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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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auf die Bank – ist es so?«
    »Ich weiß es nicht«, sagt Christian.
    »Was weißt du dann?«
    »Wovon, verdammt? Ich habe in deinem Ghetto geschlafen.«
    »Ja, aber du weißt, dass du geweckt wurdest.«
    »Ja, und da warst du schon wach.«
    »Ich war wach. Ich war oben im Haus und habe Carlsberg gestohlen.«
    »Also warst du es vielleicht, der das Holz nachgelegt und ihn auf den Kopf geschlagen hat. Du hast den Mann doch wie die Pest gehasst«, sagt Christian.
    »Und welchen Vorteil hätte ich davon gehabt, Jonas umzubringen?«
    »Er konnte dich nicht mehr ausnutzen.«
    »Nein, dann ist mein Job nicht mehr sicher, dann verliere ich meine Wohnung und mein Motorrad, auf dem ich herumfahre, mein Essen und mein Carlsberg, dann verliere ich den Kontakt zu meinen schwedischen Pflegetöchtern und meine Chance auf einen Kurs in Schweden, dann verliere ich meine letzten Verbindungen zu meiner schokoladenfarbigen Tochter in Finnland. Dann verliere ich alles und bleibe zurück als ein Neger im Staub.«
    »Mir ist Jonas egal, er ist tot.«
    »Du machst die Augen nicht auf, Christian. Schau genau hin: Woher kommt der Regen, und auf wen fällt der Regen? Wer erntet die gute Saat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Darum bist du zu dumm, um hier zu leben. Du bist kein Neger. Du bist nicht weiß. Du weißt nicht, wer du bist«, sage ich.
    »Das weißt du aber auch nicht.«
    »Doch, jetzt weiß ich es. Ich bin der Fremde.«
    Christian schaut mich eine Weile an. »Katriina?«, sagt er.
    »Sie verliert ihr Heim und ihr Geld, müsste zurück nach Schweden – als alleinstehende Mutter mit zwei Kindern. Kein Königinnenleben mehr in Afrika. Nein, ich glaube, Katriina schläft mit ihren Mädchen in dem großen Bett. Wer könnte Jonas sonst noch geschlagen haben? Wer fehlt noch in dieser Gesellschaft?«
    »Ich habe geschlafen, ich weiß es nicht«, sagt Christian. »Jonas ist gestorben – kein großer Verlust. Ich war’s jedenfalls nicht.«
    »Ich habe deinen Vater gesehen, wie er dich wecken ging. Was hat er gesagt?«
    »Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Dass wir aufbrechen sollen?«
    »Um sechs Uhr morgens müsst ihr los, obwohl du schläfst. Obwohl er noch so besoffen ist, dass der Land Rover im Garten Bäume fällt, als er ihn wendet. Obwohl es im Wohnzimmer ein Sofa gibt, auf dem er schlafen kann. Was hat er noch gesagt?«, frage ich. Christian weiß es.
    »Ich weiß es nicht«, antwortet er.
    »Du glaubst, ich würde die dänische Sprache nicht verstehen? Rebekka hat mich in der Sprache zu einem Schweden gemacht. Ich kann mein Nachbarland verstehen, alles.«
    »Was hat er denn gesagt?«
    »›Wir sollten nicht hier sein, wenn es Morgen wird.‹«
    »Das ist doch klar. Er wurde in die ganzen Streitereien zwischen Jonas und Katriina hineingezogen. Jonas ist sauer auf ihn. Er will nicht mit einem Kater auf ihrem Sofa aufwachen und sich wieder Jonas’ Stänkereien anhören, dass meine Mutter ihn verlassen hat.«
    »Ja, dein Vater ist darin verwickelt. Katriina hat auch ihn darin verwickelt – komplett«, sage ich mit einer hässlichen Bewegung meines Arms und des Unterleibs.
    Christian sagt keinen Ton.
    »Noch bevor Jonas starb, gab es gewisse Aktivitäten zwischen Katriina und deinem Vater.«
    Christian sagt noch immer nichts.
    »Du gehst als Schlafwandler durchs Leben. Du bist ein Fremder. Du bist verkehrt hier. Und jetzt musst du von hier verschwinden.«
    »Wohin?«
    »Fort.«
    »Ach, Mann, hör auf. Ich hab nicht mal Geld fürs Benzin«, sagt Christian. Ich stehe auf, grabe in meiner Hosentasche und ziehe ein paar Geldscheine heraus, genug für Benzin und Essen bis nach Shinyanga, lege sie auf den Sitz des Stuhls, nehme meinen Kaffeebecher, gehe ins Haus und schließe die Tür. Einen Augenblick später wird das Motorrad angelassen. Ich öffne die Tür. Der Sitz des Stuhls ist leer.
Christian
    Fahre aus Moshi heraus. Die Uru Road. Weiter westlich in Richtung Arusha. Der Flughafen liegt unten in der Steppe. Ich habe kein Geld für ein Ticket. Halte an einem Kiosk am Straßenrand, trinke eine lauwarme Cola und starre auf den Berg, der klein hinter mir aussieht. Als ich mich Arusha nähere, wird mir schwindelig. Meine Glieder sind steif wie Holz. Ich drossele das Tempo. Kann nicht zur Mountain Lodge fahren. Sofie würde mir ein Bett geben, glaube ich zumindest. Aber Mick? Er will mich nicht mehr sehen, und ich ertrage es nicht, ihn zu sehen. Er hatte recht. Ich suche mir ein Guesthouse. Schiebe das Motorrad hinein. Liege auf dem Bett.

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