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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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und eingreifen, wenn er auffällig würde. Hier kann er sich alles Mögliche erlauben.«
    »Er kann doch nicht einfach …« Mutter bricht ab. Mama Brian ist aufgestanden, sie nimmt Wäsche von der Leine.
    »Nein …«, setzt Vater an. »Verdammt, er sollte etwas hinter die Ohren bekommen.« Okay. Nur hat Vater auch schon oft in Fernost gearbeitet. Ohne soziale Kontrolle. Viele Monate hintereinander hat er meine Mutter nicht gesehen. Und Mutter hat im Krankenhaus in Køge gearbeitet. Hat sie die Krankenschwester für die Ärzte gespielt? Jonas ist sicherlich nicht der Einzige.
    »Katriina hätte gern, wenn wir vorbeischauen und mit ihnen reden«, sagt Mutter.
    »Ja, sicher, aber was zum Teufel sollen wir mit ihnen bereden? Er streitet doch ab, dass überhaupt irgendetwas passiert ist.«
    »Ich weiß es nicht«, sagt Mutter.
    » Nyoka, nyoka, nyoka!«, schreit mama Brian plötzlich. Schlange. Ich sehe hin. Annemette ist drüben an der Bougainvilleahecke. Die Frau schreit und hüpft mit wilden Augen zwei Meter von ihr entfernt auf und ab – die Wäsche, die sie gerade von der Leine genommen hat, liegt um sie herum auf dem Rasen verstreut. Ich bin aufgesprungen und sehe Benjamin, der von der Dienstbotenwohnung mit einem panga in der Hand angerannt kommt. Mutter rennt auf die Veranda.
    »Was ist da los?«, ruft Vater. Annemette bricht in Geschrei aus, als Benjamin auf sie zustürzt, ich bin direkt hinter ihm, auch mama Brian schreit. Benjamin läuft bis zur Hecke, und ich hebe Annemette hoch – halte und drehe sie vor mir, während sie hysterisch brüllt. Ich versuche zu sehen, ob sich irgendetwas erkennen lässt, gleichzeitig sehe ich, wie sich etwas Grünes in der Hecke schlängelt und Benjamin mit dem panga auf den Boden einschlägt.
    » Kufa!« , schreit er, stirb. Mutter reißt mir Annemette aus den Händen, setzt sich in die Hocke und dreht das brüllende Kind um die eigene Achse, sieht sich ihre Glieder an.
    » Aaaiiiiii !«, schreit Benjamin und springt ein paar Schritte zurück auf den Rasen, lässt das panga los und hält sich sein Bein. Er starrt auf das Bein, während sich Schweißperlen auf seiner Stirn bilden.
    »Wurde sie gebissen?«, fragt Vater.
    »Ich kann nichts sehen«, antwortet Mutter.
    »Mich hat sie gebissen«, sagt Benjamin und weist auf die beiden kleinen Blutperlen, die aus seinem Wadenmuskel treten.
    »Das war eine gefährliche Schlange«, erklärt mama Brian, die erschöpft und mit hängenden Armen dasteht.
    »Ich glaube nicht, dass sie das Kind gebissen hat«, meint Benjamin.
    »Nimm sie«, sagt Mutter und reicht Annemette an Vater weiter, dann läuft sie zu Benjamin, legt den Mund an sein Schienbein und saugt, spuckt und saugt wieder.
    »Bist du sicher, dass sie nicht gebissen wurde?«, fragt Vater mit sich überschlagender Stimme.
    »Wenn sie giftig war, wäre Annemette längst ohnmächtig«, erklärt Mutter, »so klein, wie sie ist.« Es könnte eine Grasschlange gewesen sein, aber das wird man wohl nie erfahren. Mutter sieht mich an. »Hol ein Messer, Christian.« Ich renne ins Haus, in die Küche, greife zu einem Küchenmesser und laufe wieder hinaus. Mutter sitzt im Unterhemd da und bindet mit ihrer Bluse Benjamins Schenkel ab, um die Blutzirkulation zu stoppen. Ich reiche ihr das Messer. Sie setzt es an Benjamins Bein und schneidet ein Kreuz, damit das Blut herauslaufen kann. Mutter lässt das Messer fallen und drückt die Haut um die Wunde zusammen, damit das Kreuz sich öffnet wie eine blutige Blüte. Sie legt den Mund darauf, saugt und spuckt. Mehrmals, ihr Mund färbt sich rot.
    »Wir müssen in die Krankenstation«, sagt sie. »Niels, du trägst ihn. Er darf auf dem Bein nicht laufen.« Mama Brian will Vater Annemette abnehmen. Mutter zeigt auf sie.
    » Toka!«, sagt sie – verschwinde von hier. So viel Swahili hat sie bereits gelernt. Ich nehme Annemette, die noch immer wimmert. Mama Brian fängt an zu weinen und zu reden. Vater trägt Benjamin zum Auto, Mutter läuft nebenher. »Was für eine Schlange war es?«, will sie von ihm wissen. Benjamins Wadenmuskel scheint geschwollen zu sein.
    »Ich konnte sie nicht sehen«, sagt er. »Sie war grün.« Grasschlange oder Grüne Mamba. Mama Brian steht noch immer im Garten und sieht verzweifelt aus. Ich gehe ins Haus. Es ist wichtig, die Schlange zu töten, von der man gebissen wurde, damit man sicher ist, um welche Art es sich handelt. Dann kann man das richtige Serum bekommen. Wenn man es nicht weiß, bekommt man ein Multiserum,

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