranke. »Es ist sein Pass. Er braucht ihn.« Die Polizistin streckt die Hand aus: »Ich werde ihm den Pass geben. Du darfst nicht mit ihm sprechen.« Mir gelingt es noch, Rachel zuzunicken, bevor wir ins Büro gebracht werden. Die Polizistin legt dem Polizeibeamten den Pass hin: ein rotes Heft, das mich retten soll. Der Polizist grunzt.
»Das ist mein Pass«, erkläre ich. »Sie können sich selbst davon überzeugen, dass mein Touristenvisum absolut in Ordnung ist.« Jedes Mal, wenn ich über die Grenze nach Kenia gefahren bin, ist der Pass bei der Rückkehr mit einem neuen dreimonatigen Touristenvisum für Tansania versehen worden – manchmal mit Hilfe von etwas Schmiergeld. Aber alle tun etwas Illegales, das ist normal.
Der Polizeibeamte blättert in dem Pass, ohne etwas zu sagen oder mich anzusehen. Er greift zum Telefonhörer, ruft irgendwo an.
»Kommt aufs Revier, wir haben hier einen mzungu. Er darf sich durchaus im Land aufhalten, aber nicht tun, was er tut. Er darf kein Geschäft betreiben.«
Ich warte. Eine halbe Stunde später kommen sie aus ihrem Büro an der Boma Road. Die Hoffnung auf Geld hat sie zur Eile angetrieben. Sie wissen nicht, dass ich pleite bin. Die Leute von der Einwanderungsbehörde treten ein. Es sind zwei Offiziere, eine Frau und ein Mann. Und ich kenne sie. Sie sind häufig zu Gast im Golden Shower gewesen, sie hat hübsch getanzt. Er heißt Lukas, ich habe Bier mit ihm getrunken. Sie sehen sich meinen Pass an.
»Oh, oh«, sagt Lukas. »Das ist ja furchtbar. Wir sehen genau, was du getan hast. Du hast … sobald dein Touristenvisum abzulaufen drohte, bist du nach Kenia gefahren, und wenn du zurückgekommen bist, wurde das Visum um drei Monate erneuert. Das ist vollkommen gegen die Vorschriften.« Die Frau sieht mich streng an.
»Wir wissen, dass du sogar ein Haus in Shanty Town gemietet hast. Du wohnst jetzt bereits einige Jahre hier, aber du hast keine Aufenthaltserlaubnis. Und jetzt hören wir, du würdest mit einer Diskothek arbeiten, aber du hast auch keine Arbeitserlaubnis. Wenn wir die IRS anrufen, werden die uns bestimmt erzählen, dass du nie Steuern in Tansania bezahlt hast, obwohl du im Land wohnst.«
Ja, du dumme Kuh. Verdammt noch mal, du hast in dieser Diskothek getanzt. Verflucht. Wer ist mein Freund und wer mein Feind? Lukas übernimmt.
»Unseren Informationen nach warst du vor der Diskothek an einem Kopiergeschäft an der Rengua Road beteiligt. Einem Laden, der Roots Rock heißt. Aber du hast weder Steuer noch andere Abgaben an die Behörden gezahlt. Das ist sehr ernst.«
Marcus. Das ist seine Rache. Und dieser Scheißeinwanderungsbeamte hat sich im Roots Rock Kassetten aufnehmen lassen. Ich erinnere mich an seine Fresse. Marcus kann doch keinerlei Vorteil aus dieser Geschichte ziehen. Dumm. Er ist wütend und besoffen.
»Und was machen wir jetzt mit ihm?«, fragt der Polizeibeamte.
»Wir ziehen seinen Pass ein und laden ihn zu einem Gespräch vor«, antwortet die Einwanderungsbehördenfrau.
Ich werde auf freien Fuß gesetzt. Ich habe kein Geld. Nichts. Rachel steht vor der Tür.
»Was machen wir?«, will sie wissen.
»Hast du etwas Geld?«
»Du weißt doch, dass ich nichts habe«, sagt sie.
Wir
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