Liberty: Roman
Frikadellen«, sagt sie, denn früher hat Josephina für Dänen gearbeitet, die ähnlich skandinavisch kochen. Asko kommt.
»Es funktionierte ausgezeichnet, Marcus«, sagt er und lächelt, schlägt mir auf den Rücken und steckt mir eine Packung Marlboro zu. Was funktionierte ausgezeichnet? Asko ist mit dem Motorrad da, und jetzt sehe ich, was er meint. In die Einfahrt fährt der vornehme Mercedes, und hinter dem Lenkrad sitzt Tita mit einem breiten Lächeln. Jonas und Katriina kommen auf die Veranda, in ihren Gesichtern Fragezeichen.
»Herzlichen Glückwunsch«, sage ich.
»Tita hat die theoretische und die praktische Prüfung bestanden«, erzählt Asko. »Der Polizist zeigte auf die Verkehrsschilder, ich habe mit Tita ein bisschen Finnisch geredet und dem Mann dann auf Englisch erläutert, was das Schild zu bedeuten hat – so, als würde ich übersetzen.«
»Und was ist mit deinem Mercedes?«, fragt Jonas. »Ich dachte, der sollte für Finnland geschont werden.«
»Na ja, es tut ihm ganz gut, wenn er hin und wieder bewegt wird.« Asko zuckt die Achseln.
»Ich kann doch in Afrika nicht jahrelang nur im Haus herumsitzen, ich muss mich doch bewegen können«, erklärt Tita und schlenkert mit den Schlüsseln.
Sie setzen sich an den Tisch und essen zu Mittag: stinkenden skandinavischen Fisch auf einer harten Sorte Brot, das sie mit einem klaren europäischen gongo hinunterspülen, der Schnaps heißt. Ich bin in der Küche und räume auf. Am Tisch spricht Asko über den Erfolg von Titas theoretischer Prüfung. Er wird von Jonas unterbrochen.
»Die Prüfung war doch überhaupt nicht notwendig. Du hättest mich bloß fragen brauchen, dann hätte ich ihr einen Führerschein gekauft.«
»Wie denn?«
»Du gibst Geld in einem Umschlag an den Mann hinter dem Schreibtisch«, sagt Jonas. »Du musst natürlich in seinem Büro sein, damit niemand sieht, dass er etwas bekommt, aber … es ist simpel.«
Jonas hat diese Methoden von D’Souza gelernt, als die Sauna damals abbrannte und die Versicherung betrogen werden sollte. Aber diese Methode heißt Korruption, egal, welche Person sie anwendet – versteht Jonas denn die Konsequenzen nicht? Wenn du selbst zum Neger wirst, kannst du den Negern nicht beibringen, weiß zu werden.
DER GESEGNETE GESTANK
Das Baby Rebekka soll in der protestantischen Kirche getauft werden, und das führt zu Besuch aus Schweden. Die ältere Schwester von Jonas’ Vater, Tante Elna. Für mich ist es ein großer Schock – denn als sie eintrifft, funktioniert der Haushalt perfekt. Solja trägt saubere Kleider, die Eltern sind abends zu Hause, kein Krach, kein Streit. Sie werkeln sogar in der Küche und servieren der Tante warmes Essen.
»Tante Elna hat viel Geld«, flüstert Solja mir zu und zieht mich zum Kühlschrank, wo ich eine besondere schwedische Spezialität aus der Tube probieren soll: Kalles Kaviar, den die Tante mitgebracht hat. »Der ist besonders gut«, sagt Solja und quetscht einen Streifen auf meinen und ihren Finger. Solja steckt ihren Finger in den Mund, lutscht und lächelt. »Mmmm.«
Ich schnüffele an dieser merkwürdigen Substanz an meinem Finger – es riecht säuerlich. Aber ich will Solja nicht enttäuschen, also stecke ich den ganzen Finger in den Mund – als würde ich ein Mädchen lecken, das eine ganze Woche gepinkelt hat, ohne sich zu waschen. Diese Schweden: Barbaren.
Die schwedische mama , Tante Elna, möchte, dass ich mit in die Kirche gehe.
»Aber ich bin Katholik.«
»Das macht nichts, das ist alles ein und derselbe Gott«, sagt sie. Und nun sitze ich mit Tante Elna und Josephina in der protestantischen Kirche.
Tante Elna will Josephina Geld geben, weil Josephina eine gottesfürchtige alleinerziehende Mutter ist, die kämpft, um Geld in das Dorf zu schicken, in dem ihre beiden großen Töchter bei der Schwester wohnen und möglichst auch weiterhin in die Schule gehen sollen.
Josephina lädt Tante Elna in das Dorf und die Hütte ein, damit Tante Elna ihre Töchter und das Dorf kennenlernen kann. Josephina arbeitet nicht mit dem Plan des Negers, die Brieftasche des mzungu zu öffnen. Bei Josephinas Einladung handelt es sich um alte Gastfreundschaft, die von Herzen kommt. Ich fahre sie im Land Cruiser, Solja kommt mit. Tante Elna hat vor nichts Angst. Sie geht sofort in die alte Chaggahütte mit Rindern auf der einen und Menschen auf der anderen Seite. Der Gestank der Rinder ist ein Segen, der jede Minute des Tages Freude schafft, denn Rinder bedeuten
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